Oststeinbek. Gemeinde möchte in eigener Regie Raser sanktionieren. Es bestehen aber Zweifel daran, ob das wirklich eine gute Idee ist.
Der Hersteller hat ihm den Namen „SemiStation“ gegeben, er misst in beide Richtungen. Weitere Ausstattungsmerkmale: schusssicheres Panzerglas zum Schutz gegen Vandalismus, Schlag- und GPS-Bewegungsmelder, eine automatische Löschanlage sowie eine Batterie, deren Akku bis zu zwei Wochen durchgängigen Betrieb ermöglicht. Diesen mobilen Blitzer hat sich Oststeinbeks Verwaltung ausgeguckt und der Politik jetzt die Kosten genannt für Kauf sowie Miete. Das Interesse der Parteien, ein Gerät zur Geschwindigkeitsüberwachung in der Gemeinde anzuschaffen, ist groß. 2025 könnte das passieren. Noch allerdings zögern die Entscheidungsträger, die Sache perfekt zu machen. Die Preise und zusätzlich benötigtes Geld für Personal haben sie veranlasst, zunächst eine Kooperation mit Nachbarstädten und -gemeinden prüfen zu lassen.
Bürgermeister Jürgen Hettwer wird nun Gespräche mit seinen Amtskollegen Björn Warmer (Reinbek), Rainhard Zug (Glinde) und Thomas Schreitmüller (Barsbüttel) führen, um herauszufinden, ob dort Interesse an einer Beteiligung besteht. Dieser Beschluss wurde im jüngsten Bauausschuss gefasst. Es wurde vorerst davon abgesehen, Geld für den Haushalt kommenden Jahres einzuplanen.
Raser: Eigener Blitzer für Oststeinbek – unter einer Bedingung
Die Idee, einen Blitzer im Gemeindegebiet aufzustellen, hatte die CDU. Ihr Antrag wurde im vergangenen November durchgewunken. Daraufhin kontaktierte Hettwer den Kreis Stormarn. Am liebsten wäre es den Kommunalpolitikern, wenn dieser eine Messstation zur Verfügung stellt. „Wir haben in Oststeinbek aber keinen Unfallschwerpunkt, sodass diese Möglichkeit ausgeschlossen ist“, sagt der Verwaltungschef. Er sollte auch eruieren, ob es überhaupt die Chance gibt für eine Installation. Das ist der Fall. Die Gemeinde kann mit dem Kreis einen öffentlich-rechtlichen Vertrag schließen, um die Geschwindigkeitsüberwachung selbst zu übernehmen. Diesbezüglich hat es laut Hettwer bereits Vorgespräche auf Sachbearbeiterebene gegeben. „Ein Kontrakt wurde in Aussicht gestellt.“
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Soweit die Modalitäten auf behördlicher Seite. Oststeinbek muss die Beschaffung zwar selbst regeln und Rathauskräfte einsetzen für zum Beispiel das Versenden von Bußgeldbescheiden, kann aber die Standorte für den Blitzer auswählen und die Strafgebühren behalten. Das von der Verwaltung favorisierte Gerät erfasst beide Fahrtrichtungen und kostet 270.000 Euro plus 10.000 pro Jahr für die Versicherung. Die Miete beträgt per anno 90.000 Euro inklusive Servicepaket sowie Datenfernanbindung. Diese Variante empfiehlt Hettwer. So sei man flexibler. Sollte die Zahl der erwischten Raser sehr gering sein, könnte das Teil nach relativ kurzer Zeit wieder zurückgegeben werden.
Blitzer führt zu 18 Stunden Mehraufwand pro Woche im Rathaus
Das Rathaus hat eine Kosten-Nutzen-Rechnung aufgestellt mit der Annahme von acht Fällen pro Tag. Die Temposünder sind drei Kategorien zugeordnet, die sich wiederum nach Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung unterscheiden. Demnach generiert die Gemeinde rund 142.000 Euro binnen zwölf Monaten. Abzüglich der Miete für den Blitzer sowie Personalkosten bleibt ein Ertrag von nahezu 22.000 Euro. Im Ordnungsamt müssten nämlich zwei Stellen um zusammen 18 Stunden pro Woche aufgestockt werden. „Die hohe Anzahl an Fällen wird durch die Verwaltung mit der Auswertung der Geschwindigkeitsmesstafeln begründet als auch mit der Tatsache, dass das semistationäre Gerät gleichzeitig in beide Fahrtrichtungen blitzt und an verschiedenen Standorten eingesetzt werden kann“, heißt es in einer Vorlage.
Die Christdemokraten haben insbesondere die Möllner Landstraße im Blick für Radarkontrollen sowie die Stormarnstraße, an der es einen Kindergarten gibt, und die Ortsdurchfahrt in Havighorst. Dort möchte die Politik auf kompletter Länge Tempo 30. Dieses Limit gilt nur auf einem rund 150 Meter langen Abschnitt mit Kurven im Bereich der Mühle. Auf Höhe von Bauhof und Feuerwehrwache dürfen Autos 50 km/h auf der Dorfstraße fahren, die zugleich eine Kreisstraße ist. Bereits 2016 trat Oststeinbek mit seinem Wunsch an den Kreis heran, beantragte auch sechs Jahre später eine Begrenzung. Die Behörde mit Sitz in Bad Oldesloe lehnte ab. Als Grund nennt der Fachdienst Straßenverkehrsangelegenheiten des Kreises unter anderem, dass sowohl die Polizeidirektion Ratzeburg als auch der Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr Schleswig-Holstein kein erhöhtes Gefahrenpotenzial sehen.
CDU-Fraktionschef: „Bei normaler Haushaltslage hätten wir das sofort gemacht“
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Patrick Klose sagt, der Blitzer diene in erster Linie der Verkehrssicherheit und solle nur zweitrangig als Einnahmequelle genutzt werden. „Bei einer normalen Haushaltslage hätten wir das auch sofort gemacht, nun haben wir aber ein Defizit von mehr als acht Millionen Euro.“ Es gebe nicht die Gewissheit, dass das Messgerät kostendeckend sei. Insofern will er erstmal abwarten, wie sich die Nachbarschaft äußert. „Wir finden die Idee, andere Kommunen mit ins Boot zu holen, sehr sympathisch und sind für eine Anmietung des Geräts“, sagt Jan Schwartz von den Grünen. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Mielcarek schlägt ähnliche Töne an: „Wenn man sich den Blitzer mit anderen teilt, ist er noch flexibler einsetzbar. Mit dieser Lösung könnte ich leben.“ Rudi Hametner von der Wählergemeinschaft (OWG): „Es im Alleingang zu machen, ist wirtschaftlich nicht sinnvoll. Wir wollen kein finanzielles Risiko eingehen.“