Ahrensburg. Stadt ist bei geförderten Bauprojekten in Verzug. Verwaltung sieht Fehler in Förderprogramm. Das sagt das Innenministerium.
Die Stadt Ahrensburg muss wegen nicht abgerufener Fördermittel aus der Städtebauförderung Strafzinsen in Höhe von rund 870.000 Euro an die Investitionsbank Schleswig-Holstein (IB.SH) zahlen. Das geht aus der Antwort der Verwaltung auf eine Anfrage der FDP-Fraktion hervor. Die Zahlungen werden fällig, weil die Schlossstadt bei der Umsetzung der geförderten Projekte in Verzug geraten ist.
Ahrensburg ist seit Ende 2014 Teil des Förderprogramms „Städtebaulicher Denkmalschutz“. 45 Millionen Euro sollen darüber in die Gestaltung der Innenstadt investiert werden. Zwei Drittel der Summe (30 Millionen Euro) kommen von Bund und Land, die restlichen 15 Millionen Euro muss Ahrensburg selbst finanzieren.
Verzug bei Bauprojekten: Ahrensburg muss Strafzinsen an das Land zahlen
Das Geld fließt in verschiedene Projekte im Stadtzentrum. Zum Beispiel wurde die Sanierung des Rathauses mit 6,35 Millionen Euro aus dem Programm gefördert. 2016 gab es 400.000 Euro für den Erwerb des denkmalgeschützten Alten Speichers hinter dem Marstall, dessen Sanierung noch aussteht.
Die Verwaltung muss jeweils einen Antrag beim Kieler Innenministerium stellen, um die Mittel zu erhalten. In diesem Jahr wurden nach Angaben aus dem Rathaus etwa 9,6 Millionen Euro beantragt, wovon 3,4 Millionen Euro bewilligt worden seien. Zusammen mit dem städtischen Eigenanteil stehen damit 5,1 Millionen Euro zur Verfügung.
Fördermittel müssen spätestens drei Monate nach Auszahlung verwendet werden
Das Geld wird bis 2027 in Tranchen von je etwa 700.000 Euro ausgezahlt. Das Geld kann für alle vom Land Schleswig-Holstein genehmigten Einzelprojekte eingesetzt werden. In diesem Jahr hat Ahrensburg der Verwaltung zufolge bis November rund 510.000 Euro abgerufen.
Für die Städtebauförderung führt Ahrensburg ein Sonderkonto, dessen Stand regelmäßig überprüft wird. Die Fördermittel sind mit der Verpflichtung verbunden, diese spätestens drei Monate nach der Auszahlung zu verwenden. Andernfalls werden Verzugszahlungen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz fällig. Ahrensburg hat diese Frist wiederholt gerissen, weshalb die IB.SH die Stadt zur Kasse bittet.
Zinsforderungen in Höhe von 370.000 Euro stehen noch aus
Die Zinsen für die Jahre 2014 bis 2018 in Höhe von 500.870 Euro wurden nach Rathausangaben bereits bezahlt. Noch nicht beglichen seien Forderungen von 370.000 Euro ab dem Programmjahr 2019. Der entsprechende Verzugszinsbescheid der IB.SH stehe noch aus. Seit Juni 2023 könnten zudem keine neuen Verzugszinsen mehr anfallen, da das Sonderkonto der Städtebauförderung komplett durch Eigenmittel gedeckt sei.
Aus dem Ahrensburger Rathaus heißt es, der Stadt entstehe durch die Strafzahlungen kein finanzieller Schaden. Allerdings reduziere sich die Förderquote, die mit den Verzugszinsen ins Verhältnis gesetzt werden müsse. Das Ergebnis ist dennoch dasselbe: Die Schlossstadt hat am Ende weniger Geld zur Verfügung.
Vorsitzender des Finanzausschusses: „Mehr als ärgerlich“
„Das ist mehr als ärgerlich“, sagt Wolfgang Schäfer, stellvertretender Vorsitzender der FDP-Fraktion, der das Thema mit seiner Anfrage auf die Agenda gebracht hat. Zumal Ahrensburgs finanzielle Situation angesichts zahlreicher Großprojekte, insbesondere in den Bereichen Schulen und Feuerwehr, ohnehin stark belastet sei. Im kommenden Jahr erwartet die Schlossstadt ein Haushaltsdefizit in Höhe von 15 Millionen Euro.
Doch warum ist es Ahrensburg nicht gelungen, die geförderten Projekte fristgerecht umzusetzen? Insbesondere im Bereich Tiefbau hatte Personalmangel zuletzt die Verschiebung zahlreicher Vorhaben notwendig gemacht. Auch gab es aus der Politik immer wieder den Vorwurf, im Rathaus werde nicht schnell genug gearbeitet. In diesem Fall wolle er der Verwaltung aber nicht die Schuld geben, sagt Schäfer.
Verwaltung sieht Fehlkonzeption des Förderprogramms als Grund
Grund für die Strafzahlungen ist aus Ahrensburger Sicht nicht eine schleppende Umsetzung der geförderten Projekte, sondern ein Konzeptionsfehler des Förderprogramms. „Die Kommunen müssen bei der Vergabe von Planungs- und Bauleistungen europäische und inländische Vergabefristen einhalten“, sagt Kay Renner, Projektleiter der Städtebauförderung im Ahrensburger Rathaus.
Bei Bauvorhaben mit Planungskosten über dem von der Europäischen Union festgelegten Schwellenwert von 214.000 Euro – was aktuell jede größere Maßnahme betreffe – sei eine europaweite Ausschreibung Pflicht. „Diese Vergabeverfahren dauern rechtlich allein drei bis vier Monate. Danach muss auch noch geplant und gebaut werden“, sagt Renner. Zudem sei nicht vorhersehbar, wann die beauftragten Unternehmen ihre Rechnungen stellten.
Die Drei-Monatsfrist einzuhalten sei nahezu unmöglich
Das alles führe dazu, dass es für Städte und Gemeinden nahezu unmöglich sei, die Drei-Monatsfrist einzuhalten. „Wenn Kommunen die Finanzmitteltranchen nicht abrufen, verfallen die Fördermittel. Andererseits ist es unmöglich, die abgerufenen Fördermittel rechtzeitig auszugeben. Das ist die Krux“, erklärt der Stadtplaner. „Trotzdem ist es besser, die Fördermittel abzurufen und notfalls Verzugszinsen zu zahlen, als sie verfallen zu lassen“, so Renner.
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Dass das Verfahren so nicht gut funktioniere, wisse auch das Land Schleswig-Holstein seit Jahren. Eine seit 2017 angekündigte Novelle der Förderrichtlinie sei jedoch immer wieder verschoben und erst kürzlich umgesetzt worden. Dadurch werde die Frist auf zwei Jahre verlängert.
Ahrensburg ist laut Kieler Innenministerium kein Einzelfall
Aus dem Kieler Innenministerium heißt es, Ahrensburg sei kein Einzelfall, was die Forderung von Verzugszinsen anbelange. „Daher freuen wir uns, dass wir kürzlich die genannte Frist im Einvernehmen mit dem Finanzministerium auf zwei Jahre verlängern konnten, um den Besonderheiten städtebaulicher Gesamtmaßnahmen und der Städtebauförderung Rechnung zu tragen“, so Sprecher Tim Radtke auf Anfrage.
Doch was geschieht mit bereits gezahlten Zinsen und mit solchen, die eingefordert, aber noch nicht beglichen sind? Im Ahrensburger Rathaus hegt man die Hoffnung, dass diese vom Land zurückerstattet werden könnten. Das habe Kiel den Kommunen zumindest in der Vergangenheit in Aussicht gestellt.
Ministerium erteilt Hoffnungen auf Rückerstattung eine Absage
Doch das Innenministerium erteilt derlei Hoffnungen auf Anfrage unserer Redaktion eine Absage. „Die Änderung der Förderrichtlinien erfolgte in die Zukunft gerichtet. Bereits gezahlte Zinsen werden nicht erstattet“, sagt Sprecher Tim Radtke. Unabhängig, wer die Verantwortung für die schleppende Umsetzung der geförderten Projekte trägt: Das angesichts der städtischen Haushaltslage sehr willkommene Geld ist für Ahrensburg somit futsch.