Aumühle. Die beiden Bilder sind auf spezielle Weise mit Geschichte Friedrichsruhs verbunden. Jetzt sind sie an ihrem Entstehungsort zu sehen.
Ein erfolgreiches Unternehmerpaar blickt von den Leinwänden, er im schwarzen Anzug mit Fliege, sie im dezent gemusterten Kleid mit Lesebrille am Kragen: So haben sich Emil und Dora Specht um das Jahr 1900 porträtieren lassen. Über einen weiten Umweg sind die Gemälde jetzt nach Aumühle zurückgekehrt. Die Kanadierinnen Stefanie Micksch-Donohoe und ihre Schwester Julie Micksch, Nachfahrinnen der Spechts, haben sie bei einem Besuch in Friedrichsruh der Otto-von-Bismarck-Stiftung geschenkt.
„Der Name Specht ist wie kein anderer mit der Geschichte Aumühles verbunden“, sagt Natalie Wohlleben vom Bismarck-Museum. „Emil Specht, 1846 in Friedrichsruh als Sohn des Gastronomen und Hotelbesitzers Heinrich Specht und dessen Frau Sophie geboren, kaufte Otto von Bismarck Anfang der 1890er-Jahre drei Wald- und Weideflächen ab. Ihre Flurnamen finden sich noch in den Straßennamen Oberförsterkoppel, Hofriedeallee und Alte Hege“, erzählt sie.
Zwei besondere Porträts kehren aus Kanada zurück nach Aumühle
Diese Flächen seien bis dahin von Bauern nach alten Rechten gemeinschaftlich genutzt worden. „Bismarck entschädigte sie finanziell, und Emil Specht startete mit einem großen Immobilienprojekt durch: 1891 gründete er im Gutsbezirk Friedrichsruh die private Villenkolonie Sachsenwald-Hofriede“, sagt Wohlleben. Die großzügigen Bauten auf parkähnlichen Grundstücken seien damals vor allem von Hamburger Kaufleuten erworben worden. Seit 1913 gehören sie zur Gemeinde Aumühle und prägen noch heute das Ortsbild.
„Mit Bismarck war Specht nicht nur unternehmerisch verbunden, sondern verehrte ihn auch politisch“, weiß die Expertin. So habe der Unternehmer den neuen Wasserturm 1901 als Bismarck-Turm einweihen lassen. Dem Vermögen der Spechts setzten dann allerdings Kriegszeit und Inflation empfindlich zu.
Nach dem Tod eines Specht-Nachfahren wurden die Gemälde nach Übersee verschifft
Von dieser schweren Zeit verraten die beiden Porträts noch nichts. Doch wie kamen die Bilder nach Kanada? Laut Micksch-Donohoe und Micksch waren mehrere Gemälde, Zeichnungen und andere Exponate, die mit der Familie und mit Bismarck verbunden sind, nach dem Tod eines Aumühler Specht-Nachfahren nach Übersee verschifft worden, um sie geschlossen zu bewahren.
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Zwei Generationen später haben die beiden Frauen zusammen mit ihrer dritten Schwester Annette nun für die ersten beiden Schätze aus diesem besonderen Nachlass bei der Otto-von-Bismarck-Stiftung einen dauerhaften Platz gefunden. „Wir hoffen, dass noch weitere dieser wertvollen Zeugnisse der Aumühler Geschichte ihren Weg zurück in die alte Heimat finden“, sagt Natalie Wohlleben vom Bismarck-Museum.
Die Porträts sind ab sofort im Historischen Bahnhof Friedrichsruh (Am Bahnhof 2, Veranstaltungsraum im ersten Stock) zu sehen. Der Eintritt ist frei.