Bargteheide. Wählergemeinschaft will in Bargteheide bei einer Fahrraddemo Defizite der Infrastruktur aufzeigen. Was die WfB genau kritisiert.

An politischen Beschlüssen zur Verbesserung des Radverkehrs hat es in Bargteheide in den vergangenen Jahren nicht gefehlt. Nur passiert ist bislang zu wenig. Deswegen reicht es jetzt der Wählergemeinschaft WfB. Für Sonnabend, 15. Juni, hat sie zu einer Demonstration aufgerufen und hofft auf viele Mitstreiter.

„Spätestens nach der jüngsten Bewertung der hiesigen Radwegesituation durch den Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club ADFC mit der Note 4,4 steht fest, dass ein erheblicher Handlungsbedarf besteht“, sagt Fraktionschef Norbert Muras. Weshalb die WfB notwendige Entscheidungen der Stadtvertretung und deren baldige Umsetzung nun gern beschleunigen wolle.

Radwege in Bargteheide: Ziel ist eine Fahrradzone zwischen Bahnhof und Markt

Treffpunkt ist um 11 Uhr an dem Platz zwischen der Einmündung des Mittelwegs in die Rathausstraße und der Filiale der Sparkasse Holstein. Dann hat die Wählergemeinschaft eine etwa einstündige Ortsbegehung mit sieben Stopps im Zentrum von Bargteheide (siehe Grafik) geplant. Formaler Anlass ist der „Tag der Verkehrssicherheit“, der jährlich am dritten Sonnabend im Juni stattfindet. „Inhaltlich geht es darum zu erkunden, wie die prekäre Rad- und Schulwegesituation in der Innenstadt verbessert werden kann“, erklärt Muras.

Ziel sei es, die Wege ausreichend breit, durchgehend, sowie mit einer konsequenten, übersichtlichen und selbsterklärenden Linienführung zu gestalten. „In der Umsetzung soll mittelfristig eine Fahrradzone vom Bahnhof zum Markt und von der Rathausstraße zum Schulzentrum entstehen, in der den Belangen und Bedürfnissen von Radfahrern deutlich besser entsprochen wird, als das momentan der Fall ist“, so Muras.

Radwege zu unsicher: Fahrraddemo-Teilnehmer sollen lieber zu Fuß kommen

Kurioserweise empfiehlt der Cheforganisator eine Teilnahme an der Demo zu Fuß. Schließlich seien auf der ganzen Strecke „keine sicheren Radwege“ vorhanden. Einzelne Teilnehmer mit Fahrrad könnten unterdessen hilfreich sein, um die bestehenden Probleme zu verdeutlichen.

Norbert Muras, Fraktionschef der Wählergemeinschaft für Bargteheide kämpft seit mehr als 20 Jahren für Verbesserungen im Radverkehr der Stadt.
Norbert Muras, Fraktionschef der Wählergemeinschaft für Bargteheide kämpft seit mehr als 20 Jahren für Verbesserungen im Radverkehr der Stadt. © HA | Privat

Jeder der sieben geplanten Stopps markiert aus Sicht der WfB Brennpunkte, die dringend bearbeitet werden sollten. Es geht um Sichtbeschränkungen, die die Sicherheit der Radfahrer beeinträchtigen, um komplett zugeparkte Straßenabschnitte, um Behinderungen durch Wildwuchs oder Schilder, um gefährliche Wegführungen und um Radwege, die plötzlich im Nichts enden.

Radwege zu unsicher: Neuregelung von Parkverbotszonen und Einbahnstraßen gefordert

So hat die Wählergemeinschaft schon jetzt eine sinnvolle Reihenfolge für mögliche Maßnahmen vorgeschlagen. Dazu zählen etwa der Umbau des Mittelweges im Bereich Rathausstraße und der Theodor-Storm-Straße, die Ausweisung von Einbahnstraßen, etwa im Traberstieg und in der Baumschulenstraße (ab geplantem „Baumtor“ südlich der Zufahrt Edeka), die Anlage neuer Rad- und Fußwege von der Rathausstraße durch die Bereiche Am Markt und Utspann zum Schulzentrum sowie von der L82 zum Schul- und Ganztagszentrum.

So bitte nicht: In der Rathausstraße steht ein Schildermast mitten auf dem Radweg.
So bitte nicht: In der Rathausstraße steht ein Schildermast mitten auf dem Radweg. © HA | Norbert Muras

„Es gibt aber auch diverse Maßnahmen, die mit keinen aufwendigen Baumaßnahmen verbunden sind und deshalb schnell umgesetzt werden könnten“, sagt Muras. Dazu zählt er unter anderem die Neuregelung von Parkverbotszonen, die Verbreiterung von Wegen durch das Stutzen ausufernder Hecken, oder das Ausweisen von Fahrradstreifen.

Radwege zu unsicher: Kontrolldichte von Parkverstößen hat spürbar abgenommen

Schwieriger zu realisieren seien indes Maßnahmen, für die es der Zustimmung der Straßenverkehrsbehörde des Kreises bedarf. Das betreffe neben der Ausweisung von Einbahnstraßen auch die Einrichtung von Parkverbotszonen, ohne die mehr Sicherheit für Radfahrende jedoch kaum erreichbar sei.

Aus Sicht der WfB wäre das gefahrlose Durchqueren des Schulzentrums mit dem Rad nach einigen baulichen Anpassungen ohne Weiteres möglich.
Aus Sicht der WfB wäre das gefahrlose Durchqueren des Schulzentrums mit dem Rad nach einigen baulichen Anpassungen ohne Weiteres möglich. © HA | Norbert Muras

Kritisch hinterfragt werden müsse in diesem Zusammenhang auch, warum die Kontrolldichte von Parkverstößen in den vergangenen Jahren spürbar abgenommen habe, insbesondere im Bereich der Theodor-Storm-Straße. Und warum dort vor Jahren zwar Parkflächen aufgemalt worden seien, das entsprechende Verkehrsschild aber fehle, das Parken außerhalb der markierten Flächen verbiete.

Radwege Bargteheide: 20 Euro pro Einwohner sollten pro Jahr investiert werden

Viele Elemente des WfB-Konzepts sind schon im Jahr 2001, also vor mehr als 20 Jahren erwogen worden, wurden aber später nicht mehr weiterverfolgt. Erst 2018 und 2019 gab es neue Vorstöße zur Radwegeplanung samt mehrerer politischer Beschlüsse. Bis zu 334.000 Euro, 20 Euro pro Einwohner, sollten pro Jahr fließen.

Weil sich aber weiter kaum etwas bewegte, wurde dann im Sommer 2021 beschlossen, das Konzept von den Fachbüros urbanus aus Lübeck und Gertz Gutsche Rühmenapp aus Hamburg erstellen zu lassen. Was seitdem jedoch vorgelegt wurde, ist aus Sicht der WfB „enttäuschend und vollkommen unzureichend“. Weder sei es zu einer vertraglich vereinbarten Einbindung der Rad-AG gekommen, noch hätten die konkreten Vorschläge und Anregungen der Wählergemeinschaft bislang Eingang in das sogenannte „Konzept“ gefunden.

Radwege Bargteheide: Das Thema Schulwegsicherung spielt überhaupt keine Rolle

„Wir vermissen vertragsrelevante Module und konkrete Vorschläge für Maßnahmen ebenso wie detaillierte Begründungen, aus denen etwa Fördergeldanträge abgeleitet werden könnten“, moniert Muras. Die Genehmigungsfähigkeit und der Sinn erwähnter Maßnahmen sei schlicht nicht ersichtlich, und das wichtige Thema Schulwegsicherung spiele überhaupt keine Rolle. „Das Konzept ähnelt über weite Strecken einem allgemeinen Fachbuch ohne konkreten Bargteheider Ortsbezug“, so sein Urteil.

Dabei habe das Büro urbanus zuvor eine überaus positive, modulorientierte Planung für die Städte Kaltenkirchen im Kreis Segeberg und Quickborn im Kreis Pinneberg erstellt. Doch offenbar gebe es keinen einheitlichen Standard innerhalb der Firma. Warum die Betrachtung Bargteheides nicht auf einem ähnlichen Niveau erfolgt sei, bleibe völlig unklar.

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Radwege zu unsicher: Vorschläge direkt in die Politik einbringen

„Nunmehr ist es zwingend erforderlich, kurzfristig Planungen zur Verbesserung der Bargteheider Rad- und Fußwege zu erstellen mit einer erhöhten Priorität der viel befahrenen Schulwege“, fordert Norbert Muras. Für die nächste Sitzung des Planungs- und Verkehrsausschusses am Donnerstag, 20. Juni, hat die WfB deshalb einen entsprechenden Antrag gestellt.

In der Rad-AG wollen Norbert Muras und seine Fraktionskollegin Helga Dorer unterdessen nicht mehr mitarbeiten. „Wir haben nicht den Eindruck, dass man sich dort mit letzter Konsequenz für notwendige Verbesserungen des städtischen Radverkehrs einsetzt“, begründete Muras die Entscheidung. Die WfB halte es für zielführender, konkrete Vorschläge lieber direkt in die Ausschüsse der Stadtvertretung in Bargteheide einzubringen.