Glinde. Sportverein mit Nachfolger für Geschäftsführer Joachim Lehmann einig. Viele Probleme sind indes noch ungelöst.

Den Montagvormittag verbrachte Joachim Lehmann in einer Hamburger Schwimmhalle, unterrichte dort Kinder aus drei Kitas als Vertretung für seine Frau. Danach ging es in sein Büro nach Glinde. Der 66-Jährige arbeitet als Geschäftsführer beim TSV Glinde, obwohl er seit März offiziell Rentner ist. Die Suche nach einem Nachfolger gestaltete sich schwierig. Jetzt ist der 2600 Mitglieder zählende Sportverein fündig geworden. „Wir haben uns mit einem Bewerber geeinigt. Der Vertrag ist allerdings noch nicht unterschrieben. Am 1. September soll die Person ihren Dienst antreten“, so Lehmann.

Den Namen darf er nicht nennen, weil die neue Führungskraft sich derzeit in einem Angestelltenverhältnis befindet und dem jetzigen Arbeitgeber die Kündigung bislang nicht zugestellt hat. Erst will der Auserwählte den Kontrakt beim TSV signieren. Dabei handelt es sich um einen Mann, der im Vereinswesen sein Geld verdient und nicht aus Stormarn kommt. So viel darf Lehmann verraten. Außerdem habe sich der Fachmann gegen drei Konkurrenten durchgesetzt, die ebenfalls zu einem Vorstellungsgespräch geladen waren. Es war die zweite Ausschreibung für diese Position. Beim ersten Mal hatte es an Interessenten nicht gemangelt. Man kam mit einem geeigneten Bewerber überein, besiegelte die Sache vorerst per Handschlag. Als es dann um die Unterschrift ging, forderte der Sportexperte plötzlich ein höheres Gehalt als abgesprochen. Der TSV ließ den Deal daraufhin platzen.

Das Werben um Ehrenamtler bleibt ohne Wirkung

Lehmann geht wegen der verzögerten Stellenbesetzung in die Verlängerung, wird bis September in Vollzeit aktiv sein. Seinen Nachfolger wird er bis Ende dieses Jahres einarbeiten, die letzten drei Monate in 2023 womöglich einen Mini-Job verrichten. Diese Personalie ist nur Teil eines großen Umbruchs auf Führungsebene. Wie berichtet, müssen diverse Ehrenämter neu besetzt werden.

Lehmann hat eine Doppelfunktion. Auch als Vorsitzender hört er auf. Gleiches gilt für seine Stellvertreterin Petra Kolanczyk-Mellenthin und den kommissarischen Schatzmeister Peter Thomsen. Sie stellen sich auf der Mitgliederversammlung Ende Juni nicht mehr zur Wahl. Thomsen, seit 2007 im Vorstand, wollte längst aufgehört haben. Er ist nur noch dabei, weil keiner sein Amt übernehmen wollte.

Vereinsintern gibt es keine Kandidaten, Hilferuf nach außen verpufft

Der TSV ist bereits in die Öffentlichkeit gegangen, wirbt zum Beispiel auf seiner Homepage um Menschen, die Verantwortung übernehmen. Der Text ist mit der Überschrift „Generationswechsel“ versehen. Vereinsintern gibt es keine Kandidaten für Ehrenämter im Vorstand. Auch der Hilferuf nach außen zeigt bislang keine Wirkung. An der Ansprache kann das nicht liegen. Man versucht alles, um das Mitwirken im Führungszirkel schmackhaft zu machen.

Der TSV sieht sich als Verein mit Perspektiven, auf seiner Internetseite heißt es unter anderem: „Der Club will sich zeitgemäßer, moderner aufstellen. Teamarbeit erhält innerhalb des Vorstands einen höheren Stellenwert. Anfallende Aufgaben werden auf mehrere Schultern verteilt, Erfahrungen aus dem Berufsleben in die Vorstandsarbeit mit einfließen. Die neue Führungsriege des TSV Glinde kann auf eine funktionierende Infrastruktur zurückgreifen. Für den reibungslosen Ablauf des Tagesgeschäfts sorgen erfahrene Mitarbeiterinnen der Geschäftsstelle.“ Neue Abteilungen wie Darts und Basketball sind in Planung, das Angebot von Volleyball, Badminton und E-Gaming soll ausgebaut werden. Mehr als die Hälfte der Mitglieder sind nicht älter als 27 Jahre. Die ungeklärte Personalsituation auf Ehrenamtsebene wird Thema auf einer erweiterten Vorstandssitzung an diesem Dienstag sein.

Investitionsbedarf in Gebäude und Plätze ist hoch

Lehmann, seit 2009 in Glinde und zuvor sieben Jahre Geschäftsführer beim TSV Schwarzenbek, hat noch einen großen Wunsch in seiner verbleibenden Zeit beim TSV. Er will Gewissheit, was mit dem Vereinsgelände passiert: „Ich möchte Planungssicherheit. Jede Entscheidung ist besser als keine.“ Seine bevorzugte Variante ist ein Umzug. Den würde ein Investor finanzieren und dem Verein eine neue Sportanlage schenken – rund 200 Meter nördlich vom jetzigen Standort. Bedingung ist ein Grundstückstausch mit der Stadt. Auf dem aktuellen Sportgelände beabsichtigt die Entwicklungsgesellschaft Gut Glinde den Bau von bis zu 600 Wohnungen.

Maßgeblich ist das Votum der Politik. Die drückt sich jedoch um eine Entscheidung. Ein Grund: Auf dem Gelände des Investors war früher eine Kiesgrube. Diese wurde mit unterschiedlichen Materialien gefüllt, es kam zum Entweichen von Methan. Ein Sachverständigenbüro hat inzwischen ein Bodengutachten erstellt, wonach kein relevantes Gasbildungspotenzial mehr vorliegt. Es schlägt zudem für den Bau einer Sportanlage ein Gassicherungskonzept vor mit einer 3,50 Meter tiefen Sperre. Das überzeugt Parteienvertreter trotzdem nicht.

Sollte der TSV-Umzug scheitern, steht der Verein vor großen Herausforderungen. Lehmann und seine Mitstreiter schätzen den Investitionsbedarf in Gebäude und Plätze bis 2030 auf knapp fünf Millionen Euro. Ein Gutachter ist beauftragt, die genaue Summe zu ermitteln. Der Verein hatte sich vor mehr als 20 Jahren mit einem Hotel samt Tanzsporhalle übernommen, stand kurz vor der Pleite. Das wirkt immer noch nach. Der aktuelle Schuldenstand: rund eine Million Euro.