Glinde. Der Kreis lässt 14 Platanen abholzen. Glinder Kommunalpolitiker monieren fehlenden Informationsfluss und kritisieren Stadtverwaltung.

Das Geräusch einer Motorsäge übertönt an diesem Montagmorgen die vorbeifahrenden Autos. Es ist 9.30 Uhr. Am Papendieker Redder Ecke Möllner Landstraße in Glinde steht ein Fahrzeug mit integrierter Leiter, davor ein grüner Container. Die Fahrbahn ist mit Pylonen bestückt. Passanten erblicken drei Arbeiter mit Helm und Ohrenschützern. Sie haben damit begonnen, Bäume zu fällen. Hinter der Absperrung auf dem Gehweg machen sich Kommunalpolitiker ein Bild vom Geschehen. Peter Michael Geierhaas (SPD), sein Parteikollege Wolfgang Westphal, Monika Kaemmer und Jan Lont (beide FDP) sind entsetzt. Parteienvertreter hatten noch versucht, das Abholzen kurzfristig zu stoppen – vergebens.

Entlang der K 109 werden 14 Platanen entnommen. Dafür hat der Kreis ein Unternehmen beauftragt. Die Genehmigung der Stadtverwaltung hat die Behörde mit Sitz in Bad Oldesloe am 6. Dezember vergangenen Jahres erhalten. „Grund für die Fällungen ist der gutachtlich festgestellte Schluss, dass die Standfestigkeit der Platanen bei der erforderlichen Straßenbaumaßnahme aufgrund ihres Zustandes nicht gegeben sei. Die grundhafte Erneuerung des Papendieker Redders dient der Verkehrssicherheit und liegt im öffentlichen Interesse“, heißt es in einer E-Mail von Kreisbauamtsleiter Thilo Scheuber, die er Kaemmer am 2. Februar geschickt hat.

Protest gab es auch aus Nachbarkommune Reinbek

Die FDP-Politikerin hatte in einem Schreiben um Aufschub gebeten, wollte zuvor eine Diskussion in den Ausschüssen und vor allem Informationen von der Stadtverwaltung. Das war auch das Ansinnen von Geierhaas, der Bürgermeister Rainhard Zug am 1. Februar in einer Mitteilung wissen ließ, er möge sofort bei der Kreisverwaltung darauf hinwirken, auf keinen Fall mit der Fällung zu beginnen. „Es war immer klar, dass Bäume weichen müssen, nur der Zeitpunkt wurde uns nicht kommuniziert. Hier sind Tatsachen geschaffen worden“, so Geierhaas. Die Kritik von SPD und FDP richtet sich an die Stadtverwaltung, man spricht von mangelnder Transparenz. „Meine Hoffnung war, dass wir es schaffen, durch Gespräche im Ausschuss eine Reduzierung der Fällungen hinzubekommen. Das ist uns bei einer Bauhoffläche schon einmal gelungen“, sagt Geierhaas. Man hätte nun auch unbedingt die Anwohner über den Start informieren müssen.

Der umweltpolitische Sprecher der SPD-Fraktion wird das Thema am kommenden Donnerstag im Ausschuss für Umwelt- und Klimaschutz in die Runde bringen. Beginn im Marcellin-Verbe-Haus (Markt 2) ist um 19 Uhr. Geierhaas: „Der Bürgermeister wird sich einiges anhören müssen. Was hier passiert, ist ein Unding.“ Kaemmer möchte, dass an jenem Abend alle Details über die Abstimmung zwischen Kreisbehörde und Glindes Rathaus bekannt werden.

Die 51-Jährige lebt in einer Nebenstraße des Papendieker Redders, hatte vor rund zwei Wochen das Anbringen von Markierungen an Bäumen registriert. Sie war auch auf einem von der Reinbeker Wählergemeinschaft Forum 21 organisierten Rundgang. Die Gruppe hatte sich beim Landrat Henning Görtz ebenfalls dafür eingesetzt, auf die Fällungen zu verzichten. Das Verschwinden der Platanen und die Einhaltung des 1,5-Grad-Klimaziels passen ihrer Ansicht nach nicht zusammen. Zudem geht Forum 21 hart mit jenen Politikern ins Gericht, die im Kreisverkehrsausschuss im Juni 2022 der Erneuerung der K 109 inklusive der Baumarbeiten zugestimmt haben.

Laut Kreisbauamtsleiter Scheuber liegt für die Entnahme von neun Platanen innerhalb der Allee zusätzlich eine Genehmigung der unteren Naturschutzbehörde vor. In seiner Antwort an Kaemmer berichtet er von 32 Ersatzpflanzungen und schreibt Folgendes: „Wir werden die Maßnahme nicht pausieren. Es ist eine qualifizierte Planung angestrengt worden, die durch die politischen Kreisgremien beschlossen wurde, alle fachlichen Genehmigungen sind rechtmäßig und rechtzeitig eingeholt worden.“

Tempo 30 ist Streitpunkt zwischen Glinde und Kreis

Mit den 14 Bäumen ist es aber womöglich nicht getan. Es könnten mehr werden. Über eine exakte Zahl herrscht erst Klarheit, wenn Hamburg Wasser weiß, wie viele Grundversorgungsleitungen erneuert werden müssen. Bekannt ist: Der Umfang dieser Tätigkeiten wird weitaus größer als vorgesehen. Deshalb wird die Straße frühestens 2024 erneuert. Bürgermeister Zug hat bei der Kreisbehörde keinen Einspruch eingelegt. Er sagt: „Nach meinen Informationen sind die Bäume geschädigt. Ich verlasse mich auf die vorliegenden Gutachten.“ Die Informationspflicht sehe er beim Kreis. „Die Maßnahme war absehbar, denn die Fällsaison endet am 28. Februar.“

Der Kreis wird einen rund einen Kilometer langen Abschnitt des Papendieker Redders sanieren. Kosten: mehr als zwei Millionen Euro. Wie berichtet, gibt es Ärger zwischen Glindes Politik und der Behörde in Bad Oldesloe. Die Parteien möchten die Sicherheit für Radfahrer erhöhen und fordern im Zuge der Grunderneuerung Tempo 30. Das lehnt der Kreis ab. Bürgermeister Zug hat diese Haltung mehrmals in Ausschüssen betont. Ein Radstreifen ist dort nicht möglich, weil die Fahrbahn zu schmal ist. Den Gehweg dürfen nur Kinder bis zum vollendeten zehnten Lebensjahr mit dem Velo nutzen. Ansonsten muss man auf die Straße. Viele haben jedoch Angst wegen der vorbeirasenden Autos. Das Missachten der Vorschrift ist täglich zu beobachten.

Für die Geschwindigkeitsbegrenzung hat sich auch eine Bürgerinitiative stark gemacht. Sie reichte bei der Stadt eine Petition ein zur Weitergabe an die Kreisbehörde. Mehr als 100 Personen haben unterschrieben. Zuletzt kam Bewegung in die Sache. Es besteht zumindest die Chance, auf Teilabschnitten mit Querungsverkehr durch Schüler Tempo 50 auszusetzen. Spruchreif ist aber noch nichts. Die SPD möchte im Bauausschuss am 2. März von der Verwaltung ein Schriftstück des Kreises sehen, wie dieser nun zu Tempo 30 steht. Für einige Politiker ist sogar eine Klage denkbar, wenn ihre Bedingungen nicht erfüllt werden.