Glinde. Der Vorschlag der Verwaltung stößt bei Politikern auf Gegenliebe. Wie hoch Kämmerer Falko Giese die zusätzlichen Einnahmen beziffert.
Schwarzenbek hat sie genauso wie Lauenburg. Mölln, Lübeck, Flensburg, Kiel und natürlich Sylt schöpfen die Möglichkeit der zusätzlichen Einnahmequelle ebenfalls aus, belangen bestimmte Mieter und Eigentümer von Immobilien. Stormarn ist diesbezüglich noch ein weißer Fleck auf der Landkarte. Das soll sich ändern. Als erste Kommune im Kreis plant Glinde die Einführung einer Zweitwohnungssteuer. Dafür trommelt die Verwaltung und findet bei Politikern Gehör.
„Wir wollen jetzt einen Grundsatzbeschluss, müssen dann eine Satzung aufstellen. Das Inkrafttreten soll im Januar 2025 sein“, sagt Kämmerer Falko Giese. Er hat für den Finanzausschuss am kommenden Montag eine Vorlage erstellt, über die Parteienvertreter diskutieren. Stimmen sie zu, bedarf es noch der Bestätigung durch die Stadtvertretung, was allerdings nur ein formaler Akt wäre. Bestandteil des Dokuments ist die Schaffung einer unbefristeten Vollzeitstelle im Bereich Finanzverwaltung mit Entgeltgruppe acht. Die Personalkosten dafür belaufen sich auf 60.400 Euro pro Jahr.
Immobilien Schleswig-Holstein: 2090 Wohnungseigentümer sollen in Glinde überprüft werden
„Bei wirtschaftlich positiver Prognose sollte die Zweitwohnungsteuer konsolidierend als zusätzliche Einnahmequelle genutzt werden“, heißt es in der Vorlage. Das sieht Giese, der die offizielle Bezeichnung Amtsleiter Finanzen hat, als gegeben an. In Glinde sind derzeit 272 Personen mit Nebenwohnsitz gemeldet. Und dann gibt es noch 2090 Immobilieneigner, die außerhalb von Glinde registriert sind. Bevor die Regel wirksam wird, will die Verwaltung prüfen, ob man auch Menschen aus diesem Personenkreis in den Geldbeutel greifen kann. „Aus Erfahrung werden bis zu 20 Prozent herangezogen“, sagt Giese. Die zusätzliche Verwaltungskraft wäre im kommenden Jahr auch damit beschäftigt, eine Statusermittlung vorzunehmen.
Giese hat in seinem Rechenbeispiel defensiv kalkuliert. Unter der Annahme von 300 Fällen und durchschnittlich 584 Euro je Zahler kassiert die Stadt rund 175.000 Euro per anno. Grundlage seiner Einschätzung sind Zahlen aus den Jahren 2017 bis 2021 von 36 Städten aus Schleswig-Holstein. Der Kämmerer geht tendenziell von höheren Erträgen aus. Abzüglich der Personalkosten sowie Beschaffung einer speziellen Finanzsoftware bleiben rund 100.000 Euro über – wohlgemerkt bei der vorsichtig angesetzten Variante.
Die Grünen werden der Zweitwohnungssteuer zustimmen
„Wir haben uns abgesprochen und werden der Steuer zustimmen“, sagt der Grünen-Fraktionsvorsitzende Lüder Lückel. Man werde allerdings die Vollzeitstelle hinterfragen. Das ist kein Nein zur Personalaufstockung. Vielmehr vermutet man, dass der Job mit reduziertem Stundenumfang zu erledigen ist. FDP-Fraktionschef Thomas Kopsch sagt, er empfinde Sympathie für das Anliegen der Verwaltung. Sein Pendant von der CDU, Martin Radtke, ist klarer in der Formulierung: „Ich bin der Meinung, dass wir es definitiv machen sollten.“ Die Sozialdemokraten halten sich bedeckt. Fraktionsvizin Marlies Kröpke: „Wir sind erstmal vorsichtig, wollen das Für und Wider abwägen.“
Bei der Zweitwohnungssteuer handelt es sich um eine sogenannte Aufwandssteuer. Kommunen können selbst entscheiden, ob und in welchem Umfang diese erhoben wird. Nebenwohnungen werden aus unterschiedlichen Gründen genutzt, etwa für touristische Zwecke oder von Berufspendlern. Grundsätzlich können auch Camper mit Wohnwagen herangezogen werden. Dazu müssen Ausstattungs-Mindestmerkmale festgelegt werden, die ein Mobilheim zur Wohnung aufwerten.
Als Bemessungsgrundlage dient häufig die Jahreskaltmiete. Auch hier gibt es unterschiedliche Regelungen. Das an der Ostsee gelegene Scharbeutz im Kreis Ostholstein greift dabei auf den Bodenrichtwert zurück, aus dem sich wiederum ein Lagewert ergibt, der unter anderem mit der Quadratmeterzahl der Wohnung multipliziert wird.
Immobilien Schleswig-Holstein: Kommunen erhalten Steuerausgleich
Über die Ausgestaltung einer Satzung ist in der Vorlage der Glinder Verwaltung nichts zu lesen. „Sie muss aber so aussehen, dass es keine Angriffspunkte gibt“, sagt Giese, der Widersprüche fürchtet. Davon gibt es etliche in Deutschland. Ein Beispiel ist Fehmarn. Ein in Niedersachsen lebender Eigentümer einer Wohnung in Burgtiefe hatte geklagt. Es kam zu einem Musterverfahren. Im März 2022 urteilte die vierte Kammer des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichtes so: Die erhobene Zweitwohnungssteuer für die Jahre 2019 und 2020 ist rechtswidrig. 2019 kippte das Bundesverfassungsgericht die Steuer in den bayerischen Gemeinden Oberstdorf und Sonthofen, weil sie auf den Wertverhältnissen von 1964 basierte. Das verstößt gegen das Grundgesetz, entschieden die Richter.
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Zahlreiche Städte und Gemeinden hierzulande verlangen diese Gebühr, um so den Steuerausgleich, den sie für jeden Bewohner mit Erstwohnsitz erhalten, wieder hereinzuholen. Denn je mehr gemeldete Einwohner eine Kommune hat, desto höher sind die Zuschüsse aus dem kommunalen Finanzausgleich. Glindes Verwaltung hofft zudem, dass sich durch die neue Steuer Menschen mit Nebenwohnung entschließen, ihren Hauptwohnsitz in der Stadt anzumelden. So würden nämlich die Erträge bei der Einkommenssteuer steigen.
Finanzausschuss Glinde, Montag, 12. Juni, 19 Uhr, Festsaal im Marcellin-Verbe-Haus (Markt 2)