Trittau. Planungsdebakel oder längst überfällige Entscheidung? Bündnis aus drei Fraktionen stellt Dringlichkeitsantrag. Bürgermeister übt Kritik.

Ein lang geplantes Trittauer Großprojekt hat ein jähes Ende gefunden. Die Gemeindevertreter stimmten bei ihrer jüngsten Sitzung mehrheitlich dafür, die Pläne für die neue Mehrzweckhalle sofort zu stoppen. Hintergrund ist die immense Kostenexplosion für den Umbau der maroden Tennishalle an der Großenseer Straße. Eine erste Kostenschätzung lag bei 3,4 Millionen Euro. Inzwischen ist von bis zu 13 Millionen Euro die Rede.

Die Sitzung war kurzfristig einberufen worden, weil ein Dreierbündnis aus den Fraktionen von CDU, Grünen und SPD einen Dringlichkeitsantrag eingereicht hatte. Darin formulierten die Initiatoren ihre Forderung so knapp wie knackig: „Der Bürgermeister wird beauftragt, die Planungen zum Bau einer Mehrzweckhalle mit sofortiger Wirkung zu beenden.“ Die Mitglieder des Schulverbandes seien von dieser Entscheidung in Kenntnis zu setzen. Dort dürfte der Beschluss allerdings für einige Irritationen sorgen. Hatte die Gemeindevertretung doch erst kürzlich für die Aufnahme von Gesprächen mit dem Schulverband, der bereits den Neubau einer Vierfeldsporthalle beschlossen hat, gestimmt. Mit dem Ziel, mögliche Synergieeffekte auszuloten, um Kosten zu sparen. Denn beide Vorhaben sind gleichermaßen von den Preissteigerungen im Bausektor betroffen.

Mehrzweckhalle Trittau: Bau hätte kurzfristig starten können

Die Fraktionen von SPD und Grünen stimmten geschlossen für den Antrag. Enthalten haben sich die Bürgergemeinschaft Trittau (BGT) sowie Harald Martens und Schulverbandsvorsteher Axel Zimmermann (beide CDU). Einzig Bürgervorsteher Lars Ryll (CDU) stimmte dagegen. Er begründet das so: „Der Beschluss dient ja dazu, ein fix und fertiges Projekt zu beerdigen, mit dem jederzeit gestartet werden kann.“ Die Baufreigabe werde für kommende Woche erwartet. Zudem sei seit Langem bekannt, dass die Schulen dringend weitere Hallenplätze benötigen. Doch stehe es in den Sternen, wann mit dem Bau der Vierfeldhalle begonnen werden könne. „Wie viele Jahre wollen wir dann noch planen“, fragt Ryll.

Die Hoffnung, dass der Schulverband mit seiner neuen Sporthalle in die Bresche springen wird, teilt er nicht. „Der Schulverband hat die Planung beschlossen, aber wir wissen weder was der Neubau kostet noch wie er aussehen soll.“ Zwar trage Trittau etwas mehr als die Hälfte der finanziellen Last. Doch wenn die konkreten Zahlen erst einmal auf dem Tisch lägen, könne er sich gut vorstellen, dass einige Gemeinden ganz schnell wieder aus dem Projekt aussteigen.

Bürgermeister Oliver Mesch wird vom Antrag überrumpelt

Auch Bürgermeister Oliver Mesch beschleicht angesichts des jetzigen Beschlusses ein ungutes Gefühl. Er sagt: „Ich habe eine andere Auffassung zur Halle.“ Man verabschiede sich ohne Not von einer Option. „Ein 13-Millionen-Projekt begräbt man nicht handstreichlich mit einem Dringlichkeitsantrag.“ Zuletzt hatte er sich in der regulären Sitzung im Oktober dafür ausgesprochen, erst nach sorgfältiger Prüfung und Abwägung aller Möglichkeiten eine fundierte Entscheidung zu treffen. Bei diesem Termin hatte das Bündnis versucht, eine kurzfristige Abstimmung über die Fortsetzung der Planung auf die Tagesordnung zu setzen. Zur Überraschung des Verwaltungschefs. Denn bei einer Sitzung mit den Fraktionsspitzen wenige Tage zuvor sei davon keinerlei Rede gewesen.

Dieses Modell des Architektenbüros Voßgrag Architekten zeigt die sogenannte große Lösung, die viel Platz für Kultureranstaltungen und sportliche Aktivitäten geboten hätte.. Die Umsetzung dieses Vorschlags hätte Trittau nach Schätzung von Architekt Andreas Voßgrag rund 12,5 Millionen Euro gekostet.
Dieses Modell des Architektenbüros Voßgrag Architekten zeigt die sogenannte große Lösung, die viel Platz für Kultureranstaltungen und sportliche Aktivitäten geboten hätte.. Die Umsetzung dieses Vorschlags hätte Trittau nach Schätzung von Architekt Andreas Voßgrag rund 12,5 Millionen Euro gekostet. © Voßgrag Architekten | Voßgrag Architekten

„Einerseits herrscht jetzt Klarheit, andererseits hängen alle in der Luft“, lautet sein Fazit. Die Zukunft sei ungewiss. „Bis darauf, dass wir frühestens in drei bis vier Jahren neue Hallenplätze bekommen.“ Doch zusätzlicher Hallenraum werde nicht erst in ein paar Jahren, sondern sofort benötigt. „Ich würde mich nicht mit Herzblut für die Halle engagieren, wenn ich nicht davon überzeugt wäre, dass sie ein sinnvolles Vorhaben ist. Man hätte abwarten und dann vor dem Hintergrund der Finanzberatungen zum Haushalt und den Gesprächen mit dem Schulverband eine Entscheidung fällen können“, findet er.

Mit Stopp der Mehrzweckhalle geht auch die Kultur leer aus

Auch Ryll sieht eine Dringlichkeit des Antrags nicht gegeben. „Man hätte bis zur nächsten Sitzung abwarten können. In dieser Zeit entstehen keinerlei zusätzliche Kosten.“ Im Gegensatz zur Sporthallenplanung des Schulverbands sei die Mehrzweckhalle kostensicher und baureif, es müsse nur noch ausgeschrieben werden, betont Mesch. „Es ist die einzig reale Möglichkeit, preissicher Hallenplätze für die Schulen und die Gemeinde und Platz für Kultur zu generieren.“ Es stimme ihn traurig, dass die Mehrheit das Projekt nun begraben sehen wolle. Mehr als 400.000 Euro Planungskosten würden so in den Sand gesetzt und die für das Projekt bewilligte Fördersumme des Bundes könne die Gemeinde nicht abrufen. Ryll bringt seinen Unmut darüber mit deutlichen Worten zum Ausdruck: „Wir haben mit diesem Beschluss zwei Millionen Euro im Klo hinuntergespült.“

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„Es war notwendig, die Reißleine zu ziehen“, findet hingegen der CDU-Fraktionsvorsitzende Jens Hoffmann. „Beschlüsse, die zwei bis drei Jahre alt sind, sind vor dem Krieg in der Ukraine, der Inflation, den gestiegenen Zinsen und der Baukostenexplosion gefasst worden.“ Es sei mehr als legitim, darüber nachzudenken, ob deren Umsetzung noch sinnvoll sei. Außerdem sei die Faktenlage eine andere: Auf Trittau kämen weitere Kosten zu – unter anderem für die Finanzierung der Kita hinter dem Markant-Markt, Erweiterung des Gymnasiums, Rettungszentrum, Gelbes Haus. „Die Gemeinde hat erstmalig seit vielen Jahren wieder einen Kredit aufnehmen müssen, um ihren Verpflichtungen nachzukommen“, so Hoffmann. Die Planungen für die Multifunktionshalle einzustellen, sei „allen Beteiligten nicht leichtgefallen, aber alternativlos“.

Schulverband soll für ausreichende Anzahl Hallenplätze sorgen

Detlef Ziemann (Grüne) stimmt zu: „Die Kosten von circa elf bis 13 Millionen Euro sind im Gemeindehaushalt aktuell nicht darstellbar.“ Für den Bau von Flächen für den Schulsport sei per Gesetz ohnehin der Schulverband zuständig. „Würde die Gemeinde ihre Halle bauen, wäre der Druck vom Schulverband genommen und er würde seinen Bedarf an Hallenflächen für den Schulsport durch Anmietung der Gemeindehalle decken.“ Stattdessen solle der Schulverband „bitte seinen Verpflichtungen selbst nachkommen“, fordert Ziemann.

Nach Ansicht von Thies Grothe (SPD) gibt es keine Alternative zum Stopp der Planungen. „Im Hinblick auf die zukünftige finanzielle Belastung der Gemeinde können wir derzeit kein zusätzliches eigenes Vorhaben mit einer derartigen Größe stemmen“, argumentiert er. Doch unter bestimmten Umständen könne man die Idee einer Veranstaltungshalle für Sport und Kultur erneut aufgreifen. „Wenn wir die auf uns zukommenden Kosten konkret benennen können und es noch einen Spielraum geben sollte, könnte man auch das Thema wieder angehen“, sagt er. Es böte sich in jedem Fall an, eine kleinere Veranstaltungshalle für sportliche und kulturelle Angebote im Rahmen der Überplanung des Campeareals in der Ortsmitte zu bedenken, „denn hier gibt es bekanntermaßen schon heute einen Nutzungsbedarf.“

Für die BGT nimmt Peter Sierau Stellung: „Wir sehen weiterhin den Bedarf einer Mehrzweckhalle inklusive eines Sportlerheimes für den TSV Trittau, und zwar dort, wo jetzt auf gemeindlichem Grundstück eine stark sanierungsbedürftige Tennishalle steht.“ Der BGT sehe aber auch, dass diese „augenblicklich nicht finanzierbar“ sei.