Glinde. Reparaturen werden aufgeschoben. SPD und Grüne kreiden das Rainhard Zug an. Ein Vorwurf: Der Verwaltungschef setze falsche Prioritäten.

Der Zustand des Heizkörpers im Sanitärbereich der Kindertagesstätte Wirbelwind am Gerhart-Hauptmann-Weg in Glinde ist erbärmlich. Nach dem Händewaschen ziehen Jungen und Mädchen Trockentücher aus einer direkt darüber angebrachten Box. Dabei tropft Wasser auf die Wärmequelle. Das würde auch Erwachsenen passieren. Inzwischen ist das Teil total verrostet. An diesem Standort sowie in anderen städtischen Kitas und Horten gibt es diverse Mängel. Die Beseitigung geht der Politik nicht schnell genug. Parteienvertreter sind entsetzt und verärgert. Sie attackieren deshalb Rathauschef Rainhard Zug.

„Der Bürgermeister trägt die Verantwortung, er hat seine Verwaltung überhaupt nicht im Griff. Es gibt Sicherheitsmängel, die sofort abgestellt werden müssen. Am besten wäre das schon gestern geschehen“, sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank Lauterbach. Außerdem werde versucht, Sachen unter den Teppich zu kehren. „Notfalls muss man die Eltern mobilisieren, um dem Ganzen Nachdruck zu verleihen.“ Im jüngsten Sozialausschuss, dessen Vorsitzender der Sozialdemokrat ist, wurde über das Thema ausführlich gesprochen. Zug war nicht anwesend, dafür aber Dagmar Schöps, Sachgebietsleiterin für Soziales, Kinder, Jugend und Senioren. Sie räumte in ihrem Sachstandsbericht schleppendes Tempo ein, sagte unter anderem: „Die personellen Ressourcen sind bei den Hausmeistern seit Jahren nicht vorhanden.“

Liste mit Schwachstellen umfasst zwei Dutzend DIN-A-4-Seiten

Die Verwaltung muss der Politik regelmäßig Auskunft geben über Reparaturfortschritte in den Betreuungseinrichtungen. Sie hatte nach Begehungen an zwei Tagen im Juni eine Mängelliste erstellt, die zwei Dutzend DIN-A-4-Seiten umfasst. Dort ist auch aufgeführt, wann welche Dinge erledigt werden sollen. Der Austausch des maroden Heizkörpers in der Kita Wirbelwind, wo 127 Jungen und Mädchen untergebracht sind, ist für 2024 geplant. Vorher sei es wegen des bereits überzogenen Budgets nicht möglich. Das neue Stück soll aus Edelstahl sein, um eine Korrosion auszuschließen. Dafür hat der Grünen-Fraktionsvorsitzende Lüder Lückel kein Verständnis: „Wir brauchen einfache Lösungen. Der Heizkörper kann günstiger sein, und man müsste den Papiertuchhalter versetzen.“

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Dass dieser über der Heizung installiert wurde, sorgt nicht nur bei ihm für Kopfschütteln. Auch Lückel kritisiert Zug: „Der Fisch Verwaltung stinkt vom Kopf her. Der Bürgermeister setzt falsche Prioritäten.“ Im Gremium wurden Einrichtungsleitungen gehört, die Missstände offenbarten. Laut einer Fachkraft der Kita Wurzelzwerge sind bislang nur zwei Türstopper ausgewechselt worden. Die Mängel allein in diesem Haus füllen fünf Seiten. Einige Beispiele: Bei Regen drückt Wasser durchs Fenster, Bohrlöcher in der Küche sowie im Sanitärbereich wurden schon mehrfach beanstandet und sind immer noch nicht geschlossen.

SPD-Politiker sieht erhöhte Verletzungsgefahr auf Spielplatz

Nicht besser sieht es im Hort Tannenweg aus. Auf dem Spielplatz sind senkrecht stehende Holzer, auf denen sich Kinder bewegen, verrottet. Erst 2025 soll es einen Austausch geben. „Hier besteht erhöhte Verletzungsgefahr, sowas muss rasch gemacht werden“, sagt Wolfgang Westphal (SPD). „Die Sachen an den Kitas wurden über Jahre nicht abgearbeitet. Wir können das nicht tolerieren.“ Außerdem sind Abdichtungen an Fenstern morsch. Auf der Rückseite des Gebäudes ist ein Loch in der Fassade. In der Begegnungsstätte Spinosa, genutzt vom Hort Löwenzahn, sind Deckenplatten beschädigt. Ein Sonnenschutz vor dem Fenster ist defekt.

Die Kindertagesstätte Wirbelwind in Glinde: Hier werden 127 Jungen und Mädchen betreut.
Die Kindertagesstätte Wirbelwind in Glinde: Hier werden 127 Jungen und Mädchen betreut. © René Soukup | René Soukup

Ein Hortleiter sagte in der Ausschusssitzung, es würden Unwahrheiten erzählt. Als Beispiel nannte er einen kaputten Teppich. Die Verwaltung habe ihm auf Nachfrage mitgeteilt, die Sache sei in Ordnung gebracht. Dabei habe er in jenem Moment direkt neben dem beschädigten Stück gestanden. Sein Fazit: „Es fehlt an Kontrolle.“

Wegen der Zustände in einem Hort sowie einer Schule hatten Elternbeiräte Alarm geschlagen und zu Beginn dieses Jahres einen Brandbrief an Rainhard Zug und die Vorsitzenden von Bau-, Sozial- und Kulturausschuss geschrieben. Daraufhin wurde die Politik aktiv und forderte die Verwaltung auf, alle Schwachstellen in sämtlichen Einrichtungen zu benennen. Es gibt eine weitere Mängelliste für Schulen. Die SPD wollte zudem durchsetzen, dass die Stadt externes Reinigungspersonal durch eigenes ersetzt und dafür neue Stellen schafft. Beklagt wurde nämlich auch fehlende Sauberkeit. Der Vorschlag der Partei war nicht mehrheitsfähig. Das ist ganz im Sinne des Bürgermeisters. Er ist überzeugt, dass es von der Qualität keinen Unterschied macht.

Glinde will 2024 drei weitere Hausmeister in Vollzeit einstellen

Die jüngste Kritik an ihm kommentiert Rainhard Zug so: „Man macht es sich einfach, wenn man der Verwaltungsspitze die Schuld gibt.“ Der Kern des Ganzen seien massive Hausmeisterprobleme. „In den Kitas fehlen deswegen 25 Stunden pro Woche.“ Besserung verspricht er sich in 2024. Dann will Glinde drei weitere Hausmeister in Vollzeit einstellen. Der Verwaltungschef benennt zwei weitere Punkte, die ein schnelleres Vorankommen bei der Mängelbeseitigung verhindern. „Von vormals vier Bauingenieuren haben wir nur noch zwei und Großprojekte wie die Erweiterung der Grundschule Tannenweg, die deutlich mehr Kapazitäten binden als ursprünglich geplant.“

Sozialdemokrat Lauterbach lässt diese Argumente nicht gelten. „Wenn ein Amt unterbesetzt ist, dann muss der Bürgermeister eben Firmen beauftragen. Außerdem hat er kaum Stellen von uns angefordert. Es ist immer die Politik, die hier aktiv wird.“