Aumühle. Im Lokschuppen Aumühle erleben Eisenbahnfans Geschichte zum Anfassen. Auf einen Neuzugang sind die Betreiber besonders stolz.

Claus Thiele hat viele Interessen: Square Dance, er geht ins Fitness-Studio, doch für eines brennt sein Herz: das Fahren von Dampflokomotiven. „Darüber gibt es nichts“, stellt er fest. Auch andere Lokomotiven zu fahren, zu rangieren und zu kuppeln oder Kinder über das Gelände des Aumühler Eisenbahnmuseums vom Verein Verkehrsamateure und Museumsbahn (VVM) zu führen, machen ihm Riesenspaß.

„Die Kinder kennen heute keine Schaffner mehr“, weiß das langjährige Mitglied. „Ich erkläre ihnen, dass früher nicht nur jemand vorn die Bahn gesteuert hat, sondern dass noch jemand mitgefahren ist, der die Fahrkarten verkauft hat.“ Zwei- bis dreimal im Monat kommen Gruppen aus Kindergärten oder Grundschulen, lernen über die Zeit, als das Auto noch nicht das Verkehrsmittel Nummer eins war.

Lokschuppen Aumühle: Aktionstag am Ostermontag

Über das Bewegen der etwa 40 Waggons und Loks erzählt Thiele fröhlich: „Wir spielen hier Modelleisenbahn mit Fahrzeugen im Maßstab 1:1.“ Das Rangieren und Kuppeln der Originalwaggons hält ihn und seine Mitstreiter nicht nur fit, es ist auch schwere Arbeit. Das Wissen um das Eisenbahnwesen halten im alten Lokschuppen Aumühle, vermutlich 1906 von der preußischen Staatsbahn erbaut, eine Handvoll Ehrenamtliche lebendig.

Und dann gibt es traditionell ab Ostermontag die Familientage. Am 1. April ist im Sachsenwald eine Menge los: Die Gäste können nicht nur in die historischen Lokomotiven und Waggons hineinklettern und alles anschauen und anfassen, sondern auch mit der Feldbahn und auf der Handhebeldraisine mitfahren. „Wir haben außerdem eine neue Lok, die ,Breuer Lokomotor‘“, erzählt Thiele. „Die ist etwas ganz Besonderes, wir wollen sie wieder fit machen.“

Dieses Jahr wird die Dampflokomotive herausgeholt

Das Museum habe dieses Rangiergerät (Baujahr 1954) durch die Schenkung eines Vereinsmitglieds erhalten. „Wir mussten nur den Transport bezahlen“, berichtet Claus Thiele. Die Speziallok sei eigentlich zu leicht, um Waggons zu ziehen. „Die Reibung auf den Schienen würde nicht ausreichen“, erläutert der 76-Jährige. „Der geniale Trick ist, dass ein Stempel unter den Waggon geschoben wird, sodass sich sein Gewicht auf die Lok überträgt.“ Dadurch sei die verhältnismäßig kleine Breuer in der Lage, den Güterwagen zu bewegen.

Claus Thiele erläutert die neue „Breuer Lokomotor“, die auch am Aktionstag zu bewundern ist.
Claus Thiele erläutert die neue „Breuer Lokomotor“, die auch am Aktionstag zu bewundern ist. © Susanne Tamm | Susanne Tamm

Zusätzlich zu den Aktionstagen am 5. Mai, am 3. Oktober und am 3. November, an denen Besucher auch die Schienensäge ausprobieren oder die Ausstellung „Wiederaufbau – Der Hamburger Nahverkehr zwischen Stunde Null und Verkehrsverbund“ mit vielen historischen Fotos und Bildern anschauen können, planen die Eisenbahnenthusiasten auch gelegentliche Dampflok-Tage. „Dann wollen wir auch die Dampflokomotive 75 634 für die Fotografen ins Freie ziehen“, sagt Claus Thiele. „Ein Experte wird die Lok erklären. Allerdings stehen die Daten noch nicht fest.“

Viele Aktive waren zuerst Modelleisenbahner

Die Fotoausstellung hat Vereinsarchivar Rainer Dodt zusammengestellt. Material gibt es aus vielen Nachlässen älterer Eisenbahnfreunde. „Darunter gibt es immer wieder Schätze. Beispielsweise ein Foto genau des Waggons, der hinter unserem Ausstellungswagen steht, während der Fahrt durch die Stadt“, erzählt der Archivar. „Aber all diese Bilder, Fotografien, Skizzen und Dokumente wären nichts wert, wenn man sie nicht auch nutzt und zeigt.“ Eine Einstellung, die viele Eisenbahn-Fans teilen.

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„Früher sind viele von uns über die Liebe zur Modelleisenbahn beim Lokschuppen gelandet“, erzählt Claus Thiele. „Bei mir war das so ein Vater-Sohn-Ding.“ Auch Vereins-Vize Clemens Hasselmeier ist es so ergangen oder Familie Kröncke aus Zeven, die auf dem Weg in den Urlaub gerade einen Abstecher zum Lokschuppen macht. „Wir suchen unsere Urlaubsziele schon danach aus, wo man auch Eisenbahnen anschauen kann“, sagt Christian Kröncke, der mittlerweile auch seine Frau Michaela und Tochter Carolin „infiziert“ hat.

Lokschuppen Aumühle: Familientage sollen Begeisterung wecken

„Für uns ist es wichtig, über die Familientage neue, junge Interessenten zu werben“, sagt Thiele.„Wenn jugendliche Gäste Begeisterung zeigen, fragen wir nach, ob sie uns nicht häufiger besuchen und mithelfen wollen.“ Dann dürften Zwölfjährige schon mal an der Feldbahn assistieren, eine Strecke absperren oder eine Weiche stellen. Und wenn die Besucher dann weg seien, dürften sie die Feldbahn auch mal fahren.

„Wir haben jetzt zwei 23-Jährige, die sich zwei Wochen Urlaub genommen haben, um eine Weiche zu reparieren“, erzählt Thiele. „Sie sind jeden Tag hier, tauschen die maroden Schwellen gegen neue aus Eichenholz aus.“ Ostermontag wollen sie fertig sein. Eintritt 3, für Kinder 1 Euro. Geöffnet ist von 11 bis 17 Uhr. Anfahrt am besten mit der S2 bis Aumühle. Von der Straße Am Mühlenteich ist es ein kurzer Fußweg vorbei am Reitstall Bliß. Parkplätze gibt es am S-Bahnhof oder für 1 Euro pro Stunde am Restaurant Waldesruh (Am Mühlenteich).