Großhansdorf. Gemeinde zahlte für Unterbringung der 111 Tiere aus einem Haus. Nun bittet sie die Halterin mit rechtlichen Mitteln zur Kasse.
Der Fall sorgte im August 2019 für Schlagzeilen: Polizei, Feuerwehr, Veterinäramt und Mitarbeiter mehrerer Tierheime retteten 111 Katzen aus einem vollkommen verdreckten Haus in Großhansdorf. In Müll, Kot und Urin sollen die Tiere jahrelang in dem Messie-Haus an der Sieker Landstraße gelebt haben.
Viele von ihnen waren aufgrund mangelnder Versorgung schwer erkrankt, einige mussten eingeschläfert werden. Später berichteten Zeugen vor Gericht von Kadavern, die im Garten verscharrt gewesen seien, und von Katzen, die mangels Nahrung ihre toten Artgenossen gefressen hätten.
Katzen aus Messie-Haus: Großhansdorf fordert von Halterinnen 131.000 Euro zurück
Die Gemeinde sprach ein Tierhaltungsverbot gegen eine damals 75-Jährige und ihre 52 Jahre alte Tochter aus. Die ältere der beiden Frauen war Eigentümerin des Hauses und hatte dort auf 235 Quadratmetern mit den Katzen gelebt. Die Behörden sprachen von einem außergewöhnlichen Fall von „Animal Hording“.
In den Monaten nach der Rettung der Katzen zahlte Großhansdorf für die Unterbringung und Versorgung in verschiedenen Tierheimen. Die Kosten für Futter, Pflege und tierärztliche Behandlungen summierten sich auf rund 131.000 Euro. Dieses Geld möchte sich die Gemeinde nun von den Frauen zurückholen.
Die Mutter und Bewohnerin des Hauses ist inzwischen gestorben
„Der Kostenbescheid ist der Tochter im Dezember des vergangenen Jahres zugegangen“, sagt Arne Müller, der den Fall im Großhansdorfer Ordnungsamt bearbeitet. Die Mutter sei im Frühjahr 2022 gestorben und könne deshalb nicht mehr belangt werden. Allerdings habe die Tochter das Erbe angetreten, weshalb sie nun für die volle Summe aufkommen müsse.
„Gegen den Kostenbescheid erfolgte kein Widerspruch, weshalb er inzwischen rechtskräftig ist“, sagt Müller. Bezahlt worden sei die Rechnung bislang aber nicht. Die Gemeinde möchte ihre Forderung deshalb jetzt auf anderem Weg durchsetzen.
Gemeinde hat beim Amtsgericht Eintragung einer Grundschuld beantragt
„Wir sehen, wie wir das Geld bekommen, und haben entsprechende Maßnahmen bereits eingeleitet“, sagt Müller. Konkret habe die Verwaltung beim Amtsgericht Ahrensburg die Eintragung einer Grundschuld auf das Grundstück in Großhansdorf beantragt, welches die Frau von ihrer Mutter geerbt habe. Das Verfahren laufe.
„Das bedeutet, dass die Forderungen der Gemeinde aus dem Verkaufserlös beglichen werden, wenn die Immobilie irgendwann veräußert wird“, so Müller. Da das Grundstück unter Berücksichtigung der aktuellen Quadratmeterpreise in Großhansdorf mehr wert sei als die geforderten 131.000 Euro, sei die Verwaltung sicher, dass die Gemeinde am Ende auf keinen Kosten sitzenbleiben werde.
Noch immer sind mehrere Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit dem Fall anhängig
„Wir bekommen das Geld. Die Frage ist nur, wann“, sagt Müller. Theoretisch könnte Großhansdorf auch eine Zwangsversteigerung der Immobilie beantragen, um zeitnah an die Summe zu gelangen. Das sei aber bislang nicht diskutiert worden.
Unabhängig von der Kostenfrage sind noch immer mehrere Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit dem Fall anhängig. Mutter und Tochter hatten sich mit juristischen Mitteln sowohl gegen die Fortnahme der Katzen durch die Behörden als auch gegen das Tierhaltungs- und Tierbetreuungsverbot gewehrt.
Tochter klagte sich durch mehrere Instanzen, um Katzen zurückzubekommen
In erster Instanz hat das Verwaltungsgericht in Schleswig der Gemeinde bereits recht gegeben. Beide Frauen haben daraufhin laut Müller Berufung beim Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht eingelegt. Im Fall der Tochter habe dieses die Berufung abgelehnt, woraufhin sie Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht erhoben habe. Doch auch dieses habe den Antrag der Frau verworfen.
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„Die Tochter hat daraufhin eine sogenannte Restitutionsklage beim Oberverwaltungsgericht mit dem Ziel einer Wiederaufnahme des Verfahrens eingereicht“, sagt Müller. Diese sei bislang aber nicht verhandelt worden. „Voraussetzung dafür ist, dass die Klägerin den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anruft und dieser einen Verstoß des Urteils des Verwaltungsgerichts gegen die Menschenrechte feststellt“, führt er aus.
Drei Verfahren am Oberverwaltungsgericht nach Tod der Mutter nicht abgeschlossen
Bislang habe die Tochter das Straßburger Gericht nach Informationen der Gemeinde jedoch nicht eingeschaltet, sagt Müller. Die Aussichten auf einen Erfolg vor den Richtern dort schätzt man im Großhansdorfer Rathaus ohnehin als gering ein.
Weiterhin anhängig sind die Berufungsverfahren der Mutter gegen die Fortnahme der Katzen und zwei weitere ordnungsrechtliche Anordnungen am Oberverwaltungsgericht. „Nach dem Tod der Mutter hat die Tochter als Erbin rechtlich die Möglichkeit, diese Verfahren zu übernehmen und weiterzuführen“, sagt Müller. Bislang habe sie das aber nicht getan. Er gehe deshalb davon aus, dass die Richter in Schleswig die Verfahren irgendwann einstellen.
Amtsgericht Ahrensburg stellte Strafverfahren im Januar 2022 gegen Geldauflage ein
Zumindest aus strafrechtlicher Sicht ist der Fall bereits seit Januar 2022 abgeschlossen. Das Amtsgericht Ahrensburg stellte ein Verfahren wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz im Einvernehmen mit den beiden Frauen und der Staatsanwaltschaft gegen Zahlung eine Geldauflage ein, nachdem Mutter und Tochter versichert hatten, fortan „katzenfrei“ zu leben. Beide mussten je 300 Euro an das Großhansdorfer Tierheim zahlen.
Für das Haus gilt indes weiterhin ein vom Ordnungsamt aufgrund der von Kot und Urin verursachten, schweren Schäden verhängtes Wohnverbot. Die Tochter dürfe sich zwar auf dem Grundstück aufhalten, das Gebäude aber aus Sicherheitsgründen nicht bewohnen. „Theoretisch könnte sie es wieder in einen bewohnbaren Zustand versetzen, dann würde das Verbot aufgehoben“, sagt Müller. Entsprechende Absichten habe die Frau bislang aber nicht erkennen lassen.