Glinde. Feuer zerstört denkmalgeschütztes Haus. Zuvor gab es jahrelang Streit. Bestürzung bei Politikern und Anwohnern. War es Brandstiftung?
Beißender Brandgeruch zieht am Dienstagmorgen durch die Straßen im Stadtzentrum von Glinde. Er zeugt von dem Drama, welches sich hier wenige Stunden zuvor abgespielt hat: Die Suck’sche Kate ist in der Nacht von Montag auf Dienstag bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Gegen 23.37 Uhr hatten Nachbarn den Brand bemerkt und die Feuerwehr alarmiert.
Als die Retter kurze Zeit später eintrafen, schlugen die Flammen bereits meterhoch in den Himmel. Vor Ort hatte die Feuerwehr zunächst Probleme, an das denkmalgeschützte Haus heranzukommen. Es steht bereits seit Jahren leer und ist von Bäumen und Gestrüpp umgeben.
Historisches Reetdachhaus: Suck’sche Kate in Glinde bei Feuer zerstört
Drei Stunden waren die Wehren aus Glinde und Oststeinbek mit mehr als 70 Feuerwehrleuten im Einsatz, ehe der Brand gegen 1.20 Uhr gelöscht war. Das Technische Hilfswerk (THW) unterstützte die Feuerwehrleute. Retten konnten sie das knapp 170 Jahre Gebäude nicht. Das historische Fachwerkhaus musste regelrecht eingerissen werden. Auch Mitarbeiter vom Denkmalschutz waren in der Nacht vor Ort.
An der Dorfstraße haben sich am Dienstagvormittag einige Schaulustige eingefunden, die Fotos von der Ruine machen, das eines der letzten historischen Gebäude in Glinde war. Das blaue Fachwerk, das die roten Backsteinwände durchzieht, ist noch gut zu erkennen, ansonsten ist von der Kate kaum etwas übrig geblieben. Der Dachstuhl ist bis auf einige verkohlte Balken zusammengestürzt, lediglich der gemauerte Schornstein ragt noch in den Himmel empor. Mit rot-weißem Flatterband hat die Polizei den Brandort abgesperrt.
Viele Nachbarn betrachten am Dienstagvormittag den Brandort
Viele der Anwesenden wohnen in der direkten Nachbarschaft. „Ich war gerade noch auf dem Balkon und habe Gras für die Meerschweinchen geholt und fünf Minuten später stand die Kate lichterloh in Flammen“, erzählt eine Frau. „Die Flamme war höher als alle Bäume drumherum“, sagt eine andere Anwohnerin.
„Es ist fast nichts mehr vom alten Glinde übrig“, sagt Peter Kind, der 1941 in der Stadt geboren ist und viele Jahre Wehrführer war. Ingeborg Stoller erfuhr durch den Anruf einer Bekannten am Montagabend von dem Brand. „Ein Trauerspiel“, sagt die Glinderin, die sich in einer Bürgerinitiative für den Erhalt der Kate eingesetzt hat.
Schaulustige spekulieren: War es Brandstiftung?
Die Feuerwehr ist unterdessen erneut angerückt, um die Brandruine nach möglichen Glutnestern abzusuchen. Und tatsächlich entdecken die Kameraden eine Stelle, an der Gebäudereste noch immer vor sich hin kokeln. Wenig später rücken deshalb weitere Feuerwehrleute mit der Drehleiter an, um auch dieses letzte Glutnest zu löschen.
Heißes Diskussionsthema unter den Anwesenden ist derweil vor allem eine Frage: War es Brandstiftung?Viele Schaulustige sind überzeugt, dass das Feuer gelegt wurde. „Die Kate war seit Jahren abgekoppelt von Strom und Gas. Was soll es also sonst gewesen sein?“, sagt ein Mann. Die Polizei will eine Straftat nicht ausschließen. Noch sei die Brandursache aber völlig unklar, so eine Sprecherin. Die Kriminalpolizei in Reinbek hat die Ermittlungen übernommen.
Um die Sanierung der Kate gab es jahrelang Streit
Grund für die Spekulationen ist vor allem der jahrelange Streit um die Suck’sche Kate. 2012 hatte ein Geschäftsmann aus Bergedorf das 1855 errichtete Fachwerkhaus samt Grundstück in zentraler Lage erworben, weil die Stadt Glinde nach dem Tod der letzten Bewohnerin von ihrem Vorkaufsrecht keinen Gebrauch machte.
Der Unternehmer versprach eine Sanierung und kündigte an, selbst einzuziehen. Doch es passierte nichts. Der Unmut in der Stadt wuchs – und der Zustand des Gebäudes verschlechterte sich zusehends. Die Parteien beschäftigten sich sogar mit einem Enteignungsverfahren, doch die Idee wurde mangels Erfolgsaussichten fallengelassen.
Denkmalschutzbehörde verhängte Zwangsgeld gegen Eigentümer
Die Denkmalschutzbehörde wurde auch aktiv und verhängte gegen den Eigner ein Zwangsgeld, weil er auf Nachbesserungsforderungen des Kreises nicht einging. Letztlich erfüllte der Hamburger jedoch die Auflagen, brachte 2016 zum Beispiel Stützbalken an und sorgte somit für die Standsicherheit des Gebäudes. Ein Jahr später holte er sich tatsächlich die Baugenehmigung für die Sanierung. Diese war 36 Monate gültig. Doch wieder passierte nichts.
- FDP befragt Glinder- 80 Prozent lehnen Kauf der Kate ab
- Eigentümer der Suck’schen Kate geht auf Glinde zu
- Grüne drängen auf Kauf der Suck’schen Kate
Nun forderte die Politik Bürgermeister Rainhard Zug auf, mit dem Eigentümer die Konditionen für einen Kauf zu ermitteln. Auch eine 2020 gegründete Bürgerinitiative drängte auf den Kauf und Erhalt des für Glinde bedeutenden Gebäudes. Doch der Eigentümer verlangte mit 550.000 Euro einen aus Sicht der Stadt überhöhten Preis. Hinzu wären rund zwei Millionen Euro für die Sanierung gekommen.
Beschluss über Kauf durch die Stadt stand kurz bevor
Im April dieses Jahres dann der Durchbruch. Die Politik hat sich in einer Arbeitsgruppe mehrheitlich für den Kauf des Kulturdenkmals ausgesprochen. Ein Beschluss der Stadtvertretung stand aber noch aus und sollte nach der Sommerpause folgen.
Fassungslos zeigt sich Bürgermeister Zug am Morgen nach dem Flammeninferno. „Heute ist ein trauriger Tag für Glinde“, sagt der Verwaltungschef. Mit der Suck’schen Kate sei ein Stück Stadtgeschichte unwiederbringlich verloren. Der Anblick der Ruine habe ihn schockiert, sagt Zug, der sich am Dienstagmorgen vor Ort ein Bild machte. „Die Betroffenheit unter den Bürgern ist groß, das zeigen zahlreiche Anrufe im Rathaus“, so der Bürgermeister.
Bestürzung bei Bürgervorsteher und Vertretern der Fraktionen
Auch Vertreter der Politik äußern sich bestürzt. „Das war kein schönes Erwachen, ich bin sprachlos“, sagt der CDU-Fraktionsvorsitzende Martin Radtke. Sein SPD-Pendant Frank Lauterbach spricht von einem „herben Verlust für Glinde“. Beide Parteien hatten sich für einen Kauf der Kate stark gemacht.
Auch bei der FDP, die sich aus Kostengründen gegen einen Erwerb durch die Stadt ausspricht, herrscht Fassungslosigkeit. Von einer „Tragödie“ spricht Fraktionschef Thomas Kopsch. „Als Glinder tut mir das unfassbar weh“, sagt Bürgervorsteher Claus Peters (CDU). Erleichtert sei er, dass niemand bei dem Brand verletzt wurde. „Ein großes Lob gilt den Kameraden der Feuerwehr, die schnell vor Ort waren und glücklicherweise unversehrt geblieben sind.“
Behörde prüft, ob ein Wiederaufbau des Gebäudes möglich ist
Wie es nun mit der Suck’schen Kate weitergeht, ist unklar. Insbesondere, ob die Stadt an den Plänen festhält, die Immobilie zu erwerben, ist offen. Die Denkmalschutzbehörde muss zunächst prüfen, ob ein Wiederaufbau möglich ist. „Der Eigentümer steht dazu bereits mit der Behörde in Kontakt“, sagt Bürgermeister Zug.