Barsbüttel. Jugendwettbewerb in Barsbüttel wird zum totalen Reinfall. Die Enttäuschung ist entsprechend riesengroß. Und nun?
„Wir leben zusammen“ heißt ein von der Gemeinde Barsbüttel initiierter Jugendwettbewerb. Er soll dazu animieren, sich mit den demokratischen Grundwerten sowie aktuellen politischen Themen auseinanderzusetzen. Die Kommune lässt sich nicht lumpen, zahlt ein ordentliches Preisgeld: in der Summe 1000 Euro. Rund sieben Monate hatten Jungen und Mädchen Zeit, sich Gedanken zu machen und einen Aufsatz im Rathaus abzugeben. Das Projekt entpuppte sich als Reinfall. Lediglich ein 18-Jähriger aus dem Ortsteil Willinghusen machte mit. Er wird prämiert. Das geringe Interesse hat Auswirkungen auf die Gemeindekasse, wenn auch nur im begrenzten Maß: Barsbüttel wird einen Teil des ausgelobten Geldes behalten.
„Das ist sehr enttäuschend. Wahrscheinlich war das Format abschreckend. Heutzutage fällt es jungen Menschen wohl leichter, mit Videos oder Podcasts zu arbeiten, um Beiträge zu verfassen“, sagt Bürgermeister Thomas Schreitmüller, der Schirmherr des Wettbewerbs ist und der Jury angehört. Mitglieder des Gremiums sind auch Bürgervorsteher Henri Schmidt (CDU), Thorsten Schöß-Marquardt, Leiter der Erich-Kästner-Gemeinschaftsschule am Soltausredder, der Sozialpädagoge und Jugendpflegechef Mathias Lenzmeier, ein Vertreter der Bürgerstiftung, der Vorsitzende der Wirtschaftlichen Vereinigung sowie der Vorsitzende des Jugendbeirats.
Gemeinde will viel Geld verschenken – und wird es nicht los
Trotz der niederschmetternden Resonanz hält die Gemeinde an dem Projekt fest. Eine Budgeterhöhung wird es laut Schreitmüller im kommenden Jahr nicht geben. „Wir müssen es jugendfreundlicher gestalten, machen gerade einen Lernprozess durch“, sagt Jan Greve, Fachdienstleiter Bildung und Kultur. Er ist für den Wettbewerb zuständig und spricht sich genauso wie der Bürgermeister dafür aus, die Anforderungen zu novellieren. „Audios und Bewegtbild müssten zugelassen werden und kürzere Texte.“ Für Mai oder Juni ist ein Treffen der Jury geplant, bei dem man das Regelwerk ändert.
- Zu gut? Keiner tritt gegen diesen Bürgermeister an
- Schule in Barsbüttel verstärkt Videoüberwachung
- Gegen Flüchtlingsheim: Plötzlich fehlen Unterschriften
Bei der Premiere war das Thema „Junge Menschen und Ehrenamt – geht da was zusammen?“ vorgegeben, darüber hinaus Schriftgröße und die Länge des Aufsatzes: zehn Seiten. Teilnahmeberechtigt bei „Wir leben zusammen“ sind Kinder, Jugendliche und Heranwachsende im Alter von zwölf bis 21 Jahren. Sie müssen nicht in der Gemeinde wohnen. Auswärtige, die in Barsbüttel eine Schule besuchen, eine Ausbildung machen oder diese bereits abgeschlossen haben und für ein ortsansässiges Unternehmen arbeiten, waren ebenfalls angesprochen. Der Sieger wird mit 500 Euro belohnt. 300 sind für den Zweitplatzierten vorgesehen, 200 Euro gibt es für Rang drei.
Der Sieger ist Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr
Inhaltlich sollten die jungen Menschen eigene Erfahrungen im Ehrenamt beschreiben oder Vorschläge machen, welche Anreize geschaffen werden müssen, damit sich mehr Personen etwa in Vereinen sowie Verbänden engagieren. Den Hintergedanken bei der Auswahl des Themas formuliert Schreitmüller so: „Erstmal geht es darum, Interesse für das Gemeinwohl zu entwickeln und im zweiten Schritt, die jungen Menschen selbst für eine ehrenamtliche Tätigkeit zu begeistern.“ Der Sieger ist Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr, fungiert als Jugendgruppenleiter, darüber hinaus aktiv in der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG). Er besucht die Erich-Kästner-Gemeinschaftsschule. Mit seinem Aufsatz wäre er laut dem Bürgermeister auch im Fall von Konkurrenz wahrscheinlich ganz vorn gelandet.
Der Willinghusener wird im Ausschuss für Schule, Kultur, Jugend und Sport (SKS) im Mai für seinen schriftlichen Beitrag geehrt. „Die Jugendfeuerwehr ist ein Paradebeispiel dafür, wie man es schafft, Nachwuchs zu finden“, sagt Greve. Damit hat Barsbüttel jedoch kein Alleinstellungsmerkmal. Bei den Nachbarn in Glinde und Oststeinbek ist es genauso. Von solchem regen Zulauf träumen die meisten Parteien auf Ortsebene. „Wie andere haben auch wir Schwierigkeiten, junge Menschen für die Kommunalpolitik zu begeistern und sie vor allem zu halten“, sagt Barsbüttels Grünen-Fraktionsvorsitzende Angela Tsagkalidis. Das Mitwirken in Ausschüssen ist eine ehrenamtliche Sache. „Wir führen diese Altersgruppe jetzt durch Projekte an uns heran.“
Barsbüttel bewarb die Aktion auf interner Schulplattform
2023 organisierten die Grünen eine Veranstaltung zum Thema Photovoltaikanlagen. „Jugendliche haben Plakate mitgestaltet und bei der Organisation des Treffs geholfen“, berichtet Tsagkalidis. Solarenergie spielt eine große Rolle beim Klimaschutz. Und daran ist vor allem die junge Generation extrem interessiert, was nicht zuletzt durch die Bewegung Fridays for Future zum Ausdruck kommt.
Vielleicht wäre der Klimaschutz ein gutes Thema für den nächsten Jugendwettbewerb in Barsbüttel. „Es ist traurig, dass sich beim Ehrenamt nicht mehr Personen Gedanken gemacht haben“, sagt die Grünenchefin. Für das Projekt hat man in vielfältiger Weise geworben: auf der Homepage, mehrmals in der Gemeindezeitung, die an alle Haushalte verteilt wird, und auf Facebook. Laut Greve wurde zudem auf der internen Plattform der Gemeinschaftsschule auf die Aktion hingewiesen. An der Bildungseinrichtung mit Oberstufe lernen mehr als 1000 Jungen und Mädchen. „Ich hoffe, dass die mangelnde Beteiligung nur am falschen Format gelegen hat“, sagt der Fachdienstleiter. 2025 wird er es wissen.