Ahrensburg. Milliarden-Projekt steht in der Kritik. Ab Ende 2029 sollen Züge zwischen Altona und Bad Oldesloe rollen. Wie es jetzt weitergeht.

Beim Schleswig-Holsteinischen Verkehrsministerium sind mehr als 190 Einwendungen gegen die geplante S4von Hamburg-Altona nach Bad Oldesloe eingegangen. Wie Sprecher Harald Haase auf Anfrage informierte, machten 193 Bürger von der Möglichkeit Gebrauch, Kritik und Änderungswünsche in das Planfeststellungsverfahren für den dritten Bauabschnitt des Mega-Projektes einzubringen, welcher auf 8,3 Kilometern von der Hamburger Landesgrenze bis zum nördlichen Ahrensburger Stadtrand reicht.

Darüber hinaus liegen laut Haase 48 Stellungnahmen von Trägern öffentlicher Belange und Fachbehörden sowie vier Einlassungen von Naturschutzverbänden vor. Die Deutsche Bahn hatte die Planunterlagen vom 26. September an für vier Wochen öffentlich ausgelegt. Von diesem Zeitpunkt an bis zum 8. November hatten Bürger die Möglichkeit, Einwendungen einzureichen.

S4 nach Ahrensburg: Mehr als 190 Einwendungen gegen Milliarden-Projekt

In Ahrensburg gibt es massiven Widerstand gegen die neue S-Bahn, die ab Ende 2029 die Regionalbahnen der Linie RB81 ersetzen soll. Kernpunkte der Kritik sind die Auswirkungen auf das Naturschutzgebiet Stellmoor-Ahrensburger Tunneltal, die Planung der neuen S4-Haltestelle Ahrensburg West und mehrerer Brücken sowie der Lärmschutz, den die Bahn mit bis zu sechs Meter hohen Wänden entlang der Trasse sicherstellen will.

Ahrensburgs Stadtverordnete haben ein 67-seitiges Schreiben mit Kritikpunkten und Nachbesserungsvorschlägen eingereicht. Außerdem stellten die Kommunalpolitiker knapp 400.000 Euro für eigene Alternativplanungen und mögliche gerichtliche Auseinandersetzungen bereit.

Kritik kommt von Politikern, Bürgern und Naturschutzorganisationen

Die Kritik teilen die Stadtverordneten mit vielen Bürgern und Naturschutzorganisationen. Unter anderen haben auch der Verkehrsclub Deutschland (VCD) und der Naturschutzverein Jordsand Einwendungen eingereicht. Auch die Stadt Bargteheide kritisiert die Planungen der Bahn. Dort geht es vor allem um die geplante Umgestaltung des Bahnhofs. Ahrensburgs nördliche Nachbargemeinde Delingsdorf wehrt sich gegen den Bau einer Abstellanlage für die S-Bahnzüge auf ihrem Gebiet.

Die Deutsche Bahn sieht die Einwendungen gelassen. Ihre Zahl bewege sich auf einem ähnlichen Niveau wie in den ersten beiden Bauabschnitten auf Hamburger Gebiet. Zwischen Hasselbrook und Luetkensallee wird bereits seit Mai 2021 gebaut. „Zum Vergleich: Gegen den Bau des Fehmarnbelttunnels sind auf deutscher Seite etwa 12.600 Einwendungen eingereicht worden“, sagt Bahn-Sprecher Peter Mantik. Da seien 193 „ein guter Wert“.

Bahn will Einwendungen laut Sprecher bis Ende Mai 2024 erwidern

Dennoch nehme man alle Kritikpunkte ernst. „Wir schauen uns jede Einwendung an“, sagt Mantik. Das weitere Verfahren sieht vor, dass die Deutsche Bahn nun zu sämtlichen Einwendungen Stellung beziehen muss. Dies soll Mantik zufolge bis Ende Mai 2024 geschehen. „Jeder, der eine Einwendung eingereicht hat, erhält von uns eine Erwiderung“, so der Sprecher.

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Anschließend gibt es gegebenenfalls einen Erörterungstermin, bei dem die betroffenen Bürger, Interessengruppen und Behörden die Möglichkeit erhalten, ihre Bedenken direkt mit Vertretern der Bahn zu besprechen. Das Eisenbahn-Bundesamt prüft schließlich die eingegangenen Stellungnahmen, Gutachten und Erörterungsergebnisse und erlässt, sofern das Vorhaben genehmigungsfähig ist, den sogenannten Planfeststellungsbeschluss, mit dem der Weg für den Bau der S4-Trasse nach Ahrensburg frei wäre.

Die Unterlagen müssen wegen Änderungen erneut ausgelegt werden

Sollte die Bahn hingegen auf eigene Initiative Änderungen an den Planungen vornehmen oder das Bundesamt ihr nach Abwägung der Einwendungen die Auflage erteilen, die Pläne in bestimmten Punkten zu überarbeiten, müssen die Unterlagen erneut ausgelegt werden. Dann können Bürger, Organisationen und Behörden zu den geänderten Planungen erneut Einwendungen einreichen.

Dass es zu einer erneuten Auslegung kommt, ist im Fall der S4 bereits sicher. Die Bahn hat nach der Kritik aus Ahrensburg schon in den vergangenen Monaten Nachbesserungen angekündigt. Unter anderem sollen neuartige, zu 70 Prozent durchsichtige Lärmschutzwände eingesetzt und die Brücke, die den Bahnübergang Brauner Hirsch ersetzen wird, verschlankt werden.

Spätere Einarbeitung von Änderungen soll Verzögerung verhindern

Beide Punkte sind laut Mantik schon länger vorgesehen, seien aber aus Zeitgründen noch nicht in die im September und Oktober veröffentlichten Unterlagen eingearbeitet worden. Man habe sich für diese Lösung entschieden, um Verzögerungen zu vermeiden und eine Inbetriebnahme der S4 vor der Eröffnung des Fehmarnbelttunnels sicherzustellen. Denn dann werde die Bestandsstrecke vermehrt für den Güterverkehr benötigt.