Oststeinbek. Das Medi-Terrain stellt nach 18 Jahren den Betrieb ein. Petition für Erhalt beim Bürgermeister abgegeben. Die Gründe für das Aus.
Auf dem Tresen im Eingangsbereich des FitnessstudiosMedi-Terrain in Oststeinbek liegt eine Unterschriftenliste. 504 Personen haben darauf bislang signiert. Bei dem Dokument handelt es sich um eine Petition. Die Menschen setzen sich für den Erhalt des Studios ein. Das Schreiben der Geschäftsführung über die Schließung zum 31. Dezember hat die Mitglieder überrascht und zugleich schockiert. Der Beschluss ist jedoch in Stein gemeißelt. Nach 18 Jahren wird der Betrieb eingestellt.
Entschieden hat das der Vorstand des Oststeinbeker SV. Und zwar einstimmig. Das Medi-Terrain, integriert in der Walter-Ruckert-Sporthalle, ist eine Tochtergesellschaft des rund 1600 Mitglieder zählenden Sportvereins. 13 Kräfte am Empfang, allesamt Mini-Jobber, ein Trainer auf 520-Euro-Basis sowie ein weiterer in Teilzeit und Studio-Geschäftsführer Thomas Muhle verlieren ihre Jobs. Nicht zu vergessen zwölf freiberufliche Übungsleiter, die stundenweise im Einsatz sind und Rechnungen schreiben. In dem Brief an die Mitglieder nennt Muhle „erhebliche Veränderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen“ als Grund für das Aus.
Mitgliederzahl hat sich binnen fünf Jahren nahezu halbiert
„Wir haben um den Fortbestand gekämpft, Anträge auf Mietminderung und Stundung bei der Gemeinde gestellt. Aber es ist nichts passiert“, sagt der OSV-Vorsitzende Michael Strube (73), der in ehrenamtlicher Funktion auch der Geschäftsführung angehört. „Das Studio ist seit 2019 defizitär, macht zwischen 4000 und 6000 Euro Verlust pro Monat. Wir wären in die Insolvenz gelaufen.“ Laut Strube zahlt die Medi-Terrain Oststeinbek Fit-& Wellness GmbH jeden Monat 6500 Euro Miete an die Kommune für die Räume. Die Energiekosten seien auf 4500 Euro gestiegen, 3500 müsse man für Reinigungskräfte aufbringen. Zu Höchstzeiten hatte das Fitnessstudio 1250 Mitglieder, inzwischen sind es nur noch 650. Mit einer Beitragserhöhung um bis zu acht Euro im Juni hoffte man, der wirtschaftlichen Schieflage entgegenwirken zu können. Es brachte jedoch nichts. „Das ist nach hinten losgegangen, 90 Leute haben daraufhin gekündigt“, so Strube.
Das Medi-Terrain in der ersten Etage des Sportkomplexes hat rund 800 Quadratmeter Fläche, auf denen mehr als 60 Geräte platziert sind. Hinzu kommt ein 500-Quadratmeter-Wellnessbereich mit zwei Saunen, einem Dampfbad und Massageangebot inklusive Sonnenterrasse. Der Kursplan umfasst zum Beispiel Bauch-Beine-Po, Rückengymnastik, Pilates, Yoga, Zumba und Indoor-Cycling. Außerdem gibt es Präventionsangebote, bei denen Krankenkassen die Gebühr übernehmen und die auch für Nichtmitglieder zugänglich sind. Vor allem Senioren aus Oststeinbek nutzen das Studio neben den sportlichen Aktivitäten als eine Art Begegnungsstätte, halten Klönschnack und trinken einen Kaffee. Dass sie hier mehr zahlen als bei der Konkurrenz in der Umgebung, stört sie nicht.
Konkurrent im Ort lockt mit günstigen Beiträgen
Vor allem die jüngeren Menschen denken anders. Sie schauen aufs Geld. Viele sind zu einem anderen Anbieter im Ort gewechselt, der seit 2018 existiert. Er heißt Sportsfreund Fitness und ist in der ersten Etage des Ostkreuz-Centers am Willinghusener Weg im Gewerbegebiet. Das Unternehmen macht immer wieder spezielle Angebote. Jüngst zum Beispiel dieses: ein Vertrag über zwei Jahre, in den ersten drei Monaten jeweils ein Beitrag in Höhe von 14,99 Euro und danach 29,99. Im Medi-Terrain zahlen OSV-Mitglieder über diesen Zeitraum 49 und nicht im Verein organisierte Personen 62 Euro im Monat.
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„Dass Sportsfreund nach Oststeinbek gekommen ist, hat uns das Genick gebrochen“, sagt Strube. Bei der Ansiedlung hatte es einigen Wirbel gegeben. Felix Seeliger und Jan-Oliver Wulf, die beiden Geschäftsführer, schlossen einen Mietvertrag, ohne sich vorher bei der Gemeinde über den Bebauungsplan informiert zu haben. In dem war seinerzeit ein Sondergebiet mit großflächigem Einzelhandel festgelegt. Die Politik zögerte, den B-Plan zu ändern, fürchtete negative Auswirkungen auf das Medi-Terrain. Als der Druck aus der Bevölkerung zunahm, stimmten die Parteienvertreter schließlich zu.
Firma Sportsfreund Fitness kauft die Geräte
Einen Kannibalismuseffekt hatten Wulf und Seeliger ausgeschlossen, nach Ansicht des OSV ist es dann doch so gekommen. „Wir haben nach der Sportsfreund-Eröffnung in relativ kurzer Zeit 150 Mitglieder verloren“, sagt Strube. Außerdem sei die Neugewinnung deutlich schwieriger geworden. Die Initiatoren der Petition haben einen ersten Schub mit Unterschriften bei Bürgermeister Jürgen Hettwer eingereicht und ein Gespräch mit ihm geführt. „Ich habe ihnen das Konstrukt erklärt und darauf hingewiesen, dass ich keinen Einfluss nehmen kann“, sagt der Verwaltungschef.
Natürlich stellt sich nun die Frage, was mit den Räumen passiert. „Die Gemeinde will Einnahmen generieren, deshalb muss man über alle möglichen Nutzungen nachdenken. Eine Vergabe an Externe ist möglich, der OSV hat keinen automatischen Anspruch. Wir sind aber im Gespräch“, sagt Hettwer. Die Geräte aus dem Medi-Terrain kauft übrigens Sportsfreund. Die Firma hat ein Schreiben an die Mitglieder der Tochtergesellschaft des Sportvereins verfasst, bezeichnet sich in dem Dokument als „neuer Vereinspartner und Nachfolger“. Für kommenden Sonnabend und Sonnabend lädt sie zum Kennenlernwochenende, unterbreitet den Medi-Terrain-Mitgliedern ein sogenanntes Willkommensangebot. Diese können bei Sportsfreund bis 31. Dezember kostenlos trainieren und sparen bei einem Beitritt die Aufnahmegebühr in Höhe von 39,99 Euro.