Ahrensburg. Fußballfelder sind so marode, dass die Sperrung droht. Doch der Ausbau der Fernwärme in der Innenstadt könnte die Sanierung verzögern.
Was hat Priorität: Klimaschutz oder Sport? Auf diese Frage müssen Ahrensburgs Kommunalpolitiker zeitnah eine Antwort finden. Grund ist die dringend notwendige Sanierung der Kunstrasenfelder auf dem Stormarnplatz, die in der zweiten Jahreshälfte beginnen soll.
Doch wie sich jetzt herausgestellt hat, kollidiert der Zeitplan mit einem anderen Projekt, dem ebenfalls große Wichtigkeit zugemessen wird: dem Ausbau des Fernwärmenetzes durch die Stadtwerke, der Voraussetzung ist, um das selbst gesteckte Ziel der Klimaneutralität bis 2040 zu erreichen. Bildungs-, Kultur- und Sportausschuss sowie Umweltausschuss sind am Donnerstagabend zu einer gemeinsamen Sondersitzung zusammengekommen.
Stormarnplatz Ahrensburg: Fernwärmeausbau kommt Sanierungsplänen in die Quere
Ahrensburg stellt zurzeit gemeinsam mit einem externen Fachbüro die kommunale Wärmeplanung für die Stadt auf. Ein wichtiger Baustein in dem Konzept ist der Ausbau der Fernwärme. Die Stadtwerke betreiben bereits drei Netze an der Bogenstraße, der Otto-Siege-Straße und dem Ahrensburger Kamp, die rund 300 Haushalte versorgen. Bis 2026 soll ein weiteres im Reeshoop-Viertel entstehen.
Mittelfristig ist zudem der Bau eines Fernwärmenetzes für das Innenstadtgebiet geplant, das neben Privathaushalten und Gewerbebetrieben auch die Liegenschaften der Stadt, darunter Rathaus, Stadtbücherei und Peter-Rantzau-Haus, versorgen soll. Eine Machbarkeitsstudie ist bei den Stadtwerken in Vorbereitung.
Stormarnplatz wäre laut Experten erforderlich, um Wärmenetz zu realisieren
„Aufgrund des Platzbedarfs bieten sich Einzellösungen wie Wärmepumpen in der Innenstadt mit ihrem hohen Bebauungs- und Verdichtungsgrad nicht an“, erläuterte Ahrensburgs Klimaschutzmanagerin Stefanie Kubitza. Im Wesentlichen komme deshalb nur Geothermie infrage.
Hier gebe es verschiedene Varianten mit unterschiedlichen Bohrtiefen. Allen gemeinsam sei aber, dass Flächen benötigt würden, auf denen die Erdsonden eingebracht werden, welche die Wärme liefern. Städtische Grundstücke, die dafür groß genug sind, besitzt Ahrensburg im Zentrum aber kaum. Die Alte Reitbahn und den Lindenhof hat die Stadt zur Bebauung verkauft. Bleibt der Stormarnplatz. „Nach Einschätzung des Fachplaners wäre die Erdwärme vom Stormarnplatz in jedem Fall erforderlich, um das Wärmenetz Innenstadt zu realisieren“, sagt Kubitza.
Experten kommen bei Untersuchung der Kunstrasenfelder zu alarmierendem Ergebnis
Die beiden Fußballfelder im westlichen Bereich (Platz 2 und 3) werden von der Fußballabteilung des Ahrensburger TSV (556 Mitglieder) und den Vereinen Roter Stern Kickers (136 Mitglieder) und FC Ahrensburg (70 Mitglieder) genutzt. In der Woche trainieren rund 30 Gruppen auf der Anlage, außerdem tragen die Fußballer dort am Wochenende ihre Punktspiele aus. Der frühere Rasenplatz im östlichen Bereich (Platz 1) wird derzeit als provisorischer Parkplatz genutzt. Nach der Fertigstellung des neuen Edeka-Marktes auf der benachbarten Alten Reitbahn soll dort ein urbaner Park entstehen.
Beide Kunstrasenfelder sind marode. Im vergangenen Jahr hatte die Verwaltung die Plätze von zwei Fachbüros untersuchen lassen. Das Ergebnis war alarmierend: Werden die beiden Fußballfelder im Stadtzentrum nicht zeitnah erneuert, drohe eine Sperrung für den Trainings- und Punktspielbetrieb, heißt es aus dem Rathaus.
Beide Spielfelder sollen bis 2026 nacheinander saniert werden
Politik und Verwaltung drücken deshalb bei der Sanierung aufs Tempo. Der Plan sieht vor, zunächst den westlichen der beiden Plätze, der 2006 in Kunstrasen umgewandelt worden war, zu erneuern. Sowohl der Belag als auch die Tragschicht darunter weisen starke Schäden auf.
Die Planungen sollen in der zweiten Jahreshälfte starten, die Sanierung im Sommer 2025 abgeschlossen werden. Die Kosten liegen bei etwa 1,12 Millionen Euro. Die Sportler sollen so lange weiterhin das östliche, zwei Jahre jüngere Feld (Platz 2) nutzen. Dieses wird im Anschluss bis 2026 erneuert. Hier ist die Tragschicht laut Gutachtern so weit intakt, dass lediglich der Kunstrasenteppich ausgetauscht werden muss.
Um die Erdsonden zu installieren, musste der Platz wieder aufgerissen werden
Der neue Belag hat laut Verwaltung eine Lebensdauer von etwa 15 Jahren, die Tragschicht sogar von 30 Jahren. Das Problem: Um die Erdsonden in 100 bis 150 Metern Tiefe zu installieren, müssten die Plätze wieder aufgerissen werden. Sinnvoll wäre deshalb ein Einbau der Sonden im Zuge der Sanierung.
Doch die Stadtwerke, die aktuell noch mit dem im Mai startenden Bau des Wärmenetzes Reeshoop beschäftigt sind, wollen zunächst das Ergebnis der Machbarkeitsstudie abwarten. „Das würde bedeuten, dass eine Sanierung der Fußballfelder erst 2027 oder 2028 erfolgen könnte“, so Kubitza.
Landschaftsarchitekt sieht hohe Unfallgefahr für Sportler und warnt vor Verschiebung
Es ist aber mehr als fraglich, ob die Plätze noch so lange bespielbar bleiben. Landschaftsarchitekt Arne Siller, der die Felder für die Verwaltung untersucht hat, warnte vor einer Verschiebung. Schon jetzt sei die Unfallgefahr für die Sportler hoch. „Ich brauche im Belag einen sicheren Halt. Den habe ich im vollen Lauf nicht“, so Siller.
Durch Abnutzung seien von der ursprünglichen Faserlänge des Kunstrasens von 35 bis 38 Millimetern stellenweise nur noch 15 übrig. Außerdem öffneten sich immer wieder Nähte zwischen den Teppichbahnen, teilweise seien die Spalten bis zu drei Zentimeter breit.
Werden die neuen Plätze schon vorzeitig wieder aufgerissen?
Auch der Vorsitzende des Ahrensburger TSV, Jürgen Westphal, sieht keinen Spielraum für eine Verschiebung. „Wir haben bereits Probleme mit Schiedsrichtern, die wegen der Verletzungsgefahr Bedenken haben, die Parteien anzupfeifen“, sagte er.
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Bliebe es beim bisherigen Zeitplan, hätten Ahrensburgs Politiker zwei Optionen. Entweder lassen sie die neuen Plätze bereits vor Ende ihrer Lebensdauer wieder aufreißen, um die Erdsonden zu installieren. Der vorzeitige Abriss eines intakten Kunstrasenfeldes sei dem Steuerzahler aber schwer vermittelbar, warnte der SPD-Fraktionsvorsitzende Béla Randschau und sprach sich klar gegen diese Variante aus. Vertreter der übrigen Fraktionen sahen das ähnlich.
Fernwärmenetz könnte erst in frühenstens 15 Jahren realisiert werden
Option zwei: Das Fernwärmenetz muss warten, mindestens die 15 Jahre bis zum Ende der Lebensdauer der neuen Kunstrasenplätze, eher sogar 30 Jahre, bis auch die Tragschicht erneuert werden muss. Das wiederum könnte die Klimaziele der Stadt in Gefahr bringen.
Randschau sprach sodann auch von einer „fast schon tragischen Situation“. Christian Schmidt (Grüne), stellvertretender Vorsitzender des Umweltausschusses, sieht das Dilemma als Beispiel für „eine Situation, in der wir mit dem Klimaschutz viel zu spät angefangen haben“.
Politiker kritisieren Versäumnisse und mangelnde Absprache im Rathaus
Der Grünen-Politiker sagt: „Hätten wir uns schon vor drei oder vier Jahren Gedanken über das Thema Wärme gemacht, wären wir jetzt nicht in dieser Lage.“ Burkhart Bertram (CDU) kritisierte eine mangelhafte Abstimmung zwischen den verschiedenen Fachabteilungen im Rathaus. „Projekte müssen künftig besser koordiniert werden“, forderte er.
In allen Fraktionen war am Ende die Tendenz zu erkennen, am bisherigen Zeitplan für die Sanierung der Kunstrasenfelder festzuhalten, auch wenn eine Realisierung des Fernwärmenetzes damit in weite Fern rückt. Dieses Vorgehen empfiehlt auch die Verwaltung. Eine endgültige Entscheidung gab es noch nicht.
CDU und Grüne wollen von Verwaltung zunächst Antworten auf Fragenkatalog
CDU und Grüne beantragten mit ihrer Mehrheit, dass das Rathaus zunächst bis zur nächsten Sitzung des Umweltausschusses im Juni einen umfangreichen Katalog mit acht Fragen zur Wärmeplanung beantworten soll, um mögliche, noch unbekannte Auswege aus dem Dilemma ausschließen zu können. Bis dahin soll die Ausschreibung der Platzsanierung gestoppt werden.