Glinde. Kommune und wissenschaftliche Einrichtung planen Projekt über drei Jahre. Wer über eine Aufnahme in das Förderprogramm entscheidet.

Die Überschrift des Dokuments klingt ein bisschen abstrakt: „Stadtklima digital und kollaborativ: Mit Künstlicher Intelligenz und Mixed Reality Klimawandel und Folgen verstehen und Maßnahmen gemeinsam erarbeiten“ steht dort geschrieben. Weiter unten ist die HafenCity-Universität aufgeführt. Sie will mit Glinde kooperieren. Die Stadt soll über 36 Monate Pilot-Kommune werden. Ziel ist es, Klimadaten zu erheben, Aktionen zu visualisieren wie zum Beispiel Fassadenbegrünung, um Glinde gesünder und lebenswerter zu machen.

Ob es zu dieser Partnerschaft kommt, ist noch nicht gesichert. Das Projekt muss in ein Förderprogramm des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) aufgenommen werden. Der Antrag ist gestellt. Rausfliegen oder Einzug in die zweite Bewerbungsrunde – das soll sich laut Glindes Klimaschutzmanagerin Lisa Schill Anfang 2023 entscheiden. Sie hat das Vorhaben im jüngsten Ausschuss für Umwelt- und Klimaschutz vorgestellt, sagt: „Das würde ein erheblicher Mehrwert für die Region sein.“ Zu dem Verbund gehören neben Glinde die Bereiche City Science Lab und Labor für Geoinformatik und Geovisualisierung der HafenCity-Uni, das Forschungs- und Transferzentrum Digital Reality der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg sowie das Unternehmen GEO-NET aus Hannover.

Glinde entwickelt mit Reinbek und Wentorf Klimafolgenanpassungskonzept

Lisa Schill ist Klimaschutzmanagerin in Glinde.
Lisa Schill ist Klimaschutzmanagerin in Glinde. © Stadt Glinde

Schill ist in ihrer Präsentation auch auf Personalien eingegangen. Eine Projekt-Umsetzung beinhaltet die Schaffung einer Koordinatorenstelle zwischen Wissenschaft und Glinde. Ob die Person im Rathaus oder in einer der Forschungseinrichtungen sitzt, müsste dann geklärt werden. Außerdem gibt es ein Budget für Beteiligungsworkshops bei der Erstellung eines sogenannten Klimafolgenanpassungskonzepts. Dieses wird Glinde mit Reinbek und Wentorf 2023 angehen. „Die Kooperation mit der Uni ist an dieses Projekt angedockt“, sagt Schill.

Das City Science Lab erforscht die Veränderung von Städten im Kontext der Digitalisierung. Es hat Zugriff auf eine enorme Datenbasis, entwickelt Visualisierungen und Simulationen. Anhand von Modellen lassen sich Effekte vorausberechnen und intelligente, abgestimmte Lösungen finden für diverse Themen wie auch Verkehr und Nahversorgung. So unterstützt man bei Entscheidungsprozessen – Glinde also in Dingen, die der Klimaanpassung dienen. „Das könnten zum Beispiel Springbrunnen oder Sonnenschutzdächer an bestimmten Orten sein“, sagt Schill.

Die Entstehung des City Science Lab geht auf eine Delegationsreise des früheren Bürgermeisters Olaf Scholz (SPD) in die USA zurück. Am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) bei Boston sah er die City Scopes genannten Modelle zur digitalen Planung städtischer Entwicklung. Es kam zu einer Kooperation. Die HCU als Uni für Metropolenforschung wurde ausgemacht als die richtige Heimat für die innovative Technik. 2015 war der Start.

SPD-Politiker Peter Michael Geierhaas fordert Geld vom Kreis für Radwege

Initiator einer Zusammenarbeit ist laut Schill die HafenCity-Universität gewesen. Sie sei im September angefragt worden. Bürgermeister Rainhard Zug bewertet das Interesse so: „Man nimmt wahr, dass die Region hier sehr innovationsfreudig ist.“ Das Stadtparlament hatte im Februar dieses Jahres ein Integriertes Klimaschutzkonzept beschlossen. Es dient als Fahrplan für die kommenden Jahre und gibt einen strukturierten Weg vor zu Glindes Klimaneutralität. Das 218 Seiten lange Dokument umfasst diverse Handlungsoptionen in Segmenten wie Mobilität und nachhaltige Energieversorgung. Dazu gehört etwa, kommunale Gebäude mit Fotovoltaikanlagen auszustatten, den Ausbau der Ladesäulen für Elektroautos voranzubringen und den Radverkehr zu stärken.

Dazu gibt es auch ein Radverkehrskonzept. Manch einem Politiker geht es nicht schnell genug mit der Verbesserung von Routen oder deren Ausbau. Peter Michael Geierhaas, umweltpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, sagt: „Wir müssen gerade bei den Radwegen mehr machen, das trifft übrigens auf ganz Stormarn zu.“ Hamburg sei wesentlich engagierter. Er sieht den Kreis in der Pflicht, die Kommunen finanziell zu unterstützen.