Glinde. Stadt führt als erste Kommune in Stormarn die Abgabe ein. Doch nicht alle Politiker stimmten in der Stadtvertretersitzung dafür.

Es ist beschlossen: Als erste Kommune im Kreis Stormarn führt die Stadt Glinde eine Zweitwohnungssteuer ein. Der entsprechende Beschlussvorschlag wurde am Donnerstag in der Stadtvertretersitzung mit 17 Jastimmen, elf Gegenstimmen und zwei Enthaltungen angenommen, nachdem der Finanzausschuss dies ebenfalls mehrheitlich empfohlen hatte.

Die Zweitwohnungssteuer soll zum 1. Januar 2025 in Kraft treten und Personen zur Kasse bitten, die in Glinde eine Wohnung bezogen und diese als zweiten Wohnsitz gemeldet haben. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie Mieter oder Eigentümer sind. Laut Verwaltung sind in Glinde aktuell 272 Personen mit Nebenwohnsitz gemeldet. Außerdem sind in Glinde 2090 Personen gemeldet, die außerhalb der Stadt über Eigentum verfügen. Auch einige von ihnen könnten belangt werden. Das müsste zu gegebener Zeit geprüft werden.

Beschluss sieht auch die Schaffung einer unbefristeten Vollzeitstelle vor

Unter anderem dafür sieht der Beschluss auch die Schaffung einer unbefristeten Vollzeitstelle im Bereich der Finanzverwaltung vor. Sie soll im Stellenplan 2024 berücksichtigt werden. Die Personalkosten dafür belaufen sich auf 60.400 Euro pro Jahr. Inklusive weiterer zu erwartenden Kosten unter anderem für die IT und den Arbeitsplatz rechnet die Verwaltung mit Gesamtkosten von jährlich 82.200 Euro.

Der Vorschlag zur Einführung der Zweitwohnungssteuer kommt aus der Verwaltung – mit dem Ziel, zusätzliche Einnahmen zu generieren. „Trotz der Personalkosten ist die Zweitwohnungssteuer eine verhältnismäßig ertragreiche Steuer“, so Kämmerer Falko Giese bei der Stadtvertretersitzung. Gehe man von 300 Fällen und durchschnittlich 584 Euro pro Zahler aus, nimmt die Stadt durch die Steuer pro Jahr rund 175.000 Euro ein. Grundlage der Schätzung sind Zahlen von 2017 bis 2021 aus 36 Kommunen in Schleswig-Holstein. Diese Rechnung sei defensiv geschätzt, so Giese. Tendenziell sei mit noch höheren Erträgen zu rechnen, sodass abzüglich der Personalkosten rund 100.000 Euro übrig bleiben würden.

SPD kritisiert, dass Erträge erst mit Zeitverzögerung zu warten sind

„Es klingt auf den ersten Blick verlockend zu gucken, wo man als Kommune Geld herbekommt“, sagte SPD-Fraktionsvorsitzender Frank Lauterbach. Dennoch stimme die SPD dem Antrag mit großer Mehrheit nicht zu. Warum gerade die Zweitwohnungssteuer als Mittel der Wahl genutzt werden solle, erschließe sich ihm nicht. „Ich könnte den Antrag jetzt auch erweitern und sagen, wir brauchen eine Kurtaxe“, so Lauterbach.

Ein Dorn im Auge sei dem SPD-Fraktionsvorsitzenden, dass der Ertrag erst mit einer Zeitverzögerung zu erwarten sei. „Wir müssen erst einmal große Investitionen tätigen, bis das Geld wieder reinkommt“, so Lauterbach. Auch die Notwendigkeit einer unbefristeten Vollzeitstelle könne er nicht nachvollziehen. Die sei aber unerlässlich, verteidigte Giese den Vorschlag – nicht nur für die Ermittlung der Steuerpflichtigen und die jährliche Bearbeitung der Zweitwohnungssteuer. Giese: „Die Erfahrung zeigt, dass der Klagewille derjenigen, die zahlen sollen, recht hoch ist. In solchen Fällen braucht man jemanden, der agiert.“

Grüne und CDU begrüßen Einführung der Zweitwohnungssteuer

Kritisch zu dem Vorhaben äußerte sich auch Thomas Kopsch, Fraktionsvorsitzender der FDP. „Wir sind nicht grundsätzlich gegen eine Zweitwohnungssteuer“, sagte er. Aber der Aufwand, alle Personen, die eventuell steuerpflichtig sind, investigativ zu ermitteln, sei hoch, das Vorhaben nicht verhältnismäßig, gab Kopsch zu bedenken. Dem widersprach Bürgermeister Rainhard Zug: „Mit Investigativrecherche oder Überwachung hat das nichts zu tun. Die Bürger sind ja gemeldet. Der Aufwand wäre der, sich eine Statistik aus der EDV zu holen.“

Angetan von dem Vorschlag zeigten sich CDU und Grüne. „Die Grünen haben keine Einwände“, sagte Fraktionsvorsitzender Lüder Lückel. „Es sprechen schon alleine die Gründe der Steuergerechtigkeit dafür“, so Rainer Neumann (CDU). „Wenn Menschen zum Beispiel eine Ferienwohnung in Travemünde haben, die aber aus steuerlichen Vorteilen als Erstwohnsitz und ihre Wohnung in Glinde als Zweitwohnsitz gemeldet haben, gehen der Stadt Einnahmen verloren.“ Diese Personen würden in Glinde sämtliche Infrastruktur nutzen – ohne, dass die Stadt davon profitiere. „Sollten Personen aufgrund der Überprüfung ihren Wohnungsstatus von Nebenwohnung auf Hauptwohnung ändern, können sich dadurch Mehrerträge bei dem Anteil an der Einkommenssteuer ergeben“, so eine Hoffnung der Verwaltung.

Zweitwohnungssteuer gibt es auf Sylt, in Mölln oder Lauenburg

Die Zweitwohnungssteuer gibt es etwa in Mölln, Lauenburg oder auf Sylt. Sie ist eine sogenannte Aufwandsteuer. Städte und Gemeinden können selbst entscheiden, ob sie erhoben werden soll oder nicht. Zweitwohnungen werden zum Beispiel von Berufspendlern oder aus familiären Gründen genutzt. Oft ist auch eine Ferienwohnung der Grund für die Meldung eines Zweitwohnsitzes.

Unter anderem die Gemeinde Scharbeutz an der Ostsee hatte die Zweitwohnungssteuer 2022 drastisch erhöht. Als Bemessungsgrundlage dient häufig die Jahreskaltmiete. Es gibt aber örtlich unterschiedliche Regelungen. Dass über rechtliche Aspekte der Zweitwohnungssteuer gestritten wird, ist keine Seltenheit. Im Fall von Fehmarn hatte etwa das Verwaltungsgericht Schleswig 2022 entschieden, dass die erhobene Steuer der Jahre 2019 und 2020 rechtswidrig ist.