Barsbüttel. 70 Quadratmeter großes Geschäft an Hauptstraße im Barsbütteler Ortsteil Willinghusen wurde umgestaltet. Es hat jetzt zwei Eingänge.

An der Hauptstraße im Barsbütteler Ortsteil Willinghusen steht ein kleiner Holzwagen mit aufgesetztem Leuchtschild. Darauf zu sehen sind ein Becher Kaffee, ein belegtes Brötchen, ein Croissant und unter anderem ein Stück Schokoladenkuchen. Es weist auf das hinter der Einfahrt liegende Geschäft in einem Flachdachhaus hin: ein kleiner Dorfladen mit zwei Eingängen. Den betreibt Haylin Ismailov seit vier Jahren. Der Mann hat einiges unternommen, damit das Kundenaufkommen für den Lebensunterhalt reicht.

In der Immobilie im Zentrum des rund 2200 Einwohner zählenden Ortsteils war lange eine Bäckerei. Nach der Schließung wurde daraus ein Tante-Emma-Laden, der wie aus der Zeit gefallen schien. Das Interieur erinnerte an die 60er-Jahre. Die Vorgängerin des jetzigen Inhabers gab auf, weil sie ein Kind bekam und beruflich kürzer treten wollte. Ismailov, der sich ob der Familiengeschichte als Türke mit bulgarischem Pass bezeichnet, hat den Innenbereich komplett umgekrempelt. Eine frühere Lagerfläche ist jetzt ein Kiosk mit separater Tür für Gäste. Hier gibt es zum Beispiel Tabakwaren, Bier, Wein, Käse, Toastbrot, Marmelade, Gewürzgurken, Rotkohl, Süßigkeiten, Chips und Zahnpasta. Integriert ist ein DHL-Paketshop.

Der Betreiber hat bei der Umgestaltung selbst Hand angelegt

Über einen rückläufig angelegten Flur gelangt der Unternehmer in den zweiten Raum, ein Café mit verglaster Brötchen- und Kuchentheke sowie fünf gewienerten Holztischen samt 18 Sitzplätzen. In einer Ecke steht ein Bücherregal mit jeder Menge Lektüre. Es duftet nach Gebackenem. Den Laminatboden hat der 43-Jährige selbst verlegt, Wände mit Dekor verschönert und dabei rote Steine eingearbeitet. Der in Hamburg-Altona lebende Geschäftsmann ist ausgebildeter Handwerker, hat früher in Varna, einer Hafenstadt am Schwarzen Meer, als Schweißer gearbeitet und später einen Imbiss in Bulgarien betrieben. Er lebt seit zwölf Jahren in Deutschland. Seinen Onkel, der in Berlin wohnt, hat er davor mehrmals besucht. Das hat ihn auf den Geschmack gebracht, einen Neuanfang an anderer Stelle zu wagen.

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Hierzulande arbeitete er auch während der Selbstständigkeit als Lkw-Fahrer bei der Deutschen Post. Vor zwei Jahren ließ sich Ismailov freistellen und konzentriert sich seitdem ausschließlich auf den Dorfladen. In Geräte, Küche, Mobiliar und Umgestaltung hat er nach eigenen Angaben rund 70.000 Euro investiert. „Ich war mit dem Lastwagen viel nachts unterwegs, die Doppelbelastung ging an die Substanz.“ Außerdem hatte sich Nachwuchs angekündigt. In den alten Job könne er jederzeit zurückkehren.

Das Geschäft ist täglich von 7 bis 20 Uhr geöffnet

Das wäre die B-Variante für den weiteren Berufsweg. Er will an dem festhalten, was er jetzt gerade macht: sein eigener Chef zu sein. Das ist immer noch mit einem hohen Arbeitspensum verbunden. Der Laden ist an sieben Tagen in der Woche von 7 bis 20 Uhr geöffnet. Ismailov beginnt eine Stunde früher. Er muss die Brötchen aufbacken und danach belegen. „Die Stunde von 6 bis 7 Uhr ist Powerarbeit, dann wird es ruhiger“, sagt der Geschäftsinhaber. Er beschäftigt zwei Kräfte auf Mini-Job-Basis sowie eine Person in Teilzeit. Das erlaubt es ihm, zumindest an drei Tagen nicht über die volle Distanz zu gehen.

Das Geschäft ist zweigeteilt mit Café und Kiosk-Bereich.
Das Geschäft ist zweigeteilt mit Café und Kiosk-Bereich. © René Soukup | René Soukup

An diesem Morgen gegen 9 Uhr treten fünf Kunden nahezu parallel ein. Alle kaufen Brötchen, zwei dazu eine Tageszeitung. Ein Endfünfziger nimmt noch eine Packung Zigaretten sowie zwei Flachmänner. Der 17 Jahre alte Tiago belässt es heute bei Backwaren. „Ich hole aber auch öfters sonntags Käse, Milch oder Mehl“, sagt der Schüler. Nach diesem kurzen Ansturm dauert es rund eine halbe Stunde, bis der nächste Verbraucher durch die Tür schreitet.

Im Kiosk können Kundinnen auch Tampons kaufen

Ein großes Plus des 70-Quadratmeter-Dorfladens sind die Öffnungszeiten und das Fehlen von Supermärkten sowie Discountern in Willinghusen. Die nächstliegenden großen Lebensmittelhändler befinden sich im Hauptort Barsbüttel und haben an Sonn- und Feiertagen geschlossen. Zum Erfolgsgeheimnis gehört aber auch, dass man bei Ismailov nahezu alle Dinge des täglichen Bedarfs erhält. Er hat auch Tampons im Sortiment. Die Preise im Kiosk sind um einiges höher als bei Edeka oder Aldi. Einen Großeinkauf macht deswegen hier keiner. Darauf hat der Inhaber sein Konzept auch nicht ausgelegt.

„Das Geschäft ist eine Bereicherung für den Ort und wichtig für Bürger, die keine weiten Wege mehr zurücklegen können. Es wird sehr gut angenommen. Meine Frau, Tochter und die Enkel gehen selbst dorthin. Man kauft Kleinkram dazu“, sagt Klaus-Peter Leiste, Vorstandsmitglied des Willinghusener Bürgervereins. In den Sommermonaten mache er mit Getränken mehr Umsatz als in der kalten Jahreszeit, berichtet der Ladenbetreiber. Bei den Backwaren sei die Nachfrage konstant. Eine Schrippe kostet 40 Cent, das belegte Brötchen 2,80 Euro. Muffins sind für zwei Euro das Stück zu haben, die Hälfte davon spendet Ismailov an einen Verein für Kinder- und Jugendhilfe.

Vor wenigen Tagen hat er seine Angebotspalette erweitert, um den Umsatz anzukurbeln. Jetzt gibt es im Dorfladen auch Mittagessen. Auf der Speisekarte stehen zum Beispiel Döner-Teller, Dürüm mit Hähnchen- oder Rindfleisch sowie Pinsa mit Käse und Lauchzwiebeln. Maßgeblich für diesen Schritt seien Nachfragen von Handwerkern gewesen, die fehlende warme Kost beklagten.