Hamburg. Hamburger Attraktion verzeichnet „Spitzenjahr“. Auch für 2024 gibt es große Pläne: Auf welches Novum sich Besucher freuen können.
In diesen Tagen herrscht muntere Betriebsamkeit im Miniatur Wunderland in der Hamburger Speicherstadt. Denn derzeit dürfen Kitas die Sehenswürdigkeit am Rande der HafenCity kostenlos besuchen, und so erfreuen sich die Kleinen an der lebendigen Modellwelt. Für die Gründer Frederik Braun und Bruder Gerrit ist die besondere Aktion der Abschluss eines Jahres, das in die Geschichtsbücher eingehen wird.
„2023 war einfach geil, ein Spitzenjahr. Wir werden den Besucherrekord von 2019 toppen. Durch unseren riesigen neuen Kaispeicher und unsere flexiblen Öffnungszeiten konnten wir die Kapazität erheblich steigern. Dass es nach der Corona-Pandemie aber so schnell mit dem Rekord geht, hätten wir nicht erwartet“, freut sich Frederik Braun.
Miniatur Wunderland Hamburg: Braun-Brüder verzichten freiwillig auf bis zu 300.000 Euro
2019 besuchten 1.424.000 Menschen das Modellbau-Mekka in Hamburg. Eine genaue Besucherzahl für 2023 steht noch nicht fest. Klar ist: Egal, wie hoch der Rekord ausfällt, es wäre in jedem Fall noch mehr gegangen. Weil die Menschen nach der Corona-Pandemie aber immer noch einen gewissen räumlichen Abstand wertschätzen, lassen die Braun-Brüder derzeit 20 Prozent weniger Personen pro Quadratmeter als zur Vor-Corona-Zeit zeitgleich in die Kaispeicher. „Wir könnten locker bis zu 300.000 Euro mehr pro Jahr einnehmen, aber wir werden das Modell beibehalten“, erklärt Braun.
Um das zu kompensieren, werden – je nach Buchungslage – die Öffnungszeiten angepasst. Sonnabend ist aktuell der längste Tag der Woche im Miniatur Wunderland, wenn die Türen von 7.30 Uhr in der Früh bis ein Uhr nachts offen sind.
Tickets für Ostern 2024 im Miniatur Wunderland in Hamburg werden schon knapp
Ansonsten ist Frederik Braun froh, dass die Pandemie nur noch eine untergeordnete Rolle spielt. Normalität ist auch im Miniatur Wunderland längst wieder eingekehrt. Die Besucherinnen und Besucher buchen ihre Tickets wieder lange im Voraus – für Ostern 2024 werden sie sogar schon langsam knapp.
„Als wir die Tickets freigeschaltet haben, waren wir von der Geschwindigkeit, in der die Karten weggingen, absolut verblüfft. Ich habe immer gesagt, dass es irgendwann nicht mehr geht, den Besucherandrang zu toppen, aber ich habe mich mit fast 56 Jahren eines Besseren belehren lassen. Es geht! Städtetrips sind angesagt, und Hamburg ist die geilste Stadt der Welt“, schwärmt Braun.
Miniatur Wunderland eröffnete Patagonien, Antarktis und Drake-Passage
Mit dem Andrang steigt aber auch der eigene Antrieb, immer besser zu werden. Stillstand? Gibt es nicht! Im Mai dieses Jahres wurden Patagonien, die Antarktis und die berüchtigte Drake-Passage eröffnet, in der die Besucher durch spektakuläre Spezialeffekte Schiffe sehen, die durch die Nacht in einem tosenden Gewittersturm fahren. Allein Patagonien hat rund 50.000 Arbeitsstunden verschlungen und knapp zwei Millionen Euro gekostet.
Den letzten Feinschliff hatte Frederik Braun gar nicht mitbekommen. Eine Verkettung aus Krankheit und Urlaub verhinderten es. Was aber auch Vorteile hatte. „Mein Traum war es immer, mich im Miniatur Wunderland mal als Gast zu fühlen, der die neue Welt vorher nicht gesehen hat. So war es jetzt irgendwie. Als ich vor der Drake-Passage stand und diese Weltsensation mit den Wellen gesehen habe, hatte ich Gänsehaut“, blickt Braun emotional zurück.
Royale neue Welt im Miniatur Wunderland in der HafenCity
Und der nächste „Wow-Effekt“ steht für 2024 an: Ende April soll der Bauabschnitt Monaco in Betrieb genommen werden. Das Fürstentum, das sich aktuell noch im Bau befindet, wird einige Besonderheiten mit sich bringen, die es in der Form noch nicht gibt. „Monaco wird alles überstrahlen. Wir werden Bilder produzieren, die um die Welt gehen werden“, sagt Braun voller Euphorie.
So wird beispielsweise der legendäre Formel-1-Grand-Prix detailgetreu nachgestellt. Die kleinen Autos liefern sich echte Rennen, die jedes Mal einen anderen Sieger haben. Tausende magnetische Platinen sorgen dabei für Rennaction und Überholmanöver. „Die Autos fahren wie von Geisterhand. Die Technik, die wir einsetzen, ist unfassbar. Zigtausende kleine Magnetpunkte werden angesteuert. Jetzt merzen wir noch die letzten kleinen Fehlerchen aus, damit es Ende April losgehen kann“, sagt Braun.
Witziges Detail: Auf Monitoren über der Themenwelt Monaco wird das Rennen wie in einer echten TV-Übertragung mit unterschiedlichen Kameraperspektiven gezeigt.
Miniatur Wunderland kooperiert mit Modellbauern aus Buenos Aires
Doch was wäre Monaco ohne royalen Touch? Dafür wird im Miniatur Wunderland erstmals eine Zeitreise vollzogen. Ein kleiner Bereich der Modellwelt ist in Schwarz-Weiß gehalten. Dort wird die Hochzeit von Fürst Rainier und der Schauspiel-Legende Grace Kelly im Jahr 1956 dargestellt – ein Novum im Miniatur Wunderland. „Die Hochzeit kennt jeder Tourist von den Postkarten. Wir wollten mal etwas anderes, etwas Verrücktes probieren. Es wird bestimmt auch Leute geben, die sich daran stören“, sagt Braun.
Bereits jetzt steht fest: Die Monaco-Eröffnung wird spektakulär gefeiert. „Ihr könnt darüber gerne spekulieren“, sagt Braun geheimnisvoll. „Wir haben etwas Besonderes geplant. Wir können da noch nicht drüber reden. Wenn alles so klappt, wie wir es uns vorstellen, wird es ein Ritterschlag für uns“, so der Miniatur-Wunderland-Gründer.
Das Fürstentum ist jedoch nicht das einzige ehrgeizige Projekt, das aktuell vorangetrieben wird. Der Bau der Atacama-Wüste ist ebenso im Bau wie der Amazonas-Regenwald. Es wird die bis dato größte Naturwelt in der HafenCity. Zigtausende Bäume werden für die insgesamt 107 Quadratmeter großen Areale händisch hergestellt. Voraussichtliches Eröffnungsdatum: Ende 2024/Anfang 2025.
Braun-Brüder lernten Modellbauer aus Argentinien in New York kennen
Besonderer Clou: Wie schon beim Nachbau von Rio de Janeiro wird auch der Regenwald auf zwei Kontinenten gefertigt. Modellbauer aus Pilar, eine Autostunde von Buenos Aires, arbeiten an den Südamerika-Welten mit.
Der Kontakt entstand im Frühjahr 2017 in New York, als Frederik Braun mit Bruder Sebastian zur Eröffnung einer 40-Millionen-Dollar-Kopie des Miniatur Wunderlandes im „Big Apple“ eingeladen wurde. Vom Hocker gehauen habe der amerikanische Abklatsch Braun jedoch nicht. Es sei nicht das erste Mal, dass im Ausland versucht werde, das Hamburger Original zu kopieren.
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Aber ein Detail hat den 55-Jährigen am Times Square von der ersten Sekunde fasziniert: „Südamerika.“ In dem 70 Quadratmeter großen Abschnitt passierte außerdem etwas Ungewöhnliches: „Ich stand davor, habe geschwärmt, als mein Bruder von einem jungen Mann angesprochen wurde.“ Dieser war ein Bauer der Modellwelt in Manhattan und völlig schockiert, dass DER Frederik Braun vom Miniatur Wunderland vor ihm stand. „Er meinte, es sei für ihn so, als wenn andere die Beatles getroffen hätten“, sagt Braun lachend.
Frederik Braun: „Ich war sofort verliebt in diese Familie“
Es folgten unzählige Gespräche und die Überzeugung, dass man unbedingt zusammenarbeiten müsse. Eigentlich sollte zunächst England im Miniatur Wunderland entstehen, doch der Plan wurde verworfen. Fortan stand Südamerika im Fokus.
„Ich war sofort verliebt in diese Familie. Sie bauen zwar nicht so perfekt wie wir in Deutschland, aber diese Perspektiven, diese Liebe zum Detail. Es passte einfach“, sagt Braun. Die Mitarbeiter in Hamburg mussten erst mal von der ungewöhnlichen Kooperation überzeugt werden. Als die argentinische Familie Martinez dann nach Deutschland kam, war das Eis schnell gebrochen.
Miniatur Wunderland: Dokumentation über Hamburger Attraktion soll in die Kinos
Im März fliegt Frederik Braun wieder nach Argentinien, um sich ein Bild vom Baufortschritt des Amazonas-Regenwaldes zu machen. Sobald der Rohbau fertig ist, werden die Teile nach Hamburg verschifft. Dort wird dann der Feinschliff vollzogen – aber gemeinsam mit den Modellbauern aus Argentinien: „Das ist gelebte Kooperation. Es ist wie ein Märchen. Zwei Familien von zwei Kontinenten bauen emotional zusammen an ihrem Traum“, sagt Braun.
Die ganze Geschichte mit der hamburgisch-südamerikanischen Kooperation soll es ab März 2024 auch auf der Leinwand zu sehen geben. Nachdem die Dokumentation „Wonderland“ bereits beim Filmfest Hamburg Premiere gefeiert hat, wird nun im Hintergrund daran gearbeitet, dass sie auch in die Kinos kommen soll.