Großhansdorf. Genossenschaft soll laut Vertrag 112 Wohnungen an Sieker Landstraße in Großhansdorf bauen. Doch es herrscht seit Jahren Stillstand.
Im Streit zwischen der Gemeinde Großhansdorf und der Neuen Lübecker über den Bau von 112 Wohnungen an der Sieker Landstraße gibt es weiterhin keine Einigung. Eine vertraglich vereinbarte Frist, wonach die Genossenschaft bis spätestens Anfang April hätte mit den Bauarbeiten starten müssen, ließ sie verstreichen.
Stattdessen gewähren Großhansdorfs Kommunalpolitiker der Neuen Lübecker mehr Zeit. Bei einer gemeinsamen Sondersitzung des Hauptausschusses und des Bau- und Umweltausschusses stimmten sie einer Fristverlängerung um sechs Monate bis zum 1. Oktober zu.
Streit um Neubau von 112 Wohnungen in Großhansdorf: Neue Lübecker lässt Frist verstreichen
In der Sitzung, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand, waren auch Vertreter der Baugenossenschaft anwesend. Nach Angaben einer Sprecherin stellten sie den Kommunalpolitikern zwei neue Konzepte vor, wie sich das Projekt realisieren ließe. Was diese beinhalten, dazu macht das Unternehmen keine Angaben und verweist auf die nächste Sitzung des Bau- und Umweltausschusses am 2. Mai. Bis dahin sollen die Fraktionen über die Vorschläge beraten und anschließend eine Entscheidung treffen. Dem wolle man nicht vorgreifen, so die Sprecherin.
Das Wohnbauprojekt an der Sieker Landstraße sorgt bereits seit mehreren Jahren für Streit zwischen der Gemeinde und der Neuen Lübecker. Ende 2019 hatte Großhansdorf die beiden bis dahin gemeindeeigenen Grundstücke in bester Lage, unweit des Schulzentrums im Ortsteil Schmalenbeck, für 1,4 Millionen Euro an die Genossenschaft verkauft. Zuvor waren sie per Erbpacht an das Unternehmen vergeben.
Geplant waren 112 Wohnungen an der Sieker Landstraße, darunter 23 Sozialwohnungen
Die Neue Lübecker wollte 112 Wohnungen errichten, darunter 23 Sozialwohnungen. Die Neubauten sollen die sechs zweigeschossigen Mehrfamilienhäuser aus dem Jahr 1951 ersetzen. Die Gebäude sind marode, eine Sanierung wäre laut der Neuen Lübecker unwirtschaftlich.
Im Zuge des Verkaufs schloss die Neue Lübecker im Oktober 2019 mit der Gemeinde einen städtebaulichen Vertrag, der Regelungen zur Ausgestaltung und zum Zeitplan des Vorhabens trifft. So ist die Genossenschaft verpflichtet, innerhalb von 24 Monaten nach Erteilung der Baugenehmigung mit dem Bau zu beginnen und die neuen Wohnungen binnen 36 Monaten fertigzustellen. Im Gegenzug schuf die Gemeinde mit einer Änderung des Bebauungsplans mit der Nummer 40 die planerischen Voraussetzungen für das Vorhaben.
Seit Abriss der ersten drei Gebäude in der ersten Jahreshälfte 2022 herrscht Stillstand
Die neuen Häuser sollen mit drei Vollgeschossen plus Staffelgeschoss höher werden als die alten. Dadurch soll die Zahl der Wohnungen um 60 Prozent von 70 auf 112 steigen. Die angespannte Parkplatzsituation mit bislang nur 17 oberirdischen Stellplätzen soll durch den Bau von zwei Tiefgaragen, die zusammen Platz für 100 Autos bieten, entschärft werden.
Das Projekt sollte in zwei Abschnitten umgesetzt werden: Zunächst sollten die drei Gebäude mit den Hausnummern 203 bis 211 rechts der Zufahrt zum Schulzentrum ersetzt werden, anschließend die Nummern 187 bis 197 links davon. Erstere hat die Genossenschaft bereits in der ersten Jahreshälfte 2022 abreißen lassen. Doch seitdem herrscht Stillstand.
Neue Lübecker begründet Stopp mit der extremen Steigerung der Baukosten
Als Grund nannte die Neue Lübecker im April 2023 auf Anfrage die Baukostenentwicklung. „Der Umsetzung des Projektes stehen die nach wie vor extrem hohen Baukosten entgegen, bedingt durch unverändert hohe Materialpreise, aber auch überdurchschnittlich gestiegene Lohnkosten und die allgemeine Zinsentwicklung“, sagte Uwe Heimbürge, Technischer Vorstand bei der Neuen Lübecker. Deshalb habe sich der Baubeginn im Herbst 2022 nicht realisieren lassen.
Mehr aus Stormarn
- Statistik: Senioren immer häufiger schuld an Unfällen
- Nebel und Farbe schützen Geldautomaten vor Sprengung
- Impfnachweise gefälscht: Prozess wegen Cannabisgesetz geplatzt
Ursprünglich hatte die Genossenschaft mit einem Investitionsvolumen von 25 bis 30 Millionen Euro geplant. Eine neue Schätzung sei aufgrund der Lage in der Baubranche nicht möglich, so Heimbürge. „In Absprache mit der Gemeinde pausieren wir das Projekt vorerst“, sagte der Vorstand, der sich gleichzeitig bemühte zu versichern, dass man an dem Vorhaben grundsätzlich festhalte. „Uns liegt dieses Projekt am Herzen und wir sind bestrebt, den Ersatzneubau zeitnah umzusetzen“, sagte er.
Die Genossenschaft will höher bauen und auf Tiefgarage verzichten
Bis heute ist daraus allerdings nichts geworden. Die Neue Lübecker war vor einem Jahr mit dem Wunsch an die Gemeinde herangetreten, Änderungen an den Bauvorgaben vorzunehmen, um das Projekt wirtschaftlich umsetzen zu können. Konkret hatte die Genossenschaft vorgeschlagen, die Gebäude um eine zusätzliche Etage mit weiteren Wohnungen zu erweitern und auf eine der beiden Tiefgaragen zu verzichten.
Während SPD und FDP sich gesprächsbereit zeigten, lehnten CDU und Grüne, die zusammen eine Mehrheit in Großhansdorf haben, Änderungen ab. Sie befürchten negative Auswirkungen auf das Ortsbild durch höhere Gebäude und verweisen auf die ohnehin schon angespannte Parkplatzsituation an der Sieker Landstraße.
Gemeinde hätte kaum juristische Möglichkeiten, die Frist durchzusetzen
Wie unter diesen Voraussetzungen ein Kompromiss aussehen könnte, ist unklar. Mit der Fristverlängerung signalisieren die Kommunalpolitiker nun immerhin Entgegenkommen. Allerdings habe man ohnehin kaum eine andere Wahl gehabt, heißt es aus den Fraktionen. Denn der Vertrag mit der Neuen Lübecker sehe keine Sanktionsmöglichkeiten bei Nichteinhaltung der Fristen vor. Ohnehin wolle man keinen langwierigen Rechtsstreit beginnen, sondern lieber nach Lösungen suchen, wie der dringend benötigte Wohnraum zeitnah geschaffen werden kann.