Glinde. Maik Reiser ist neuer Leiter der Glinder Volkshochschule. Der 50-Jährige hat sich viel vorgenommen, spricht über seine Pläne.
Jetzt reicht es auch mit dem Wechseln. Maik Reiser formuliert es so: „Ich hoffe, dass ich meinen Hafen für die nächsten 17 Jahre gefunden habe.“ Er ist der neue Leiter der Glinder Volkshochschule und seit dieser Woche im Amt. Die Voraussetzungen für seinen Plan scheinen zu stimmen, mit den Mitarbeitern schwimme er auf einer Wellenlänge. Und durch den Übergang der Bildungseinrichtung in eine Stiftung Anfang kommenden Jahres habe er mehr Möglichkeiten, sei finanziell weniger eingeschränkt.
Der 50-Jährige hatte bislang rund ein Dutzend Jobs, verabschiedete sich von Arbeitgebern, weil zum Beispiel Verträge nicht entfristet wurden oder die Familienplanung ein Umdenken erforderte. In Glinde kann er bis zur Rente bleiben. Es ist ein krisensicherer Arbeitsplatz. Das Büro im Gutshaus teilt sich die Führungskraft mit zwei Mitarbeitern.
Bisherige Leiterin geht in den Ruhestand
Reiser hat schon konkrete Ziele, was er ändern will: „Ich möchte irgendwann Bildungsurlaub anbieten und vor allem Jugendliche mehr für uns begeistern.“ Ihm schwebt zum Beispiel Schülernachhilfe vor.
Eine Neubesetzung der Stelle war nötig, weil die bisherige Leitung Marlies Lehmann in den Ruhestand geht. Das hätte im dritten Quartal der Fall sein sollen, nun bleibt sie bis Jahresende, um ihren Nachfolger einzuarbeiten. Das Programmheft des Frühjahrssemesters entsteht noch unter Lehmanns Federführung, Reiser ist eng eingebunden. Künftig sollen Menschen den Ersten allgemeinbildenden Schulabschluss (einst Hauptschulabschluss) in Modulen machen können. Dafür benötigt die VHS ein spezielles Zertifikat. Reiser ist optimistisch, es in zwei Monaten zu bekommen.
Den Beamtenstatus hat der Diplom-Ökonom aufgegeben
Der Bildungsexperte ist in Witten zwischen Bochum und Dortmund aufgewachsen. Er absolviert die Realschule, macht später Fachabitur. Ausbildung zum Industriekaufmann, dann Studium der Betriebswirtschaft in Wuppertal mit dem Abschluss Diplom-Ökonom und schließlich das Staatsexamen als Berufsschullehrer für Wirtschaft und Verwaltung – an Wissbegierigkeit hat es nie gefehlt. Reiser arbeitet als Berufsschullehrer, ist eigentlich unkündbar.
„Aber das Beamtentum war nicht meine Welt. Ich habe zum Beispiel keine Möglichkeit gehabt, mich versetzen zu lassen.“ Er geht in die Privatwirtschaft als Dozent, übernimmt im Anschluss bei einem Träger im Rheinland die Projekt- und Personalleitung in der Jugend- und Familienhilfe, macht sich selbstständig als SAP-Berater, leitet eine Privatschule in Pforzheim und landet schließlich in Heide bei der Volkshochschule als stellvertretender Chef. „Da habe ich Blut geleckt. Es hat Spaß gemacht. Und wir hatten gute Zahlen, etwa eine Kostendeckung von 86 Prozent.“ Das sei für eine VHS viel. Volkshochschulen sind in der Regel defizitär, die Kommunen gleichen das Minus aus.
Neuer Leiter bezeichnet sich als Teamplayer
In Heide wäre er mit Blick auf Arbeitsinhalte wohl glücklich geworden. Sein Problem: Die Stelle sollte nicht entfristet werden. Als Familienvater, der Sohn ist inzwischen elf und die Tochter sechs Jahre alt, wollte Reiser mehr Planungssicherheit. Also zog er weiter, war zuletzt stellvertretender Leiter einer Fortbildungseinrichtung in Lübeck. Mit seiner Frau (42) und den Kindern lebt Reiser in Brokstedt nahe Neumünster. Die Bio-Informatikerin arbeitet in der Abfallwirtschaft. Sie könnten sich durchaus vorstellen, mittelfristig in die Nähe seines neuen Arbeitsplatzes zu ziehen, erzählt Glindes VHS-Chef.
Er bezeichnet sich als Teamplayer: „Ich spreche mit allen auf Augenhöhe, das impliziert auch die Reinigungskräfte.“ Mit Glinde hat er bisher kaum Berührungspunkte gehabt, lediglich Marlies Lehmann gekannt. Die war auch Mitglied eines Gremiums, das ihn unter mehreren Bewerbern ausgewählt hat. Sieben Personen, darunter Bürgermeister Rainhard Zug, Politiker und Dozenten, sprachen sich einstimmig für Reiser aus. Dieses Vertrauen will er nun zurückzahlen und die Bildungseinrichtung fit für die Zukunft machen.
VHS wird Teil der Sönke-Nissen-Park-Stiftung
Angestellt ist Reiser bereits bei der Sönke-Nissen-Park-Stiftung, die ebenfalls im Gutshaus beheimatet ist. In jene wird die Volkshochschule formal ab Januar integriert. Sie ist dann eine selbstständige Sparte mit dem Namen „Glinder Kultur- und Bildungswerk (GKB)“. Das war ursprünglich gar nicht geplant.
Dennoch waren Veränderungen unabdingbar – eine Forderung des Gemeindeprüfungsamts des Kreises. 2017 bemängelte die Behörde, dass Jahresabschlüsse der Stadt nicht vollständig sind. „Die VHS führt ihre Bücher und bewirtschaftet ihr Bankkonto außerhalb des städtischen Rechnungswesens“, hieß es in einem Bericht. Die Stadt müsse die Buchführung der Volkshochschule unverzüglich und vollständig in das städtische Rechnungswesen und die Haushaltsplanung einbinden. Eine Option dazu war, eine alternative Betriebsform auszuwählen.
Kunden können unter 200 Kursen auswählen
Die Politik beschloss 2019 die Umwandlung in eine gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie sollte 2020 an den Start gehen. Die Corona-Pandemie durchkreuzte die Pläne. Bürgermeister Zug prognostizierte der Einrichtung wirtschaftliche Schwierigkeiten, machte einen neuen Vorschlag. Davon waren die Parteienvertreter nicht sofort überzeugt. Es bildete sich ein Arbeitskreis, der den von der Verwaltung vorgelegten Entwurf des Trägerschaftsvertrags modifizierte.
Das GKB ist in einem Drei-Säulen-Modell der Stiftung mit den Bereichen Gemeinwesenarbeit, Verbraucherschutz und Schuldnerberatung sowie Kultur und Bildung verankert. Die VHS bietet pro Semester rund 200 Kurse an. 40 Dozenten arbeiten für sie. Jedes Jahr greifen bis zu 4000 Menschen auf die Angebote zurück. Maik Reiser wird nicht nur das Programm verantworten, sondern auch als Dozent arbeiten. Menschen Wissen zu vermitteln und sie schlauer zu machen, das ist seine Berufung.