Glinde. Hunderte Kinder und auch Erwachsene sind von Trainingsausfällen betroffen. Bürgermeister gibt Fehler zu. Das sind die Gründe.

Am Donnerstagmorgen gegen 9 Uhr wird in der großen Sporthalle auf dem Gelände der Grundschule Tannenweg in Glinde munter geprobt. Die Jungen und Mädchen der Bildungseinrichtung haben Projektwoche, üben für eine Aufführung. Vier Stunden später wird die Halle verriegelt bis zum nächsten Tag genauso wie die kleinere. Das angrenzende Lehrschwimmbecken ist komplett gesperrt. Ein Zustand, der jetzt schon zwei Wochen anhält, auch weil die beiden Hausmeister nicht arbeitsfähig sind. Die Verwaltung gibt in einer am Dienstag verschickten E-Mail als Grund neue Krankheitsfälle an. Leidtragende sind der TSV Glinde sowie die Volkshochschule, die hier an Nachmittagen und Abenden Freizeitangebote unterbreiten. Hunderte Kinder und Erwachsene sind von Ausfällen betroffen. Das sorgt nicht nur bei TSV-Geschäftsführer Joachim Lehmann und Abteilungsleitern für Empörung.

Maik Reiser, Leiter Volkshochschule, die inzwischen als selbstständige Sparte mit dem Namen Glinder Kultur- und Bildungswerk in die Sönke-Nissen-Park-Stiftung integriert ist, lässt seinem Frust freien Lauf: „Das ist ein verwaltungsseitiges Problem. Die Personalplanung ist unprofessionell, das Schichtsystem funktioniert mit so wenigen Leuten nicht.“ Einschränkungen gab es schon vorher. Wie berichtet, hatte die Stadt Nutzungszeiten des Hallenbads vor mehr als einem Monat gekürzt. An Wochenenden wurde nicht mehr geöffnet, zu späten Stunden von montags bis freitags nur noch teilweise. Kurse mussten abgesagt werden.

Politischer Beschluss setzt Verwaltung unter Druck

Aufgabe der Hausmeister ist es, dreimal am Tag Wasserproben zu entnehmen. Sie haben dafür eine Lizenz, machten Überstunden, um den Betrieb zu gewährleisten. Mit der Stadt hatten die beiden Männer sogenannte Nebenabreden für Bereitschafts- und Wochenenddienste. Das brachte ihnen zusätzlich mehrere Hundert Euro im Monat. Allerdings waren diese Zuschläge nicht tarifkonform, deshalb kündigte Glinde die Extra-Vereinbarung. Mit der Folge, dass die bisherigen Zeiten nicht mehr abzudecken sind.

Das sorgte für Unmut in der Politik. Die Stadtvertretung fasste jüngst den Beschluss, den alten Zustand bei den Öffnungszeiten umgehend wiederherzustellen. Nun hat sich die Situation aber noch verschlimmert. „Es ist für mich unbegreiflich. Ich habe den Bürgermeister angerufen und deutlich gemacht, dass der politische Wille sofort umzusetzen ist“, sagt Matthias Sacher (CDU), Vorsitzender des Kulturausschusses. Verwaltungschef Rainhard Zug hat nichts unversucht gelassen. Er benötigt einen Dienstleister, der berechtigt ist, PH-und Chlorwert zu messen. „Umliegende Bäder haben keine Kapazitäten, Personal zur Verfügung zu stellen. Wir haben Firmen angesprochen, keine hat den Auftrag angenommen“, sagt Zug. Das liege nicht am Geld, das die Stadt biete, sondern an fehlenden Fachkräften in Unternehmen. „Mit zwei Krankheitsfällen hätten wir vor zwei Jahren dieselben Probleme gehabt.“

200 Kinder der Turnabteilung zwei Wochen ohne Training

In der kommenden Woche wird eine Rathauskraft an einer Schulung teilnehmen, um die Lizenz zu erwerben für die Wasserproben. Gelingt das, könnte das Becken zumindest zu gewissen Zeiten ohne Hausmeister genutzt werden. Derzeit fallen beim TSV zehn Kinderschwimmkurse mit 120 Teilnehmern aus. Bei der VHS sind es vier. Die Gebühren werden zurückgezahlt, Honorarkräfte müssen auf geplante Einnahmen verzichten. Reiser hat es geschafft, den Kursus mit den Kleinsten im Bergedorfer Schwimmbad unterzubringen. An Sonnabenden werden zehn Kinder für Seepferdchen und fünf für das Bronzeabzeichen unterrichtet. Angemeldet waren 37. Die Rechnung für den Eintritt, rund 1000 Euro, reicht er ans Rathaus weiter. Die Sperrung des Lehrschwimmbeckens gilt bis einschließlich 13. Juni. Ob die Hausmeister danach wieder ihre Arbeit aufnehmen, ist noch unklar.

Anders gestaltet es sich bei den Sporthallen. Hier sind die beiden Männer für Auf- und Abschließen von Montagmorgen an zuständig, lediglich am Freitagabend riegelt die Tischtennis-Abteilung ab. Verwaltungsintern war besprochen, dass wegen der Krankheitsfälle die Hallentüren geöffnet bleiben, um dem TSV den Zugang zu ermöglichen. Das wurde dem Verein aber nicht kommuniziert und zugleich nicht umgesetzt. Außerdem wurde ein Schlüsselkasten an der Hausmeisterwohnung auf dem Schulgelände, auf den der TSV Zugriff hat, abmontiert.

Neue Vereinbarung zwischen Stadt und TSV

„Wir bewegen 200 Kinder. Für alle ist das Training ausgefallen. So was darf nicht passieren“, klagt Turnabteilungsleiterin Maj Sumfleth am Donnerstagmorgen. Neben ihr steht Christin Schnauer, deren zweieinhalbjähriger Sohn das Treffen mit den anderen Kleinen vermisst. Sie sagt: „Bei mir herrscht totales Unverständnis. Wenn mein Kind auf unbestimmte Zeit nicht zum Turnen gehen kann, werde ich den gezahlten Beitrag zurückverlangen und es in einem anderen Verein anmelden.“ Betroffen von der Sperrung der Hallen sind neben Turn- und Tischtennis- auch Budo- sowie Gymnastikabteilung.

TSV-Geschäftsführer Lehmann ist ebenfalls am Tannenweg und auf Zinne: „Mir platzt mehr als die Hutschnur. Ich möchte eine schnelle Lösung.“ CDU-Politiker Torsten Linde sagt: „Ich habe Rückmeldungen von Eltern, die ihre Beitragszahlung an den Verein stoppen wollen.“ Während Betroffene ihren Ärger kundtun, betreibt Rainhard Zug im Rathaus Ursachenforschung. Öffentlich will er keine Person an den Pranger stellen, sagt lediglich: „Es gab ein Kommunikationsdefizit bei Kollegen.“ Am frühen Nachmittag gibt der Bürgermeister dann Entwarnung und meldet sich bei Lehmann. „Der TSV bekommt die Schlüsselgewalt für sieben Tage in der Woche übertragen“, sagt Zug. Damit kann der Verein die Sporthallen wieder wie üblich nutzen.

Ab 1. Juli hat die Stadt einen Hausmeisterservice, also einen externen Dienstleister, für Asyl- und Obdachlosenunterkünfte engagiert. Laut Zug versuche man, Kräfte des Unternehmens auch am Tannenweg einzusetzen.