Glinde. Investoren wollen im Glinder Zentrum nur 20 Prozent Sozialwohnungen schaffen. Problematisch ist auch Finanzierung der Tiefgarage.
Die Visualisierung ist imposant. Sie zeigt die komplett umgestaltete Glinder City, wurde den Kommunalpolitikern vor rund einem Jahr vorgestellt. Das Architekturbüro SKAI hat sich dabei an dem sogenannten Rahmenplan für die Ortsmitte orientiert, der von den Parteienvertretern beschlossen wurde und in dem die Leitlinien für die städtebauliche Entwicklung festgelegt sind. Zentraler Bestandteil ist die Schaffung von 300 Wohnungen, 100 davon öffentlich gefördert. Eigentlich sollen sogar rund 400 neu gebaut werden, weil jetzige durch Abriss von Gebäuden wegfallen. Nun stellt sich heraus, dass das Konzept wohl nicht aufgeht. Es gibt mehrere Knackpunkte. In seiner gewünschten Form droht dem Vorhaben das Aus.
Damit die Theorie in die Praxis umgesetzt werden kann, müssen Grundeigner mitspielen. Mehr als 30 institutionellen Anlegern wie Glunz Immobilien, Stiftungen oder Einzelpersonen gehören weitläufig um den Marktplatz Gebäude und Flächen. Im direkten Umfeld sind es acht. Mit diesen und rund 15 Investoren hat Bürgermeister Rainhard Zug gesprochen. Er sagt: „Das Interesse an dem Projekt ist groß.“ Ein Umbau des Zentrums dauert Jahre, der Verwaltungschef hat zwei Areale genannt, die zuerst angefasst werden könnten, unter anderem der Bereich, wo die Sparkasse Holstein beheimatet ist. Eine wichtige Erkenntnis aus seinen Unterredungen präsentierte Zug nun im jüngsten Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz: Investoren wollen nur einen 20-Prozent-Anteil bei den Sozialwohnungen. Das steht dem Grundsatzbeschluss der Politik mit 30 Prozent bei Neubauten entgegen. „Ich halte die Reduzierung für zwingend“, sagt Zug.
Die Kommune muss vor allem Geld für Schulbauten ausgeben
Die Bauinteressenten begründen ihre Haltung unter anderem damit, dass der Stellplatzschlüssel bei öffentlich geförderten Einheiten bei 0,7 liegt und die Autos in einer Tiefgarage untergebracht werden müssen. Diese soll entstehen als Ersatz für den wegfallenden öffentlichen Parkplatz. Laut Zug ist in der Landesförderung aber keine Tiefgarage für günstige Mieteinheiten vorgesehen. Soll heißen: Die Investoren möchten mehr frei finanzierte Wohnungen zwecks Quersubventionierung. Sonst rechnet es sich nicht, argumentieren sie.
Die Tiefgarage ist an sich schon ein Problem. 600 unterirdische Plätze sind angedacht. 300 muss die Stadt finanzieren. Also genau jene Zahl, die es derzeit am Marktplatz gibt und deren Nutzung gratis ist. Die geschätzten Kosten beziffert der Verwaltungschef auf neun bis elf Millionen Euro. Diese Spanne sei vor dem Ukraine-Krieg ermittelt worden. Es dürfte also wesentlich teurer werden. Eine Finanzierung in dieser Größenordnung nennt der Bürgermeister illusorisch, verweist auf andere wichtige Projekte, die Glinde vor der Brust hat. Da ist zum Beispiel das Schulzentrum am Oher Weg mit Schadstoffsanierung und Mensabau. 30 Millionen Euro stehen hier im Raum. Hinzu kommt der Ausbau der Grundschule Tannenweg mit rund zehn Millionen Euro. Nicht zu vergessen Grunderneuerungen von Straßen. Glinde verzichtet inzwischen auf Anliegerbeiträge. Jüngst musste eine Sanierung verschoben werden, weil es auf die Ausschreibung nur ein Angebot gab und dieses viel zu teuer war.
Ein weiterer Vorschlag von Investoren ist laut Zug, Gebäude im Zentrum noch höher als geplant zu bauen, die Gesamtzahl der Wohnungen zu reduzieren und stattdessen mehr Gewerbeflächen zu schaffen. „Es gibt aber keine vertraglichen Vorfestlegungen“, sagt der Verwaltungschef. Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Marlies Kröpke signalisiert Gesprächsbereitschaft beim Thema 20 Prozent Sozialwohnungen, allerdings nur unter der Bedingung, „dass es an anderer Stelle einen Ausgleich gibt mit 50 bis 60 Prozent bei einem Projekt“. Zwecks Finanzierung der Tiefgarage ist die Politikerin auch ratlos: „Wir haben versprochen, kostenlos Parkplätze anzubieten. Daran halte ich fest. Gebühren bremsen den Anreiz, in Glinde einzukaufen.“ Eine Veräußerung des jetzigen Parkplatzes, um damit die Stadtkasse aufzufüllen, lehnt sie ab.
Architekturbüro hat rund 30.000 Quadratmeter überplant
Jan Schwartz von den Grünen kritisiert den Bürgermeister: „Es soll ein Projekt ins Fliegen gebracht werden, wo die Investoren die Bedingungen diktieren und Bürger übergangen werden.“ Das Vorhaben in dieser Größe überfordere Glinde. „Ich bin nicht kompromissbereit beim Abspecken von Sozialwohnungen.“ Barbara Bednarz (FDP) sieht auch keinen Grund, von der 30-Prozent-Variante abzuweichen. „Und der Parkplatz wird nicht verkauft. Dafür stehen die Liberalen weiterhin.“
Das Architekturbüro SKAI hatte im Auftrag eines Hamburger Investors rund 30.000 Quadratmeter überplant und damit eine Idee geliefert, wie das Zentrum aussehen könnte. Demnach bleiben nur Rathaus, Bürgerhaus und ein Komplex im Norden bestehen. Skizziert ist ein lebendiges Quartier mit einem Mix aus Wohnen, Einzelhandel und Dienstleistungen. Viele Gebäude haben Giebeldächer und sind in unterschiedlichen Farben geklinkert.