Glinde. Investor stellte Projekt schon 2020 vor. Er will auch Umzug des TSV Glinde zahlen. Die Politik zögert. FDP machte nun Bürgerbefragung.

Es ist ein riesiges Projekt, über das die Politik noch nicht entschieden hat: Geht es nach dem TSV Glinde, zieht der rund 2600 Mitglieder zählende Sportverein 200 Meter weiter Richtung Norden. Auf den jetzigen Sport- und Tennisplätzen möchte ein Investor bis zu 600 Wohnungen bauen und dafür einen Grundstückstausch mit der Stadt vornehmen. Die neue Anlage würde er dem TSV komplett finanzieren. Es sind also zwei Vorhaben, die nicht voneinander getrennt werden können. Die FDP hat jetzt eine Bürgerbefragung gemacht, die natürlich nicht repräsentativ ist, wohl aber Schlüsse zulässt. Das Ergebnis: Die Mehrheit reagiert ablehnend.

Das Format heißt liberaler Dialog. An ausgewählten Sonnabenden ist die Partei mit einem Stand in der Marktpassage und will Meinungen aus der Bevölkerung zu wichtigen Themen wissen. Es ist eine Pinnwand aufgestellt. Die Menschen können Kärtchen mit ihren Ansichten und Ideen beschriften, die dann angeheftet werden. 61 machten diesmal davon Gebrauch, zwei kamen mit vorbereiteten Texten. 14 Personen sprachen sich für das Großprojekt aus, acht waren unentschlossen, 39 wollen keine Wohnungen auf dem Sportareal. „Die häufigsten Argumente auf der Skeptikerseite waren die jetzt schon überlastete Infrastruktur und die Restrisiken, die möglicherweise von den Flächen ausgehen“, sagt der FDP-Fraktionsvorsitzende Thomas Kopsch.

Gutachter schlägt ein Gassicherungskonzept vor

Der für den TSV vorgesehene Bereich war früher eine Kiesgrube und bis 2015 sogenannte Altlastenverdachtsfläche, die 30 Jahre nicht bebaut werden durfte. Einst strömte Methan aus. Das macht Parteienvertreter stutzig. Ein inzwischen vom renommierten Sachverständigenbüro Dr. Skowronek angefertigtes Bodengutachten konnte ihre Zweifel nicht ausräumen. Inhalt des Dokuments: Es liegt kein relevantes Gasbildungspotenzial mehr vor. Den Experten hatte die Erste Gut Glinde GmbH & Co KG beauftragt. Sie stellte der Politik das Projekt bereits im August 2020 vor, ließ das Areal danach unter die Lupe nehmen.

Bekannt ist den Entscheidungsträgern, dass der Sachverständige für den Bau der Sportanlage ein Gassicherungskonzept mit einer 3,50 Meter tiefen Sperre vorschlägt – etwa durch vertikale Spund- und Bentonitwände. Ebenso wissen sie von der Meinung des Kreises, der Genehmigungsbehörde ist. Er beurteilt das Vorhaben mit entsprechender Sicherung als machbar. Trotzdem herrscht Stillstand.

Sportverein hat hohen Investitionsbedarf in Gebäude und Plätze

Für eine Bebauung möchte der Investor rund 40.000 Quadratmeter TSV-Fläche haben. Hinzu kommt ein 1,4 Hektar angrenzendes Areal, das der Entwicklungsgesellschaft gehört. Sie würde wiederum 4,5 Hektar Land abgeben. Die neue Sportanlage soll zwei große und einen kleinen Kunstrasenplatz bieten, zehn Tenniscourts, zwei Kleinfelder und zwei Beachvolleyballplätze. Ein zweigeschossiger Bau ist als Ersatz für das alte Sportlerheim beim Tennisclub beabsichtigt.

„Die Stadt muss ihre Ziele im Wohnungsbau definieren und die notwendige Infrastruktur mit einplanen. Es stellt sich die Frage, wann die Grenzen des Wachstums erreicht sind“, sagt Kopsch. Er lobt aber zugleich die unverzichtbare Arbeit, die der TSV leiste. „Seine Probleme gehen uns alle an, und sie müssen so schnell wie möglich gelöst werden.“ Der Sportverein schätzt den Investitionsbedarf in seine Anlagen auf knapp fünf Millionen Euro bis 2030. Das Geld hat er aber nicht. „Und Gebäude dürfen wir ohnehin nicht erweitern, weil es keinen gültigen Bebauungsplan gibt“, sagt der hauptamtliche Vorstandsvorsitzende Joachim Lehmann. Mit einer geschenkten Sportstätte an anderer Stelle wäre der TSV die größten Sorgen los. Kopsch meint, man müsse auch über Alternativen zum Flächentausch sprechen und bringt dabei unter anderem die Aufstellung eines B-Plans für das aktuelle Vereinsgelände ins Spiel.