Glinde. SPD-Fraktionschef Frank Lauterbach attackiert Bürgermeister Rainhard Zug: „Sie haben das Parlament belogen.“
Hat Glindes Bürgermeister Rainhard Zug wissentlich die Unwahrheit gesagt? Das behauptet zumindest der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank Lauterbach und erhält dabei Rückendeckung von Lüder Lückel aus dem Ortsvorstand der Grünen. Es geht um die Suck’sche Kate, eine Immobilie an der Dorfstraße, die Kulturdenkmal ist und deren Kauf die Stadt beabsichtigt. Der Eigentümer lässt sie verkommen. Das hat schon für reichlich Ärger gesorgt. Diskussionen um das Thema werden hoch emotional geführt.
Lügen-Vorwurf gegen Glindes Bürgermeister Rainhard Zug
Rückblick: In der Stadtvertretersitzung am 31. März stellt Lauterbach dem Verwaltungschef zwei Fragen: Er möchte wissen, ob dieser eine Ersatzvornahme des Landesamts für Denkmalpflege (LDSH) blockiert hat, weil er in Vertragsverhandlungen mit dem Eigner stand. Und ob Zug mehrere Anfragen der Kieler Behörde unbeantwortet gelassen hat. Der Bürgermeister sagt, ihm sei nicht bekannt, ob und welche Ersatzmaßnahmen geplant seien. Anfragen habe man noch nicht beantwortet. Das ist auch im Protokoll nachzulesen. Zuvor hatte sich der Sozialdemokrat zwei Dokumente des LDSH zuspielen lassen, die neben Zug auch die Untere Denkmalschutzbehörde des Kreises zur Kenntnisnahme erhielt. Beide liegen dieser Redaktion vor.
Das erste Schriftstück hat den Postausgangsstempel 3. November 2021. Darin wird der Bürgermeister gebeten, dem Landesamt mitzuteilen, ob die Stadt das Gebäude erwirbt und sanieren wird. „Aktuell ist seitens des LDSH geplant, eine Ersatzvornahme durchzuführen und das Dach mit einer blauen Plane bzw. die eingeschlagenen Türen und Fenster mit Holzplatten abzudichten. Sofern die Stadt im kommenden Jahr jedoch die Kate übernehmen möchte, wären diese Maßnahmen nicht notwendig“, heißt es unter anderem.
600.000 Euro sind für Kauf im Haushalt verankert
Das Glinder Rathaus reagiert nicht, erhält einen zweiten Brief mit Postausgangsstempel 5. Januar. „Bis heute ist keine Antwort eingegangen. Daher bitte ich Sie erneut um eine Aussage zum möglichen Erwerb des Kulturdenkmals“, schreibt Berthold Köster vom LDSH. Auf der jüngsten Sitzung der Stadtvertretung konfrontierte Lauterbach den Verwaltungschef mit den Schreiben, sagte: „Sie haben das Parlament belogen.“
Den gleichen Wortlaut verwendete Lückel bei einer Stellungnahme und sprach von „einer Beschädigung des Vertrauens“. Zug reagierte angefressen, gestand zwar einen Fehler ein und entschuldigte sich. Er sagt aber auch: „Ich habe nicht gelogen, bedaure die falsche Wortwahl. Das war eine Wissenslücke. Darüber ärgere ich mich am meisten. Der Erhalt der Kate ist mir eine Herzensangelegenheit.“
Lauterbach weicht von seiner Beurteilung indes nicht ab: „Das ist der Versuch, eine Ausrede zu finden. Der Sachverhalt ist klar, das kann man nicht wegdiskutieren. So etwas entfällt einem nicht.“ Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Petra Grüner ist bei dem Thema nicht auf einer Linie mit ihrem Parteikollegen Lückel. Sie glaubt dem Bürgermeister, sagt: „Ich denke, dass die Verwaltung momentan völlig überlastet ist. Aber natürlich darf dieser Fehler nicht passieren.“ Lauterbachs Aktion im öffentlichen Teil der Gremiumssitzung kann sie nichts abgewinnen: „Das ist kein guter politischer Stil. Man hätte das auch unter vier Augen oder im Kreis der Fraktionsspitzen besprechen können.“ Grüner richtet den Blick in die Zukunft. Man müsse sich jetzt darum kümmern, endlich die Kate zu kaufen.
Eigentümer musste 2016 Stützbalken anbringen
Rainer Neumann, Fraktionschef der CDU, sagt: „Ich vermute, Herrn Zug ist da etwas durchgegangen.“ Seine Kritik richtet sich vielmehr an die SPD. „Herr Lauterbach wollte den Bürgermeister vorführen, das finde ich schäbig. So macht Kommunalpolitik keinen Spaß.“ Jan Schwartz (Grüne), Hauptausschussvorsitzender und zugleich Sprecher der Bürgerinitiative zur Rettung der Kate, meint, Zug müsse sich jetzt an die Spitze der Bewegung setzen. Das 1855 erbaute Fachwerkhaus gehört seit 2012 einem Bauunternehmer aus Hamburg-Bergedorf. Er versprach, das Gebäude zu sanieren und auch einzuziehen, hielt sein Wort aber nicht. Stattdessen verschlechtert sich der Zustand der Kate immer mehr.
Lauterbach: "Sie haben das Parlament belogen“
2016 setzte der Eiger auf Anweisung der Denkmalschutzbehörde Stützbalken an die Außenwand, damit das Haus nicht zusammenbricht. Er muss es nur standsicher halten. Inzwischen sind Scheiben von Fenstern und der seitlichen Eingangstür zerstört, Feuchtigkeit dringt ein. Die Politik hatte ein Enteignungsverfahren ins Auge gefasst. Ob geringer Erfolgschancen sah man davon ab.
Nun wird der Kauf angestrebt. 600.000 Euro sind dafür im Haushalt mit einem Sperrvermerk versehen. Demnächst will Zug wieder mit dem Eigner verhandeln. Dem Landesamt für Denkmalschutz hat er inzwischen auch geantwortet und die Kaufabsicht bestätigt. Köster will sich nun mit dem Glinder Bürgermeister kurzschließen und über die Ersatzvornahme reden.
Die falsche Aussage wird für Rainhard Zug übrigens kein Nachspiel haben. „Für mich ist das Ding erledigt, ich bin auch nicht nachtragend“, sagt Lauterbach. Allerdings werde sich der Verwaltungschef das Vertrauen neu erarbeiten müssen.