Bad Oldesloe. Gutachter haben 800 Streckenkilometer mit dem Fahrrad kontrolliert. Jetzt sollen Ausbau und Sanierung vorangetrieben werden.
Das Radfahren im Kreis Stormarn soll komfortabler werden, um mehr Menschen vom Umsteigen auf das umweltfreundliche Fortbewegungsmittel zu überzeugen. Das von der Kreisverwaltung in Bad Oldesloe in Auftrag gegebene neue Radverkehrskonzept zeigt, wie der Kreis Stormarn mit allen Städten und Gemeinden ein sicheres Radwegenetz spinnen könnte. Der Fokus liegt dabei auf dem Alltags- und Freizeitverkehr in allen Altersklassen.
Das Konzept wurde in Zusammenarbeit mit den in der Radverkehrsplanung etablierten Gutachterbüros PGV Dargel Hildebrandt aus Hannover und Urbanus aus Lübeck erarbeitet. Die Beteiligten waren ebenso fleißig wie sportlich: Zur Standortbestimmung fuhren sie im vergangenen Jahr circa 800 Streckenkilometer aller Straßenkategorien vom Wirtschaftsweg über Gemeinde-, Kreis- und Landesstraßen bis hin zu Bundesstraßen vollständig mit dem Fahrrad ab. Als Basis diente das seit 2002 bestehende und 2013 weiterentwickelte Konzept „Fahrradfreundliches Stormarn“.
Radwege in Stormarn sollen sicherer und komfortabler werden
Begleitet wurde das Projekt durch ein Beteiligungsverfahren mit Vertretern aus Politik, Verwaltung und Verbänden sowie mit einer Online-Befragung der Öffentlichkeit und der Kommunen. Ergänzend erfolgten Regionalkonferenzen und Fachworkshops. „So konnte ein differenziertes Meinungs- und Anforderungsbild aus den verschiedenen Interessenlagen heraus erstellt werden“, so ein Sprecher der Kreisverwaltung.
Zur Steigerung der Attraktivität der Fahrradnutzung müssten die Rahmenbedingungen überall weiter verbessert werden. „Ein dichtes und transparentes Radverkehrsnetz sowie eine komfortable und sichere Befahrbarkeit der Straßen und Wege sind wesentliche Voraussetzungen, die vorhandenen Nachfragepotenziale zu erschließen“, heißt es. Hinzu komme eine gute Vernetzung mit dem Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV).
Ein Ziel der „Radstrategie Schleswig-Holstein 2030“ ist es, dass Fahrräder knapp ein Drittel des Verkehrs auf den Straßen im Land ausmachen. Außerdem soll die Zahl der Unfälle mit Radfahrern (2019 waren das fast 4600) halbiert werden und Schleswig-Holstein im Radtourismus unter die Top-3-Länder kommen. In der laufenden Legislaturperiode will die Landesregierung 25 Millionen Euro in die Umsetzung investieren. Darüber hinaus erhalten die Kommunen zusätzliche 20 Millionen Euro für den Ausbau ihrer Radinfrastruktur.
Kreis Stormarn unterstützt seine Kommunen mit Förderprogramm
Der Kreis Stormarn hat ebenfalls ein eigenes Förderprogramm für seine Städte und Gemeinden aufgelegt. Er unterstützt den Neu-, Um- und Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur vor Ort finanziell. Bei einer Abschlusskonferenz im Kreishaus in Bad Oldesloe am Donnerstag, 8. Juni, werden den beteiligten Akteuren sämtliche Fördermöglichkeiten und auch der Endbericht zum Radverkehrskonzept präsentiert.
Der Kreis Stormarn erhält für die Fortschreibung seiner Radverkehrskonzeption nach der Förderrichtlinie des Landes eine Zuwendung aus Mitteln des Bundes aus dem Sonderprogramm „Stadt und Land“. Die Kosten von rund 85.000 Euro werden mit 75 Prozent gefördert.
Fast jeder dritte Stormarner fährt überhaupt kein Fahrrad
Das rund 77.000 Hektar große Stormarn zählt zu den kleinsten Kreisen in Schleswig-Holstein, hat mit 323 Einwohnern pro Quadratkilometer nach Pinneberg die höchste Bevölkerungsdichte. Während das südliche Kreisgebiet (bis etwa Höhe Bargteheide) stärker besiedelt ist, ist der Norden typisch ländlich strukturiert. Damit bestehen für den Radverkehr vor allem in Südstormarn und rund um die zentralen Orte, zu denen auch Bad Oldesloe, Reinfeld und Trittau zählen, günstige Rahmenbedingungen.
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In Stormarn kommen auf 1000 Einwohner rund 630 Autos. Etwa 80 Prozent der Menschen besitzen ein Rad. Allerdings liegt der Radverkehrsanteil mit rund zehn Prozent deutlich hinter dem Kreis Pinneberg (16 %) und Hamburg (15 %). Beinahe jeder dritte Stormarner (29 %) fährt überhaupt kein Rad. 18 Prozent sind so gut wie jeden Tag auf zwei Rädern unterwegs.
Städte und Gemeinden sehen Problem bei den Personalressourcen
Einen Fragebogen für Kommunen füllten 25 und damit knapp die Hälfte der Stormarner Städte und Gemeinden aus. Die meisten sehen mittlere bis hohe Zuwachspotenziale für die Radnutzung im Alltagsverkehr. Nur 16 Prozent bewerten die eigene Qualität der Radverkehrsverbindungen als gut oder weitgehend gut. Fast 60 Prozent sehen Konflikte mit dem Kfz-Verkehr. Nur 24 Prozent meinen, dass wichtige Ziele bequem mit dem Fahrrad erreichbar sind. Die größten Hemmnisse für Verbesserungen seien unzureichende Personalressourcen und die Finanzierung.
Für die rund 2000 Menschen, die sich an der Onlinebefragung beteiligten, sind der Aus- und Neubau von Radwegen sowie die Instandsetzung mit Abstand am wichtigsten. Die Trennung vom Kfz-Verkehr hat vor allem außerorts große Bedeutung. Zu einem ähnlichen Ergebnis kamen die Teilnehmer dreier Regionalkonferenzen im vergangenen September.
Von den rund 800 Kilometern, die Radfahrer in Stormarn nutzen können, sind fast 670 asphaltiert. Innerorts spielt Betonsteinpflaster (43 Kilometer) noch eine größere Rolle, außerorts wassergebundene Decken (40 Kilometer). Die Tester stuften die Belagsqualität für Radfahrer auf etlichen Kilometern als erheblich eingeschränkt (durchgängige Unebenheiten, Schlaglöcher) bis zu kaum nutzbar (Sturzgefahr) ein. Die meisten Radverkehrsanlagen sind zwischen 2,00 und 2,50 Meter breit, innerorts allerdings häufig auch unter 1,50 Meter. An Kreisstraßen gibt es an 81 Kilometern keine Radwege und an Landesstraßen an 32 Kilometern.
Kontakt und Infos: E-Mail an radverkehr@kreis-stormarn.de