Tremsbüttel. Die Privatklinik steht vor dem Aus. Bürgermeister Jörg Müller ist von der Nachricht nicht überrascht. Wie geht es weiter?
Fast auf den Tag genau ein Jahr nach der Eröffnung der Libermenta Klinik im Schloss Tremsbüttel wurde am 1. April das Insolvenzverfahren eröffnet. Wie berichtet, wurde für die Privatklinik Schloss Tremsbüttel GmbH als Teil der Libermenta Klinikgruppe unter dem Dach der BühlerHealthCare AG, am 30. Januar ein Insolvenzantrag gestellt. Jetzt ist das vorläufige Insolvenzverfahren beendet. Wie geht es weiter?
„Der Schritt erfolgt aufgrund finanzieller Herausforderungen, die eine wirtschaftliche Fortführung des Standortes nicht mehr ermöglichen“, sagt Sprecherin Karin Mainusch auf Nachfrage unserer Redaktion. Die Entscheidung sei bedauerlich, aber notwendig gewesen. Hohe laufende Kosten und inflationsbedingte Preissteigerungen haben laut Mainusch dazu geführt, dass die Privatklinik für psychisch Kranke nun womöglich vor dem Aus steht.
Luxus-Psychiatrie im Schloss Tremsbüttel vor dem Aus: Insolvenzverfahren eröffnet
Per Eröffnungsbeschluss des zuständigen Insolvenzgerichts Reinbek sei nun das Insolvenzverfahren eröffnet worden. „Die laufenden Gespräche mit etwaigen Kaufinteressenten werden davon unberührt fortgesetzt. Um alle Belange der Mitarbeiter und Gläubiger kümmert sich ab Eröffnungsbeschluss der vom Amtsgericht bestellte Insolvenzverwalter“, sagt die Sprecherin.
Die Privatklinik Schloss Tremsbüttel GmbH nahm im April 2023 als dritte Schlossklinik der Libermenta Klinikgruppe ihren Betrieb auf. Weitere psychiatrische Kliniken befinden sich in Gracht bei Köln und Freudental bei Stuttgart, ebenfalls in Schlössern. Die Entwicklung in Tremsbüttel habe laut Karin Mainusch keinen Einfluss auf die anderen Libermenta-Kliniken. Deren Betrieb laufe uneingeschränkt weiter.
Tremsbüttels Bürgermeister Jörg Müller bedauert die Insolvenz der Klinik
Tremsbüttels Bürgermeister Jörg Müller bedauert die Insolvenz der Klinik. Überrascht sei er von der Nachricht, von der er aus den Medien erfahren habe, aber nicht gewesen. „Was die Bautätigkeit anging, war ja schon längere Zeit nichts passiert“, sagt er. Für Erwerb, Renovierung und Umbau hatte die Wohninvest Holding GmbH einen zweistelligen Millionenbetrag in die Hand genommen. Das Schloss ist nach wie vor im Besitz der Holding, die ihren Sitz wie die BühlerHealthCare AG ebenfalls in Fellbach hat. Die Wohninvest Holding GmbH verpachtete das Gebäude für den Klinikbetrieb an die BühlerHealthCare AG, deren Hauptinvestor die Holding ist.
Als die Klinik vor rund einem Jahr ihren Betrieb aufnahm, waren die geplanten Baumaßnahmen noch nicht abgeschlossen. Zum Start sollte der Klinikbetrieb, so war damals der Plan, hauptsächlich im Hauptschloss, im Elb- und Friesenhaus sowie in den Außenanlagen stattfinden. Weitere Gebäude mit Patienten- und Therapiezimmern, darunter auch ein eingeschossiger Neubau, sollten eigentlich bis Herbst 2023 fertiggestellt werden. Daraus wurde offenbar nichts.
Wohninvest Holding GmbH hatte das Schloss der Familie Strathmann abgekauft
„Wir haben immer noch gehofft, dass es in irgendeiner Weise weitergeht und es nicht zur Insolvenz kommt“, sagt der Bürgermeister. „Es hat uns betroffen gemacht.“ Bedauerlich sei, dass nun wieder unklar sei, wie es mit dem Schlossgelände weitergehe. „Das Tremsbütteler Schloss hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Wir waren eigentlich froh gestimmt und zuversichtlich, dass es nach dem Eigentümerwechsel und der Renovierung ein gutes Ende nimmt und dass das alles von Dauer ist“, so Müller.
Die Wohninvest Holding GmbH hatte das Schloss der Hamburger Familie Strathmann abgekauft. Bis Sommer 2020 hatte das 1895 erbaute Herrenhaus ein Hotel beherbergt. Die renommierte Unterkunft war weit über die Grenzen Stormarns hinaus bekannt und wurde immer wieder von Prominenten als Bleibe gewählt. Sogar die Beatles übernachteten einst in Tremsbüttel. Die massiven Umsatzeinbußen während der Corona-Pandemie führten letztlich zum Aus des Traditionshotels und zum Verkauf an die Wohninvest Holding GmbH.
Gemeinde Tremsbüttel sei nicht über Insolvenz informiert worden
Aktuell stünden die Gemeinde Tremsbüttel und die BühlerHealthCare AG als Klinikbetreiberin laut Bürgermeister nicht miteinander im Austausch. „Wir haben überhaupt keine Informationen“, so Müller. Auch sei die Gemeinde nicht über die Insolvenz informiert worden. „Fragen tauchen auf. Ich werde auch immer wieder von Bürgerinnen und Bürgern gefragt, wie es da weitergeht. Dazu habe ich aber keine verlässlichen Informationen“, so der Bürgermeister.
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Nur so viel: „Wir wünschen, dass schnell eine Lösung gefunden wird und dass das, was dort angefangen wurde, zu Ende gebracht wird“, sagt Müller. Damit meint der Bürgermeister den Weiterbetrieb der Klinik. Ob das bedeute, dass die Klinik unter einem anderen Träger weitergeführt werde, müsse die Zeit zeigen. Aus seiner Sicht wäre es schon schön, wenn Bürgerinnen und Bürger wieder auf das Schlossgelände kommen würden. Das war zuletzt nicht mehr möglich. „Das steht aber an zweiter Stelle“, so Müller.
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Einige Tremsbütteler hätten ihm gegenüber immer wieder Bedauern darüber geäußert, dass Schloss und Garten wegen des Klinikbetriebes nicht mehr zugänglich seien. Müller: „Aber es ist nun einmal Privatgelände. Jeder Privatmann kann entscheiden, wen er auf seinen Besitz lässt. Das muss man akzeptieren. Es ist ein tolles Gelände, aber wir haben in der Umgebung auch viele andere Flächen, auf denen man spazieren gehen kann.“
Der Bürgermeister jedenfalls hofft, dass schnell ein Ausweg aus der Misere gefunden wird. „Ich wünsche mir, dass es nicht so kommt, dass dort lange nichts passiert, wie wir es ja schon mal hatten. Ich glaube aber, wegen der Investitionen, die da getätigt wurden, kann man es sich auch gar nicht leisten, das Schloss verfallen zu lassen.“ Eine andere Möglichkeit wäre laut Bürgermeister, dass die Gemeinde das Schloss kauft. Müller: „Aber das können wir uns derzeit nicht leisten.“