Oststeinbek. Die Gemeinde Oststeinbek sucht Nachmieter für Räume im Sportforum. Makler präsentiert Interessenten. Um wen es sich handelt.

Im Obergeschoss des Sportkomplexes mit der Walter-Ruckert-Halle in Oststeinbek sieht es trist aus. Wo vor Kurzem noch moderne Fitnessgeräte standen, blickt man nun auf eine leere Fläche. 18 Jahre stählten Jung und Alt hier ihre Muskeln: im Medi-Terrain. Ende Dezember wurde der Betrieb eingestellt. Das Studio war defizitär. Die Gemeinde als Eigentümer der Immobilie sucht seit Monaten einen Nachmieter. Nachdem Interessenten abgesprungen oder deren Angebote der Politik zu niedrig waren, schaltete Oststeinbek einen Makler ein. Der präsentierte nun einen Unternehmer, der bereits in Hamburg-Billstedt ein Center betreibt und expandieren möchte. Ob es zu einer Einigung kommt, ist allerdings fraglich. Bei der Vertragsgestaltung gibt es unterschiedliche Vorstellungen.

Nach Information dieser Redaktion will Hidayet Sakarya in Oststeinbek Fuß fassen. Sein Studio heißt Caprice Fitness Club, liegt an der Billstedter Hauptstraße und ist mehr als 2400 Quadratmeter groß. Für Frauen gibt es einen separaten Bereich, der 400 Quadratmeter umfasst, dazu Sauna und Solarium. Den Kunden stehen mehr als 100 Kurse zur Auswahl, auch Kampfsport wird gelehrt. Der Monatsbeitrag liegt zwischen 34,90 und 59,90 Euro. Der Geschäftsführer war für eine Stellungnahme bislang nicht erreichbar.

Bürgermeister Hettwer: „Werden ein Gegenangebot machen“

Er hatte sich bei Steinhaus Immobilien gemeldet. Die Firma offeriert das ehemalige Medi-Terrain über ihre Homepage. Jedermann kann die Zahlen einsehen. Für die 1647 Quadratmeter wird eine Monatskaltmiete von 13.983,37 Euro aufgerufen. Der Caprice-Inhaber will dem Vernehmen nach keineswegs einen fünfstelligen Betrag zahlen. Über das Thema haben die Politiker im nicht öffentlichen Teil des Bauausschusses gesprochen. Bürgermeister Jürgen Hettwer will keine Details nennen, bestätigt aber, dass es einen Interessenten gibt. Und er sagt: „Wir werden ein Gegenangebot machen.“ Es heißt, der Hamburger Geschäftsmann möchte eine Klausel im Kontrakt verankern, die es ihm ermöglicht, nach zwei Jahren auszusteigen. Im Exposé des Maklers ist eine Mindestmietdauer von fünf Jahren genannt.

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Klar ist, dass die Gemeinde auf jeden Fall mehr Geld generieren will als zuvor. Das Medi-Terrain entrichtete 6500 Euro. Mehr wollte die Politik der GmbH nicht abknöpfen, weil sie eine Tochter des Oststeinbeker Sportvereins war. Und die hatte lange ums Überleben gekämpft. Gut ging es der Einrichtung, als sie das einzige Fitnessstudio im Ort gewesen ist. Im März 2018 erreichte man die Rekordmarke von 1250 Mitgliedern. Der Niedergang begann mit dem Einzug von Konkurrenz in die 9000-Einwohner-Gemeinde. Im selben Jahr eröffnete das Unternehmen Sportsfreund Fitness im Ostkreuz-Center auf einer 3188-Quadratmeter-Fläche und lockte mit Discountpreisen. Das macht es auch heutzutage. Aktuell kann man sich einen Monat lang für 14,99 Euro auf dem Ergometer abstrampeln und in der Sauna schwitzen. Danach verdoppelt sich der Beitrag, allerdings ist der sogenannte Basic-Tarif monatlich kündbar.

Böse Vorahnung der Oststeinbeker Politik bestätigte sich

Kurios: Die Sportsfreund-Geschäftsführer Jan-Oliver Wulf und Felix Seeliger pachteten die Räume ohne zu wissen, dass dort kein Fitnessstudio erlaubt ist. Sie hatten sich auf Aussagen des Vermieters verlassen. Das Rathaus machte die Unternehmer darauf aufmerksam. Zu diesem Zeitpunkt waren schon Aufträge für den Umbau vergeben. Sie kontaktierten die Fraktionen, schließlich musste der Bebauungsplan geändert werden. Die Politik zögerte, fürchtete nämlich negative Auswirkungen für das Medi-Terrain. Für dessen Erweiterung hatte die Kommune rund 350.000 Euro investiert. Erst als der Druck aus der Bevölkerung zunahm, stimmte die Gemeindevertretung zu.

Die böse Vorahnung der Parteienvertreter bestätigte sich. 2019 machte die OSV-Tochter ein Minus und in den folgenden Jahren ebenfalls. Zuletzt waren es nur noch 650 Mitglieder. Der Vereinsvorstand zog die Reißleine. 13 Kräfte am Empfang, zwei Trainer und Studio-Geschäftsführer Thomas Muhle verloren ihre Jobs. Die Geräte aus dem Medi-Terrain hat Sportsfreund erworben.

Die Gemeinde würde die Räume auch an Ärzte vermieten

Die Politik präferiert ein Unternehmen aus dieser Branche als Nachfolger, ist aber auch für eine anderweitige Nutzung offen. Denkbar sind zum Beispiel eine Ernährungsberatung, ein Tanzstudio und Facharztpraxen. Bereits im vergangenen Jahr liebäugelten Veterinäre damit, sich im Sportforum niederzulassen mit einer Tagesklinik für Tiere. Mit dem Bürgermeister gab es eine Begehung. Die Mediziner sagten ab.

Ambitionen hatte auch das Unternehmen Medifit Studio, eine Kette mit Gyms in Reinbek, Glinde und Wentorf. Im Dezember sprachen zwei Führungskräfte per Videokonferenz zu Politikern aller Fraktionen, teilten mit, wie sie sich einen Vertrag vorstellen. Ihre Bedingungen: ein Jahr mietfrei bleiben, danach 3,13 Euro pro Quadratmeter zahlen. Außerdem sollte sich die Gemeinde mit 60.000 Euro an der Beschaffung neuer Umkleideschränke beteiligen. Die Reaktion der Entscheidungsträger: nicht machbar.

Bei Steinhaus Immobilien haben sich mehrere Personen aus der Fitnessbranche gemeldet. Das bestätigte jüngst Carsten Werner, der für das Objekt zuständige Makler. Seine Erkenntnis aus den entsprechenden Gesprächen: Es benötigt 1500 Mitglieder, damit sich ein Studio im Sportforum für den Betreiber rechnet. „Wir schreiben jetzt auch größere Ketten an“, sagte er Anfang April. Gebracht hat das offenbar nichts.