Barsbüttel. Mitarbeiter ziehen binnen fünf Tagen ein. Bau wurde um 30 Prozent vergrößert. Projekt kostet rund zehn Millionen Euro.
Anke Stiefenhofer ist an diesem Morgen früh unterwegs – mit einer Kunststoff-Rollbox, die sie von ihrem jetzt ausgeräumten Büro in einem dreigeschossigen Gebäude ins gegenüberliegende Barsbütteler Rathaus schiebt. Darin befinden sich Kartons. Die 57-Jährige, Fachbereichsleiterin Zentrale Dienste und Bürgerbüro, zieht wie 54 Kollegen zurück ins sanierte und erweiterte Verwaltungsgebäude – und das im Eiltempo.
Binnen fünf Tagen und somit bis Freitag sollen sich die Gemeindemitarbeiter eingerichtet haben. Die Arbeiten an dem Gebäude hatten im Mai 2018 begonnen, in den Wochen zuvor wurden die Beschäftigten in anderen Räumen untergebracht. Das Projekt kostet rund zehn Millionen Euro.
Eine Dachheizung hilft bei massivem Schneefall
Stiefenhofer sitzt künftig zwei Etagen höher als früher, hat eine noch bessere Sicht auf die umliegenden Straßen. Sie könnte den Transport ihres Inventars auch den Mitarbeitern des Umzugsunternehmens überlassen, will davon aber nichts wissen und sagt: „Ich breche mir dabei ja keinen Zacken aus der Krone.“ Bereits am Abend soll ihr Büro so eingerichtet sein, dass alles funktioniert, also auch der Computer. Am kommenden Montag ist Stiefenhofer, die im Barsbütteler Rathaus ausgebildet wurde und seit 40 Jahren für die Gemeinde arbeitet, wieder persönlich für Publikum erreichbar. In ihrem Ersatzbüro hat sie sich nicht unwohl gefühlt, eines jedoch stark vermisst: „Die Treppenkommunikation ist über die ganzen Monate auf der Strecke geblieben.“ Durch die Unterbringung an verschiedenen Standorten habe sie Kollegen eine lange Zeit nicht gesehen. Neben Räumen in Häusern hatte Barsbüttel auch Container gemietet, die auf dem Stiefenhoferplatz stehen und im Oktober abgebaut werden. Das Areal ist nach dem Opa der Fachbereichsleiterin benannt. Hans Stiefenhofer war von 1946 bis 1948 und von 1955 bis 1962 ehrenamtlicher Bürgermeister der Kommune im Süden Stormarns.
Im und am Gebäude sind noch kleinere Restarbeiten zu erledigen, die den Betrieb nicht einschränken. Womöglich schafft es Handwerker Rolf Timm (60) noch in dieser Woche, die Dachheizung zu installieren. Sie wirkt bei massivem Schneefall im Winter. Außerdem wird in Kürze auf die Außenhaut der Fassade eine durchsichtige Graffitischutzschicht angebracht. Vor dem Rathaus ist einiges zu tun, vom Parkplatz noch nichts zu erkennen. Auf der Fläche schippt ein Bagger gerade Sand. Und in dem Bereich zur Hauptstraße ist der Gehweg sporadisch auf die Fahrbahn verlegt, weil die Bushaltestelle barrierefrei gestaltet wird. Die Außenanlagen werden laut Bauamtsleiterin Rita Dux wohl erst im November hergestellt sein.
Rathaussaal wurde mit modernster Technik ausgestattet
Die 62 Jahre alte Führungskraft ist froh, wenn der Umzug beendet ist. Dux verantwortet das Projekt, sagt: „Zuletzt war es schon sehr stressig, wir hatten fast täglich irgendwelche Abnahmen, mussten viele Details beachten.“ Noch am Wochenende wurden Nummern an die Büros geklebt, damit die Umzugsfirma die Kisten richtig zuordnen kann und keine Zeit verliert. Dux zeigt den neuen Rathaussaal, der um 180 Grad gedreht wurde und in hellem Ambiente erscheint. Der braune Industrieparkettboden sieht schick aus. Unter ihm gibt es laut der Amtsleiterin eine „Gehörlosen-Schleife“. Das sei ein Draht, der Besuchern mit Hörgeräten einen besseren Empfang ermögliche.
An der Decke hängt ein Beamer. Der Raum ist mit moderner Medientechnik ausgestattet. Er fasst bis zu 200 Personen. Diese Auslastung ist allerdings erst möglich, wenn es einen Impfstoff gegen das Coronavirus gibt und Abstandsregeln wegfallen. Nach den Herbstferien sollen hier wieder die politischen Gremien tagen. Der Empfangsbereich des Rathaussaals mit seinem Tresen wirkt jetzt einladend. Die hohen Fensterfronten ermöglichen einen Lichteinfall, den es vorher so nicht gab. Und die Fliesen sind natürlich: hell.
Bürgerentscheide verhindern Neubau des Gebäudes
Das Rathaus hat jetzt 2920 Quadratmeter Fläche und ist damit rund 30 Prozent größer als vor der Erweiterung. Der zusätzliche Platz verteilt sich auf einen Anbau im Erdgeschoss, eine Aufstockung sowie einen Anbau über vier Etagen und ein zweites Treppenhaus, das im Fall eines Brandes ein zusätzlicher Fluchtweg ist. Der Fahrstuhl hält jetzt auf allen Ebenen. Er kann einen Rollstuhlfahrer samt Begleitperson transportieren.
Der gesamte Komplex ist mit Schallschutzdecken ausgestattet. Außen ist das Gebäude größtenteils in Weiß gehalten, wird durch anthrazitfarbene und rote Abschnitte ergänzt. Eigentlich sollte schon zu Ostern alles fertig sein. Doch beim Rückbau lief es nicht optimal. Und dann kam auch noch Corona hinzu. Firmen sind wegen der Pandemie mit weniger Mitarbeitern vor Ort gewesen als geplant, Teile der Außenfassade aus Italien wurden mit Verspätung geliefert.
Zukunft des Rathauses war lange Zeit ungewiss
Über die Zukunft des Rathauses wurde über Jahre gestritten, Bürgerentscheide durchkreuzten gleich zweimal Neubaupläne – einmal an einem anderen Standort. Zuerst stand dabei die Straße Am Akku im Fokus, wo Nahversorgungszentrum und Ärztehaus angesiedelt sind. Auch der Wochenmarkt ist vom Stiefenhoferplatz in die neue Ortsmitte gezogen. Im Juli 2017 herrschte Klarheit über die jetzt umgesetzte Rathaus-Variante.