Hamburg/Kiel. Kabinettssitzung beider Landesregierungen im Rathaus. Es geht um Tickets im ÖPNV, die Zukunft der Kliniken – und die Luftrettung.

Hamburg ist der eindeutig bessere Gastgeber. Jedenfalls, wenn es um die Atmosphäre am Ort des Regierungsgipfels geht. Vergangenes Jahr war es eine schmucklose Turnhalle im Brunsbütteler Industriegebiet, dieses Jahr tagen der rot-grüne Senat und das schwarz-grüne Kabinett von Schleswig-Holstein gemeinsam im monumentalen Kaisersaal des Hamburger Rathauses. Eleganz statt Tristesse. Nach der Einigung im Streit um die Verklappung des Hafenschlicks im vergangenen Jahr wollen die Regierungen an diesem Dienstag Schritte zu einem gemeinsamen Tarif für Bus- und Bahnfahrten, einer besseren Abstimmung bei der Krankenhausplanung vor allem am Hamburger Stadtrand und zu einem Staatsvertrag über eine grenzüberschreitende Luftrettung beschließen. Das geht aus der Vorlage für die gemeinsame Kabinettssitzung hervor, die dem Abendblatt vorliegt.

Die Idee von einem gemeinsamen „Nordstaat“ Hamburgs, Schleswig-Holsteins und Mecklenburg-Vorpommerns, vor rund 15 Jahren noch das große Zukunftsthema, ist begraben. Schon auf der Diskussion liege „kein Segen“ angesichts der jeweiligen Identitäten, Verwurzelungen und Heimatverbundenheit. So hatte der Kieler Ministerpräsident Daniel Günther im Hamburger Übersee-Club einem „Nordstaat“ eine Absage erteilt. Aber der Austausch und die Zusammenarbeit Hamburgs und Schleswig-Holsteins dürfte selten enger gewesen sein.

Nahverkehr im Norden: Hamburg und Kiel wollen Tarife für Bus und Bahn vereinfachen

Beide Länder können nicht ohne einander. So pendeln täglich rund 170.000 Menschen aus dem nördlichen Nachbarland zur Arbeit nach Hamburg. Etwa jeder siebte Arbeitnehmer in der Stadt kommt damit aus dem Nachbarland. Und so ist in der Vorlage der Kabinettssitzung von einem „stark verflochtenen Wirtschafts- und Lebensraum“ die Rede. Was die Beziehungen beider Länder zudem einfacher macht: Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher und der Kieler Regierungschef Daniel Günther mögen und schätzen sich. Vor diesem Hintergrund kommen am Dienstag die beiden Landesregierungen im Hamburger Rathaus zusammen.

Mit dem beliebten Deutschlandticket fahren, wo und wohin man will. Das hat vieles einfacher gemacht. Für Fahrgäste, die kein 49-Euro-Ticket haben, gelten aber weiterhin die unübersichtlichen Einzelpreise und die Grenzen des HVV-Gebiets. Das wollen Hamburg und Schleswig-Holstein ändern. Ziel ist ein „übersichtliches, gerechtes und einfaches Fahrkartensortiment“. Diese Reform 2025 entscheidend weiterzubringen, das soll jetzt in Hamburg auf den Weg gebracht werden. Man möchte den „kleinteiligen und detaillierten Bartarif“ – so nennt der HVV diese Einzelfahrscheine – vereinfachen.

Auf der Tagesordnung: Bahn-Tarife

Das strebt Anna-Theresa Korbutt seit Längerem an. Im Abendblatt-Interview hatte die Hamburger HVV-Chefin angekündigt, die unübersichtlichen Tarife „verändern und in die Zukunft bringen“ zu wollen. Es gebe sieben Entfernungsstufen und viele Untergruppen. „Wir haben noch Zahlgrenzen aus dem Jahr 1960. Davon müssen wir runter“, so Korbutt. „Ich will Menschen für das System gewinnen. Sie sollen am besten direkt ins Verkehrsmittel einsteigen. Den Weg dahin muss ich vereinfachen. Ideal wäre es aus meiner Sicht, wenn wir nur noch einen Preis hätten“, so die HVV-Chefin im Abendblatt.

Auf der gemeinsamen Kabinettssitzung geht es im Bereich Verkehr zudem um den Bau der S4 (nach Bad Oldesloe), der S5 (nach Kaltenkirchen), die Bahnstrecke nach Geesthacht und die nach Elmshorn.

Auf der Tagesordnung: die Luftrettung

Noch ist es ein bürokratischer Akt, wenn der in Boberg stationierte Hamburger Hubschrauber „Christoph Hansa“ einen Patienten im benachbarten Geesthacht retten soll. Auch bei wenigen Kilometern Entfernung braucht es für grenzüberschreitende Einsätze eines offiziellen Amtshilfeersuchens. Das aber ist „nur im jeweiligen Einzelfall und nicht als grundsätzliche Ausgestaltung möglich“, heißt es in der Vorlage zur gemeinsamen Kabinettssitzung über den Ist-Zustand.  

Das wollen Hamburg und Schleswig-Holstein mit einem Staatsvertrag ändern. Künftig soll es einfach und unbürokratisch werden, einen Rettungshubschrauber aus dem Nachbarland zu ordern, wenn der eine in Hamburg oder die vier in Schleswig-Holstein ausgelastet sind. Der Bedarf dazu ist da. Das haben Gutachter schon vor drei Jahren ermittelt.

Auf der Tagesordnung: die Krankenhausplanung

Patienten aus Norderstedt, Wedel oder Ahrensburg ziehen bei komplizierten Darm- oder Knie-Operationen eine Hamburger Klinik gern dem Krankenhaus im eigenen Bundesland vor. Hamburger regenerieren sich nach einer schwierigen OP gern in einer Klinik in Damp oder St. Peter-Ording. Die Patientenströme sind eng verflochten, aber eine gemeinsame und verlässliche Krankenhausplanung der Nordländer gibt es trotzdem nicht. Das wird erst einmal auch so bleiben. Aber zumindest will man am Dienstag in Hamburg den Austausch der Daten von Patienten, Operationen und Kliniken voranbringen, um eine „bedarfsgerechte, zukunftsfähige und möglichst abgestimmte Krankenhausstruktur“ zu fördern.

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Denn auch länderübergreifend gilt das Prinzip der Klinikreform: Nicht mehr jedes Haus soll alles können und dürfen. Wer zu wenig Erfahrungen zum Beispiel bei Knie-Operationen hat, soll diese künftig sein lassen. Wer besondere Kompetenz bei der Operation von Magen- und Darmerkrankungen entwickelt hat, soll künftig mehr entsprechende Patienten übernehmen („Leistungsgruppen“). Voraussetzung für eine „verzahnte, zukunftsfähige Krankenhausplanung und länderübergreifende Notfallversorgung“ sei aber der Austausch von in den Ländern verfügbaren Daten und Analysen.

Am Dienstag geht es im Hamburger Rathaus auch um die Wasserstoffstrategie der Nordländer, um Wehrtechnik, um die Zusammenarbeit in der Metropolregion und um die Kooperation der Schulaufsichten.