Glinde. Kreis billigt Nutzung des Fußwegs am Papendieker Redder für Radler. Glinder Politiker sind trotzdem unzufrieden. Was sie fordern.

Sie haben Angst vor Autos, die zu schnell unterwegs sind und beim Überholen den innerorts vorgeschriebenen 1,5-Meter-Mindestabstand nicht einhalten. Das passiert oft am Papendieker Redder in Glinde. Deshalb nehmen die meisten Radfahrer den Gehweg auf der östlichen Seite und handeln damit regelwidrig. Für so einen Verstoß ist ein Bußgeld in Höhe von bis zu 100 Euro möglich. Zumindest jene, die den Streifen in Richtung Barsbüttel nutzen, können nach dem Umbau der Straße nicht mehr sanktioniert werden. Das Verbot für die Route wird aufgehoben.

„Wir haben uns auf diese Variante geeiningt“, sagt Andrea Köhler, Sachgebietsleiterin im Glinder Rathaus und zuständig für Verkehrsangelegenheiten, über das Ergebnis des letzten Gesprächs mit der Kreisbehörde sowie dem Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr (LBV.SH). Sie werde die Sache nach der Sanierung anordnen. Damit jeder um die dann zulässige Alternative zum Radeln auf der Straße weiß, werden auf dem Gehweg vor jeder Einmündung Piktogramme angebracht – zum Beispiel am Sandkamp und an der Blockhorner Allee. Die Novellierung gilt nach Köhlers Angaben von der Ecke Möller Landstraße bis zum Ortsausgangsschild. In der Weiterführung müssen Radfahrer ohnehin nicht auf die Fahrbahn der Kreisstraße 109. Bei der kombinierten Nutzung haben Fußgänger jedoch absoluten Vorrang. Personen, die in die Pedalen treten, sind angehalten, bei Bedarf zu stoppen.

Der Fahrbahn fehlt es an Breite für Radweg oder -streifen

Wie berichtet, wird der Papendieker Redder auf einem rund einen Kilometer langen Abschnitt grunderneuert. Das hat der Kreis entschieden. Laut vorläufigem Zeitplan wird Hamburg Wasser ab Frühjahr 2024 Leitungen ersetzen. Zur Jahresmitte 2025 kümmert sich der LBV.SH dann um Fahrbahn und Gehweg. Ziel ist es, nach einem Jahr fertig zu sein. Mehr als ein Dutzend Plantanen wurden bereits gefällt.

Das Projekt kostet mindestens 2,2 Millionen Euro. Glindes Politiker hätten gern einen Radweg oder -streifen gesehen. Dafür fehlt es der Fahrbahn an Breite. Geschützte Bäume am Rand verhindern eine Ausdehnung. Als Alternative wollen die Parteien zumindest auf Sicht durchgängig Tempo 30, damit sich Radfahrer sicherer fühlen auf der Straße. Die Kreisbehörde lehnt das Ansinnen ab. Sie ist oberste Instanz. Derzeit sind 50 km/h zulässig für Autos, Lastwagen und Motorräder.

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Eine Bürgerinitiative fordert sogar eine sofortige Geschwindigkeitsreduzierung. Sie hatte einen Antrag gestellt. Daraufhin führte Glinde über mehrere Tage an zwei Stellen Tempomessungen durch. An einem Punkt waren nahezu 53 Prozent der Autos zu schnell. Trotzdem schmetterte die Verwaltung das Gesuch ab, berief sich dabei auf statistisches Material der Polizei. Demnach gab es 2022 fünf Unfälle mit Begegnungsverkehr und geparkten Fahrzeugen sowie einen mit Wild. Fazit: Man sieht keine konkrete Gefahr für Radfahrer.

Glindes Verkehrsaufsicht könnte eine Beschränkung anordnen, allerdings ist der Kreis berechtigt, diese einzukassieren. Bürgermeister Rainhard Zug will zudem keinen Streit auf Behördenebene, weil es bei den Gesprächen mit dem Kreis schon vor geraumer Zeit Fortschritte gab. Ihm wurde Zustimmung signalisiert für Tempo 30 auf speziellen Abschnitten des Papendieker Redders nach der Sanierung.

Bürgermeister Rainhard Zug sieht Gefahr an Grundstücksauffahrten

Nun also hat die Kreisverwaltung mit Sitz in Bad Oldesloe weitere Zugeständnisse gemacht. Nach ersten Planungen soll der Gehweg von 2,50 auf zwei Meter verengt werden. Grund ist laut Heiko Wisser vom Glinder Tiefbauamt ein 50-Zentimeter-Schutzstreifen „für bessere Bewässerung der Bäume“. In Stein gemeißelt ist das allerdings nicht. „Es wird geprüft, ob man die Gehwegbreite beibehalten kann.“ Radfahrer und Fußgänger hätten für diesen Fall mehr Platz und würden sich nicht so nahe kommen beim Passieren. In der Zeit vom 1. November bis Ende Dezember werden deswegen Vermessungen vorgenommen, so Wisser. Die Koordination obliegt dem LBV.SH.

Rainhard Zug sagt, er sei sehr überrascht von der neuesten Entwickung: „Ich bin unzufrieden, halte es für keine gute Lösung. Es ist höchst gefährlich für Radfahrer an den Grundstücksauffahrten.“ Im jüngsten Bauausschuss hatten Köhler und Wisser Andeutungen gemacht, dass es eine neue Regelung geben könnte. Matthias Sacher (CDU) sagt: „Uns ist wichtig, dass sich alle Verkehrsteilnehmer, und damit meine ich auch Fußgänger, sicher bewegen können. Die Schulwegsicherung ist leider nicht berücksichtigt. Wir wollen vom Kreis auf Augenhöhe eingebunden werden.“ Der Christdemokrat fordert also ein Mitbestimmungsrecht.

SPD-Fraktionsvizin: Beschluss zu Tempo 30 wird nicht zurückgenommen

Lüder Lückel, Fraktionsvorsitzender der Grünen, meint, das reiche so nicht. „Wir müssen Radfahrer am Papendieker Redder unabhängig von der Fahrtrichtung besser schützen. In der Regel fahren Autos vom Norden kommend mit überhöhter Geschwindigkeit.“ Für Radler mit identischem Weg ändert sich nichts: Sie müssen auf die Straße. Ausnahme sind Kinder bis zum zehnten Lebensjahr. Sie können einen sehr schmalen Gehweg nutzen. Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Marlies Kröpke sagt, der politische Beschluss zu Tempo 30 werde auf keinen Fall zurückgenommen. „Ich habe große Bedenken bei dieser Stückelei sowohl beim Gehweg-Thema als auch bei der Verlangsamung nur auf Abschnitten. Es sind Zweifel angebracht, dass sich viele Autofahrer an die Geschwindigkeitsreduzierung halten.“

Nach der Vollsanierung des Papendieker Redders wird die sogenannte Straßenbaulast mit Fußweg, Parkflächen und Bäumen an Glinde übertragen. Dagegen kann sich die Stadt nicht wehren. Sie ist dann Eigentümer mit Ausnahme der Fahrbahn. Bei dieser ist weiterhin der Kreis Stormarn für die Instandhaltung verantwortlich.