Norderstedt. Die Stadt treibt jetzt rückwirkend zum 1. Januar 2019 die Beträge ein. Wie viel Steuern jetzt auf Mieter und Eigentümer zukommen.
Mindestens 300 Menschen in Norderstedt bekommen in naher Zukunft unangenehme Post von der Norderstedter Stadtverwaltung. Darin: Eine Rechnung mit der zu zahlenden Zweitwohnungssteuer, rückwirkend bis 1. Januar 2019. Je nach Baujahr des Hauses, in dem die Wohnung liegt, und der Höhe des Bodenrichtwertes pro Quadratmeter, kommt da ganz schön was zusammen. Für eine 40-Quadratmeter-Bude, Baujahr 1970 (Bodenrichtwert 500 Euro/qm) werden für drei Jahre in Norderstedt knapp 2000 Euro fällig (650.10 Euro jährlich). Studentinnen und Studenten, die in Norderstedt eine Zweitwohnung gemietet haben, kommen günstiger davon – für sie gilt die Steuer nur rückwirkend zum 1. Januar 2022.
Von 300 Leuten mit einem angemieteten Zweitwohnsitz in Norderstedt weiß die Stadtverwaltung laut eigenen Angaben. Die Zahl der von der Zweitwohnungssteuer betroffenen Privateigentümer sei noch nicht abschließend ermittelt. Es gibt also eine mutmaßlich hohe Dunkelziffer an möglichen weiteren Steuerpflichtigen. Die Stadt weist vorsorglich darauf hin, dass bei der Zweitwohnungssteuer eine Mitwirkungspflicht besteht. Wer seinen Zweitwohnsitz nicht innerhalb eines Monats melde, begeht eine Ordnungswidrigkeit, die geahndet werden könne. Bußgelder in Höhe von bis zu 2500 Euro drohen.
Die alte Satzung der Stadt verstieß gegen geltendes Recht
Hintergrund für die rückwirkende Berechnung der Steuer, sind rechtliche Probleme. Bereits im Oktober 2016 hatte die Norderstedter Stadtvertretung eine ab 2017 geltende Zweitwohnungssteuer beschlossen. Das Bundesverfassungsgericht (BVG) hatte jedoch in verschiedenen Urteilen festgestellt, dass die Zweitwohnungssteuer gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt, wenn man sie auf Basis der Miete berechne. Dadurch wurde auch die bis dahin geltende erste Satzung in Norderstedt im Jahr 2019 ungültig.
Die Berechnung der Steuer wird nun in Norderstedt nach Wohnungsgröße und Baujahr individuell für jede Person mit Zweitwohnsitz berechnet. Die Höhe der Miete spielt keine Rolle mehr. Im September 2021 hat die Norderstedter Stadtvertretung eine neue Zweitwohnungssteuersatzung beschlossen. Diese gilt rückwirkend zum 1. Januar 2019. Und nun hat die Stadt die Satzung technisch und organisatorisch umgesetzt.
Die Stadt nimmt an, dass sich manche gar nicht darüber im Klaren sein könnten, dass sie tatsächlich eine Zweitwohnung angemietet haben oder besitzen. Deswegen bietet die Stadt Beratung an, bei Alexander Grundt vom Fachbereich Steuern der Stadtverwaltung. Er ist erreichbar unter Alexander.Grundt@norderstedt.de oder 040/53 59 56 90.
Das Abendblatt hat die wichtigsten Fragen zur Zweitwohnungssteuer zusammengestellt:
Was ist eine Zweitwohnung?
Für die Definition einer Zweitwohnung ist meist auch die Definition von Wohnraum relevant. Diese Definition ist nicht einheitlich geregelt. Manche Kommunen – dazu zählt auch Norderstedt – verstehen unter Wohnraum jeden umschlossenen Raum, der zum Schlafen genutzt werden kann. Aber sogar für Garten- und Blockhütten oder Dauer-Campingplätze zahlen Bürger in manchen Gemeinden Steuern. In anderen Städten gilt die Nebenwohnung erst als solche, wenn sie über eine Kochnische und Bad verfügt.
Was ist eine Zweitwohnungssteuer?
Die Zweitwohnungssteuer gehört, wie zum Beispiel auch die Hundesteuer, zu den sogenannten örtlichen Aufwandsteuern. Besteuert wird also eine Einkommensverwendung für Dinge, die über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehen.
Warum erhebt die Stadt Norderstedt eine Zweitwohnungssteuer?
Norderstedt – wie alle anderen Städte in Deutschland auch – erhält für jeden Einwohner, der mit seinem Erstwohnsitz in einer Gemeinde gemeldet ist, einen Steuerausgleich vom Bund, sie nimmt also pro Kopf Geld ein. Diesen Finanzausgleich gibt es aber nur für Personen, die mit Hauptwohnsitz gemeldet sind. Die Menschen mit Zweitwohnsitz bringen der Stadt so gesehen also kein Geld, aber sie kosten welches, weil sie ebenfalls die öffentlichen Einrichtungen nutzen – Schwimmbäder, Bibliotheken oder auch Gehwege. Die Zweitwohnungssteuer soll das ausgleichen.
Was genau wird besteuert? Besteuert wird das Innehaben eines Neben- oder Zweitwohnsitzes. Als Zweitwohnung gilt jede Wohnung im Stadtgebiet, über die jemand neben seiner Hauptwohnung verfügt. Weil er selbst darin lebt oder seine Familienmitglieder. Dabei ist unerheblich, ob sich der Hauptwohnsitz innerhalb oder außerhalb Norderstedts befindet. Lediglich, wenn sich Haupt- und Nebenwohnung einer Person im selben Gebäude befinden, gilt die Nebenwohnung in der Regel nicht als Zweitwohnung.
Wer ist steuerpflichtig? Steuerpflichtig ist jede Person, die im Stadtgebiet von Norderstedt eine Zweitwohnung innehat. Ob die Wohnung gemietet ist, vom Eigentümer selbst bewohnt wird oder aber Familienangehörigen zur Nutzung überlassen ist, spielt keine Rolle. Auch Studierende müssen zahlen, die in der Uni-Stadt gemeldet sind und parallel noch bei ihren Eltern. Die Studentenwohnung wird in diesem Fall als Zweitwohnsitz gewertet. Haben mehrere Steuerpflichtige gemeinsam eine Zweitwohnung inne, sind sie Gesamtschuldner. Wer die Zweitwohnung nicht meldet und erwischt wird, dem droht eine Geldbuße von bis zu 2500 Euro.
Gibt es Ausnahmen? Als Zweitwohnungen gelten verständlicherweise keine Wohnungen, die von freien Trägern der Wohlfahrtspflege aus therapeutischen Gründen oder von Trägern der Jugendpflege zu Erziehungszwecken benutzt werden. Und zynisch wäre es, Frauen in Frauenhäusern eine Zweitwohnungssteuer aufzubrummen. Auch Kinderzimmer, die Eltern oder Elternteile an ihrem Hauptwohnsitz für ihre Kinder bereithalten werden nicht besteuert, soweit die Kinder noch zur Schule gehen, sich in einer Ausbildung befinden oder ein Studium absolvieren. Bei Berufspendlern ist die Zweitwohnung am Arbeitsort von der Steuer befreit, wenn sie verheiratet sind oder in einer eingetragene Lebenspartnerschaft leben.