Glinde. 550.000 Euro für das Grundstück sind der Politik zu viel. Die Verhandlungen zwischen Stadt und dem Eigentümer liegen auf Eis.

Es sieht wüst aus auf dem rund 2000 Quadratmeter großen Grundstück an der Dorfstraße in Glinde, auf dem die Ruine steht. Um die abgebrannte Suck‘sche Kate ist ein Metallzaun gezogen, davor liegen verkokelte Fensterrollläden im Garten. Mülltonnen sind umgekippt, Teile des Zauns weggebrochen. Der Eigner macht keine Anstalten, die Reste zu beseitigen und Ordnung zu schaffen. Das verwundert kaum. Auch vor dem Feuer, das sich in der Nacht zum 11. Juli im vergangenen Jahr ereignete, hatte er sich nur stiefmütterlich um die Immobilie gekümmert. Deshalb wollte die Stadt das Objekt erwerben. Der Besitzer rief 550.000 Euro auf und hält weiterhin an der Summe fest. So viel will die Politik aber nach der Zerstörung nicht ausgeben, den Preis stattdessen drücken. Die Situation ist verfahren.

„Die Gespräche sind eingefroren, weil wir unterschiedliche Interessen haben“, sagt Bürgermeister Rainhard Zug. Zuletzt habe er im Herbst mit dem Geschäftsmann kommuniziert. „Die Argumentationsketten sind klar. Für uns als Stadt hat das Grundstück an Wert verloren, der Eigner sieht das anders.“ Das Gebäude war ein Kulturdenkmal. Dieser Status ist nach dem Feuer hinfällig. Selbst im Fall eines Wiederaufbaus kann er nicht zurückerlangt werden. „Der Denkmalschutz umfasst historische Substanz, die hier vernichtet wurde“, sagt Berthold Köster vom Landesamt für Denkmalpflege. Ohne Weiteres könnte der Besitzer das Haus gar nicht herrichten. Dafür müsste die Stadt einen Bebauungsplan aufstellen. Das Gelände gilt nämlich als Grünfläche.

Bodenrichtwert für Grünfläche liegt bei 45 Euro pro Quadratmeter

Für eine solche gibt es einen Bodenrichtwert, festgelegt vom Gutachterausschuss des Kreises. In Glinde beträgt dieser 45 Euro für den Quadratmeter und hat den Zusatz nicht bebaubares Gartenland. Ist der Eigner daran interessiert, den Kontakt mit dem Bürgermeister wieder aufzunehmen? Und wann will er die Trümmer entsorgen? Der Mann, Geschäftsführer einer Firma für Schadstoffsanierung mit Sitz in Hamburg, war für diese Redaktion nicht zu erreichen. Nach Angaben eines Mitarbeiters befindet er sich im Urlaub.

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Die 1855 erbaute Kate war ein ortsprägendes Gebäude im Fachwerkstil mit Reetdach. Nach dem Erwerb 2012 hatte der jetzige Eigentümer versprochen, die Immobilie zu sanieren und dort einzuziehen. Darauf wartete man vergebens. Stattdessen verschlechterte sich der Zustand. Die Politik fühlte sich an der Nase herumgeführt. Einladungen zu Ausschusssitzungen, um sich zu erklären, nahm der Besitzer nicht an. Er wurde lediglich aktiv, wenn die Denkmalschutzbehörde anklopfte, machte dann auch nur das Nötigste. Das Anbringen von Stützbalken, damit das Haus nicht einstürzen kann, war eine Aktion. Bei anderen Auflagen ließ er die Frist verstreichen und nahm ein sogenanntes Zwangsgeld in Kauf.

Im Etat 2024 fehlt Geld für den Grunderwerb

Die Parteien liebäugelten mit einem Enteignungsverfahren, wegen mangelnder Erfolgsaussichten wurde die Sache aber nicht weiterverfolgt. Dass der Geschäftsmann eine Baugenehmigung für die Sanierung einholte, die drei Jahre gültig war und nicht genutzt wurde, war ein weiterer Schlag ins Kontor und sorgte nur noch für Kopfschütteln in Glinde. Schließlich schickte die Politik Verwaltungschef Zug für Kaufverhandlungen in die Spur. Im April 2023 sprach man sich mehrheitlich für den Erwerb aus. Im Haushalt waren 600.000 Euro für das Projekt verankert, weil Grunderwerbssteuer und Notarkosten hinzukommen.

Die Angelegenheit schien geregelt, eine 2020 gegründete Bürgerinitiative vermutete, das erste Etappenziel erreicht zu haben. Die Gruppe kämpfte für den Erhalt der Kate, machte Vorschläge zur künftigen Nutzung und wie die Sanierung finanziell zu stemmen ist – immerhin rund zwei Millionen Euro laut einem Architekten. Das Feuer durchkreuzte die Pläne.

Im Etat für dieses Jahr ist zwar kein Geld für die Übernahme des Areals eingeplant, das soll aber nichts heißen, wie führende Köpfe aus der Politik versichern. Sie wollen den Kauf nach wie vor vollziehen, nur zu besseren Konditionen für die Stadt. „Für mich ist der Bodenrichtwert die Messlatte“, sagt Matthias Sacher, zweiter stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU. Sein Parteikollege Claus Peters, Ortschef der Christdemokraten: „Das ist die Maximalforderung, aber es gibt gewiss einen Spielraum. Auf jeden Fall sollte man wieder miteinander sprechen.“

Ermittlungen gegen Verdächtigen wegen Brandstiftung sind eingestellt

Die Liberalen hatten einen Erwerb abgelehnt. Jetzt sagt Fraktionsvizin Barbara Bednarz. „Unsere Einstellung könnte sich ändern, wenn der Besitzer alles weggeräumt hat und seine Preisvorstellung korrigiert. 100 Euro für den Quadratmeter sind das höchste der Gefühle.“ Die FDP sei aber gegen einen Wiederaufbau der Suck‘schen Kate. Bednarz meint, auf dem Gelände sollten Wohnungen entstehen.

Genau das möchte Frank Lauterbach nicht. „Es geht erstmal darum, das Areal für die Stadt zu sichern, denn es ist ein Sahnestück. Wir sind an einer Gesamtlösung interessiert“, sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende, möchte aber kein Preislimit nennen für den Kauf. „Ich hatte seit Langem vorgeschlagen, dass die Bürgerinitiative einen Förderverein gründet, der Crowdfunding betreibt zum Erhalt der Kate. Dieses Modell halte ich auch bei einer Rekonstruktion für sinnvoll.“ Die Gruppe hatte zum Beispiel eine Begegnungsstätte mit Café in dem Haus ins Spiel gebracht.

Laut Jens Buscher, Sprecher der Staatsanwaltschaft Lübeck, hat es aufgrund von Zeugenaussagen einen Verdächtigen gegeben für Brandstiftung. Die Ermittlungen sind inzwischen eingestellt, weil sich der Vorwurf nicht erhärtet hat.