Ahrensburg/Trittau. Die Leidenschaft von Bernd Meier (68) ist der Modellschiffbau. Ahrensburger Verein feiert 50. Geburtstag. Doch es fehlt an Nachwuchs.
Der Anblick der „Wesermünde“ lässt das Herz so manchen Schiffs-Fans höherschlagen: Elegant und wendig bewegt sich das auffällige, grüne Zollboot über das Wasser, ausgestattet mit Scheinwerfer und Sirene, um Jagd auf Schmuggler und andere Kriminelle zu machen.
Das Beiboot an Deck können die Zöllner bei Bedarf schnell zu Wasser lassen und die Verfolgung aufnehmen. Seinen Pendants, die unter anderem im Hamburger Hafen im Einsatz sind, steht die „Wesermünde“ auf den ersten Blick in nichts nach. Mit einem Unterschied: Die „Wesermünde“ ist nur rund 140 Zentimeter lang und passt bei Bernd Meier auf den Gartentisch.
Trittauer Bernd Meier brennt für aussterbendes Hobby Modellbau
Das grüne Zollboot ist eines von rund zwei Dutzend Modellen, die der 68-Jährige bei sich zu Hause in Trittau stehen hat. Yachten, Segelboote, Frachter und Fischkutter – sie alle hat Meier schon gefahren. Der Trittauer ist Vorsitzender des Schiffsmodellbauclubs (SMC) Ahrensburg, der in diesem Jahr seinen 50. Geburtstag feiert. Doch die Freude über das Jubiläum ist bei Bernd Meier nicht ungetrübt: Nachwuchssorgen treiben den Vereinsvorsitzenden um.
„Früher waren wir über 50 Mitglieder, heute sind wir noch 35“, sagt der 68-Jährige. Der Altersschnitt sei längst jenseits der 50 Jahre. Dabei verfügt der SMC über eine Jugendabteilung samt Jugendwart. Doch mangels junger Mitglieder betreut der Verein derzeit nur einen Nachwuchs-Modellbauer.
Der Schiffsmodellbau-Club findet kaum noch Nachwuchs
„Vor einigen Jahren hatten wir noch mehrere Jugendliche im Verein, aber es wird immer schwieriger, im Nachwuchsbereich neue Mitglieder zu gewinnen“, sagt Meier. Das führe dazu, dass es in der Region immer weniger Modellbauclubs gebe. „Heute beschäftigen sich junge Leute lieber mit dem Computer oder Smartphone“, meint der Trittauer.
Der 68-Jährige, der im Großhansdorfer Ortsteil Schmalenbeck aufgewachsen ist, war quasi von Anfang an dabei. „Im Frühjahr 1974 bin ich mit 18 Jahren als elftes Mitglied in den SMC eingetreten“, erzählt er. Wenige Monate zuvor, im November 1973, hatten neun Hobbymodellbauer den Verein in Ahrensburg gegründet.
Technische Grundkenntnisse sind von Vorteil, aber keine Voraussetzung
„Ich war immer technikaffin“, sagt Meier. „Ich habe schon vorher Fernsteuerungen selbst gebaut.“ Der Trittauer erzählt: „Damals gab es am Rathausplatz in Ahrensburg auch ein Geschäft namens Kinderland, wo man Modellbausätze kaufen konnte.“ Seine Leidenschaft für Technik machte Meier auch zum Beruf: Viele Jahre arbeitete der Diplom-Ingenieur für Elektrotechnik bei einem großen Telekommunikations-Unternehmen. Inzwischen ist der 68-Jährige im Ruhestand und seit sieben Jahren Vorsitzender des SMC.
Auch wenn technische Grundkenntnisse von Vorteil seien, Voraussetzung seien sie für das Hobby nicht. „Man braucht kein Handwerker zu sein, es genügt, wenn man in der Schule in Physik ein wenig aufgepasst hat“, sagt Meier. Viele Vereinsmitglieder entwerfen und konstruierten ihre Modelle anhand realer Vorbilder komplett selbst. Meier: „Es gibt aber natürlich auch Anleitungen und Bausätze.“
Der Ahrensburger Club sieht sich als Hobby- und Familienverein
Solche Schiffe seien im MSC ebenso willkommen wie auch schon fertig gebaute. „Es gibt auch Leute, die kommen zu uns, weil sie ein Boot von einem Verwandten oder Bekannten geerbt haben“, sagt Meier. Wenn sich die Mitglieder am Vereinsteich treffen, dem Regenrückhaltebecken an der Ecke Kornkamp/Ewige Weide im Ahrensburger Gewerbegebiet, führen auch mal motorisierte Badeenten oder Farbeimer mit. „Der Bauzustand eines Modelles ist absolut zweitrangig“, sagt der Vorsitzende.
Leider hafte Modellbauclubs seiner Wahrnehmung nach oft etwas Elitäres an. Doch das sei ein vollkommen falsches Bild. „Wir sind ein Hobby- und Familienverein. Das gesellige Zusammensein, sich auszutauschen in zwangloser Atmosphäre, steht im Vordergrund“, so Meier.
Die Mitglieder treffen sich jeden erstem Montag im Monat im Mendoza
Die Mitglieder des MSC treffen sich jeden ersten Montag im Monat im Ahrensburger Restaurant Mendoza (Neue Straße 9). Daneben präsentiert der Verein seine Modelle auf Messen, es gibt gemeinsame Ausfahrten, Sommer- und Weihnachtsfeste sowie jedes Jahr im Frühling und im Herbst ein „Anschwimmen“ und „Abschwimmen“. Ansonsten sind die Modellbaufreunde in der Saison sonntags ab 14 Uhr am Regenrückhaltebecken anzutreffen.
Für Bernd Meier ist es neben dem Austausch mit Gleichgesinnten vor allem das gestalterische Wirken, welches ihn für den Modellbau begeistert. „Ich kann herumprobieren, basteln und meine Vorstellung verwirklichen“, sagt der 68-Jährige. Dabei wird der Trittauer mitunter äußerst kreativ. In seinem neuesten Projekt, einem Segelboot der Regattaklasse RG 65, hat Meier eine Cremedose verbaut, umfunktioniert zur Abdeckung für die Technik im Inneren des Rumpfes.
In seinen Modellen verbaut Meier auch Cremedosen und Kfz-Zubehör
„Der Verschluss muss wasserdicht sein“, sagt er und fügt lachend hinzu: „Einziger Nebeneffekt ist, dass ich jetzt irgendwie die Creme aufbrauchen muss.“ Neben Dosen verbaut der 68-Jährige gern auch die Bestandteile von Kugelschreibern oder Kfz-Zubehör. Die „Wesermünde“, die mit einem Gewicht von elf Kilogramm Meiers größtes und schwerstes Modell ist, fährt etwa mit einem zwölf Volt starken Kfz-Lüftermotor.
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Im Gegensatz zu dem Zollboot, bei dem der Trittauer einen vorgefertigten Epoxidharzrumpf verwendete, hat Meier das Segelboot aus geschwungenen Holzleisten mit wasserfestem Leim selbst zusammengesetzt. Wenn das Modell fertig ist, soll es wie ein richtiges Segelboot mit dem Wind fahren.
In Meiers Jugend kostete eine Fernsteuerung 1200 D-Mark
„Dass man sich ständig auf den Wind und die Wellen konzentrieren muss, ist das Tolle an Segelbooten“, schwärmt Meier. Wichtig sei, dass das Modell am Ende nicht zu schwer werde. „Da hilft uns die moderne Technik ungemein.“ Denn während Ruder und Antrieb früher per Blei-Akku mit Strom versorgt worden seien, gebe es heute die um ein Vielfaches leichteren Lipo-Akkus.
Auch die Fernsteuer-Technik habe sich verändert. „Heute kann ich auf einer Fernbedienung verschiedene Funktionen programmieren und dadurch verschiedene Modelle mit einem Sender steuern“, sagt Meier. „In meiner Jugend habe ich 1200 D-Mark für eine Fernsteuerung gezahlt, heute bekommt man so etwas in besserer Technik für um die 100 Euro.“
Die Flotte des 68-Jährigen umfasst zwölf Schiffe und sechs Autos
Die Flotte des Trittauers umfasst inzwischen zwölf Schiffe und sechs Autos. Rund ein halbes Jahr Arbeit steckt in den komplexeren davon. „Bei größeren Projekten arbeiten oft auch mehrere Vereinsmitglieder zusammen“, erzählt der 68-Jährige. Jeder bringe dann bestimmte Expertisen ein. „Es gibt den Tischler, der Rümpfe oder Elemente aus Mahagoni fertig, den Elektrotechniker, der den Mini-Computer für das Licht oder die Sirene verbaut oder denjenigen mit dem 3D-Drucker, der benötigte Bauteile erstellt.“
Damit der SMC nach dem 50-jährigen irgendwann auch ein 100-jähriges Jubiläum feiern kann, hofft Meier, dass er doch noch Jugendliche und junge Erwachsene für sein Hobby begeistern kann. „Wenn wir auf Veranstaltungen zu Gast sind, ist das Interesse gerade bei Kindern groß, die auch mal ein Boot steuern möchten“, sagt er. Wer den Verein besser kennenlernen wolle, könne einfach vorbeikommen. Meier: „Bei allen Treffen und Veranstaltungen sind Gäste immer willkommen.“
Mehr Informationen zum Verein gibt es unter http://smc-ahrensburg.de.