Glinde. Arbeitsgruppe mit Politikern aller Fraktionen tagt unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Drückt die Stadt Preis für das Kulturdenkmal?
Das Treffen der Arbeitsgruppe unter Ausschluss der Öffentlichkeit im Mehrzweckraum des Glinder Rathauses dauerte rund eine Stunde. Am Tisch saßen Bürgermeister Rainhard Zug, Vertreter aller Parteien und eine Bürgerinitiative, die für den Erhalt der Suck’schen Kate kämpft. Seit Langem beraten die Entscheidungsträger darüber, ob die Stadt das 1855 erbaute und reetgedeckte Fachwerkhaus an der Dorfstraße kaufen soll. Jetzt ist der Durchbruch geschafft: Die Politik hat sich mehrheitlich für einen Erwerb des Kulturdenkmals ausgesprochen.
Natürlich muss das Parlament solche Willensbekundungen bestätigen und das Projekt absegnen. Allerdings hatte man extra eine Taskforce eingerichtet, um die Richtung im Vorfeld festzulegen. Es war die dritte Zusammenkunft hinter verschlossenen Türen. Über den Inhalt der jüngsten Gespräche haben alle Beteiligten Stillschweigen vereinbart. Nach Informationen dieser Redaktion sind Christ- und Sozialdemokraten Triebfedern gewesen.
Bürgerinitiative schlägt Gründung eines Fördervereins vor
Das verwundert nicht wirklich. Anfang dieser Woche hatten SPD-Fraktionschef Frank Lauterbach und der CDU-Ortsvorsitzende Claus Peters ein klares Bekenntnis zum Kauf abgegeben. Wobei es Unterschiede gibt beim Finanzierungskonzept sowie der Nutzung des mehr als 2500 Quadratmeter großen Grundstücks. Die SPD will alles im Eigentum der Stadt halten und das Areal als Park gestalten – eine kostspielige Angelegenheit. Der Eigentümer ruft 550.000 Euro auf. Hinzu kommen rund zwei Millionen Euro für die Sanierung. Diese Summe hatte der Architekt Johann-Christian Kottmeier nach einer Inspizierung genannt.
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Die CDU möchte die Stadt finanziell nicht so stark belasten und erwägt zumindest die Abgabe einer Teilfläche an einen Investor. Die Partei kann sich dort auch Wohnungen vorstellen. Dafür müsste allerdings ein entsprechender Bebauungsplan aufgestellt werden, was mit der SPD nicht zu machen ist. „Mit uns gibt es nur einen Kauf, wenn das Grundstück seinen idyllischen Charakter behält. Tafelsilber wird nicht verscherbelt“, sagt die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Marlies Kröpke.
Trotz der Gegensätze soll die unbewohnte Kate in einem ersten Schritt ins Eigentum der Kommune übergehen. Danach will man in Ausschüssen über alles andere diskutieren. Vor der Kommunalwahl am 14. Mai werden ohnehin keine Gremiumsbeschlüsse gefasst. Bürgermeister Zug soll zeitnah den Eigner kontaktieren, sein letztes Gespräch mit dem Unternehmer liegt mehrere Monate zurück. Dieser hatte 550.000 Euro bereits 2021 aufgerufen. Angesichts fallender Preise auf dem Immobilienmarkt für Bestandsgebäude wäre es nachvollziehbar, wenn der Rathauschef versucht, die Summe zu drücken. Im Haushalt sind jedenfalls 600.000 Euro verankert.
„Man muss ein tragfähiges Konzept haben. Solange das fehlt, werden wir nicht zustimmen“, sagt der FDP-Fraktionsvorsitzende Thomas Kopsch und kritisiert damit den Plan von CDU und SPD. Die Bürgerinitiative, die erstmals an einem Geheimtreffen teilnahm, hat konkrete Ideen. Demnach könnte ein Förderverein gegründet werden, der Spenden generiert sowie Fördergeld bekommt und unter dessen Regie über mehrere Jahre saniert wird. Unter Anleitung einer Fachkraft bringen junge Menschen, die ein Freiwilliges soziales Jahr in der Denkmalpflege absolvieren, das Gebäude auf Vordermann. Vorbild ist das historische Hufnerhaus am Moorfleeter Deich in Hamburg. „Das wäre die optimale Lösung, allerdings bin ich skeptisch, ob das gelingt“, sagt Kopsch. Bei den Grünen gibt es verschiedene Meinungen, wie mit dem Gebäude umzugehen ist.
Denkmalschutzbehörde verhängte Zwangsgeld gegen Eigner
Bürgerinitiativenmitbegründer Jan Schwartz kommentiert zumindest die von Lauterbach und Peters getätigten Äußerungen: „Ich freue mich sehr, dass sich die Chancen für den Erhalt der Kate offenbar verbessern. Wir bieten unsere tatkräftige Mitarbeit an.“ Die Gruppe um Schwartz existiert seit 2020 und drängt auf einen Erwerb.
Glinde hätte sich die Diskussionen in dieser Legislaturperiode ersparen können und längst Eigner des Fachwerkhauses sein können. Der Geschäftsmann aus Hamburg-Bergedorf erhielt 2012 nur den Zuschlag, weil die Stadt von ihrem Vorkaufsrecht keinen Gebrauch machte. Die Probleme waren damals allerdings nicht absehbar. Der Unternehmer versprach eine Sanierung und kündigte an, selbst einzuziehen. Es passierte nichts, was die Politik wiederum erstaunte. Einladungen zu Bauausschusssitzungen, um sich zu erklären, ignorierte der Mann. Der Zorn auf ihn wuchs – und der Zustand des Gebäudes verschlechterte sich zusehends. Die Parteien beschäftigten sich sogar mit einem Enteignungsverfahren. Eine Expertin fertigte ein Gutachten, um Erfolgsaussichten auszuloten. Weil diese gering sind, wurde das Thema nicht weiterverfolgt.
Die Denkmalschutzbehörde wurde auch aktiv und verhängte gegen den Eigner ein Zwangsgeld, weil er auf Nachbesserungsforderungen des Kreises nicht einging. Letztlich erfüllte der Hamburger jedoch die Auflagen, brachte 2016 zum Beispiel Stützbalken an und sorgte somit für die Standsicherheit des Gebäudes. Ein Jahr später holte er sich tatsächlich die Baugenehmigung für die Sanierung. Diese war 36 Monate gültig. Wieder wurde die Politik enttäuscht. Um dem Spuk ein Ende zu setzen, wurde Verwaltungschef Zug in die Spur geschickt, um Konditionen für einen Kauf zu ermitteln.