Barsbüttel. Zutaten, Know-how, Werbematerial: Tom Witt aus Barsbüttel liefert Komplettpaket an Restaurants – und bald vielleicht an die Bundeswehr.

Der Lastwagen mit den Lebensmitteln kommt an diesem Morgen gegen 10 Uhr. Tharwat Zahra, Filialleiter im Kiss-Imbiss am U-Bahnhof Legienstraße, schnappt sich drei große Beutel mit Hähnchenbruststücken im Kentucky-Fried-Chicken-Style und legt sie in den 400 Liter fassenden Gefrierschrank. Das ummantelte Fleisch landet später in der Friteuse und wird mit Pommes, Sweet Pepper Poppers oder Coleslaw per Lieferservice zu den Kunden gebracht. Die Bestellung an der Theke samt Verzehr im Geschäft ist nicht möglich. Der kleine Laden kooperiert mit dem Barsbütteler Tom Witt, dessen Unternehmen mit einem Fast-Food-Konzept gerade durchstartet und in Deutschland bereits 44 Verträge mit Gastronomie-Betrieben geschlossen hat.

Die Vorgehensweise ist simpel: Witt beliefert Restaurants mit Waren nach dem McDonald‘s-Prinzip. Es gibt eine festgelegte Speisekarte. Auch wird vorgegeben, wie das Essen zuzubereiten ist. Der Barsbütteler kümmert sich um die Registrierung bei Lieferportalen, regelt Marketingkampagnen etwa per Flyer und über Social Media. Verpackungsmaterialien lässt er den Partnern ebenso zukommen und stattet sie mit einem separaten Kassensystem aus. „Für den Imbiss oder das Lokal ist es ein Zusatzverdienst. So kann der Umsatz pro Jahr um bis zu 200.000 Euro gesteigert werden“, sagt der 49-Jährige.

McDonald‘s-Prinzip: Stormarner mischt Fast-Food-Branche auf

Er kooperiert mit diversen Bringdiensten, darunter Lieferando, Wolt & Uber Eats, Diliverect und TastyUrban. Je mehr Mahlzeiten diese an den Mann bringen, umso höher ist sein Einkommen. Witt hat das Unternehmen BirdieMen mit Sitz in Barsbüttel im August des vergangenen Jahres mit seinem Bekannten Parvis Nezami gegründet. Der 34-Jährige betreibt ein Sushi-Restaurant in Hamburg und hatte die Idee für das All-Inklusive-Projekt. Die beiden geschäftsführenden Gesellschafter haben drei Mitarbeiter. Inzwischen ist das zu wenig. „Wir brauchen drei weitere Kräfte, suchen Vertriebsprofis“, sagt Witt. Für Mitte kommenden Jahres rechnet er mit 200 Partnern, die seine Fast-Food-Gerichte in Friteuse und Kettentoaster zubereiten.

Filialleiter Tharwat Zahra (39) vor dem Kiss-Imbiss am U-Bahnhof Legienstraße. Der Laden ist Partner des Barsbütteler Unternehmens.
Filialleiter Tharwat Zahra (39) vor dem Kiss-Imbiss am U-Bahnhof Legienstraße. Der Laden ist Partner des Barsbütteler Unternehmens. © René Soukup | René Soukup

Sein Geschäftsmodell nennt er eine „abgewandelte Ghost Kitchen“. Geisterküchen sind Lokale ohne Gastraum. Gekocht wird zur Auslieferung. Einige bieten auch Mahlzeiten zum Mitnehmen an oder haben einen Drive-in. Der Trend kommt aus den USA und setzt sich auch in Europa immer mehr durch. Die Pandemie hat diesen Prozess beschleunigt. Witts Partnerbetriebe sind nicht verpflichtet, namhafte Lieferdienste zu nutzen. Sie können die Speisen auch mit eigenem Personal befördern.

Fischrestaurant Finkenwerder Landungsbrücke kooperiert mit Witt

Seine Kundschaft sitzt zum Beispiel in München, Stuttgart, Ulm, Dresden, Frankfurt am Main, Offenbach, Winsen, Lübeck, Rendsburg, Bremen und Hamburg. In Stormarn hat noch kein Lokal von Möglichkeit Gebrauch gemacht, sich ein zweites Standbein zu schaffen mit Witts Produkten. Im Gegensatz zum Fischrestaurant Finkenwerder Landungsbrücke. Der Betreiber hatte mit dem Fried-Chicken-Konzept angefangen und nimmt laut Witt jetzt auch die Burger mit ins Programm. Der Barsbütteler bietet vier Menükarten an, neben Hähnchen und Sandwich mit Fleisch oder vegetarischem Ersatz gibt es eine asiatische und mexikanische.

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Restaurants, die mit ihm einen Kontrakt abschließen, erhalten ein Handbuch. Darin ist detailliert beschrieben, wie die Speisen zubereitet werden. Beispiele: Das Hähnchen-Sandwich wird von unten mit einer Scheibe Käse bedeckt. Darüber kommen 20 Gramm Soße, 40 Gramm geschnittener Salat, drei Stücke Fleisch, fünf Scheiben Gewürzgurken und wiederum 20 Gramm Soße. Pommes werden in der Fritteuse bei 165 Grad drei Minuten erhitzt, danach in einer Schüssel mit einer Paprikamischung gewürzt. Zu den jeweiligen Menüs ist die passende Verpackung skizziert. Man kann eigentlich nichts falsch machen.

Der Barsbütteler führte rund zehn Jahre eine Eventagentur

Trotzdem fahren Witt und seine Mitarbeiter in die Lokale und briefen die Kräfte. „Wichtig ist uns dabei auch, dass die Hygieneregeln eingehalten werden“, sagt der Barsbütteler. Das auf Lieferservice basierte Konzept werde aufgeweicht. Der Unternehmer ist derzeit in Gesprächen mit zwei Hamburger Berufsschulen. Diese haben Interesse an einer Zusammenarbeit, würden das Fast Food in der Mensa herrichten und vor Ort verkaufen. Genauso könnte es mit der Bundeswehr laufen. In dieser Woche hat Witt einen Termin in einer Kaserne in Wilhelmshaven.

Der Kiss-Imbiss bietet Pizzen an für den Verzehr im Geschäft. Fast-Food-Produkte von BirdieMen werden Kunden ausschließlich geliefert.
Der Kiss-Imbiss bietet Pizzen an für den Verzehr im Geschäft. Fast-Food-Produkte von BirdieMen werden Kunden ausschließlich geliefert. © René Soukup | René Soukup

Auch im Kiss mit seinen zwölf Sitzplätzen, vier davon auf Barhockern, ist ein Verzehr der frittierten Sachen im Imbiss angedacht. Aber erst, wenn wieder mehr Menschen den U-Bahnhof passieren. Seit Mai 2023 und noch für wenige Wochen ist die Strecke zwischen den Haltestellen Rauhes Haus und Legienstraße wegen Bauarbeiten gesperrt. Zahra sagt, das mache sich natürlich beim Umsatz bemerkbar. Der Filialleiter und seine Kollegen backen Pizzen, die in dem Geschäft gegessen werden können. An diesem Morgen ist die Auslage mit neun voluminösen Teilen gefüllt. Täglich können Kunden auch nichtalkoholische Getränke, Brötchen und zum Beispiel Tabakwaren kaufen. Die BirdieMen-Produkte werden von hier ab 11 Uhr geliefert.

Die Gastronomie ist für Witt kein Neuland. Mit einem Partner hatte er rund zehn Jahre die Agentur IWM events betrieben. Das Spektrum umfasste Cocktailcatering auf diversen Messen sowie bei der Kitesurf-Trophy in St. Peter-Ording, Büsum, Husum und Warnemünde. Man war Mitveranstalter bei Weihnachtsmärkten etwa in Bochum und Mölln. Bei der Kieler Woche baute die Firma eine rund 2000 Quadratmeter große Piratenwelt samt Bühne für Konzerte nahe dem Rathaus. Kerngeschäft war der Verkauf von Getränken. Die Pandemie setzte der Agentur arg zu. Danach kam sie nicht wirklich wieder auf die Beine. Deshalb orientierte sich Witt, der zugleich Bandleader der Gruppe Coverpiraten ist, um und gründete ein neues Unternehmen. Er sagt, das Wachstum sei momentan unfassbar. Kalkuliert hatte der Selbstständige mit rund 25 Partnerschaften zum jetzigen Zeitpunkt.