Oststeinbek. Nutzerzahlen sind für das Unternehmen unbefriedigend. Roller werden aus Gemeinde vorerst abgezogen. Was der Bürgermeister dazu sagt.
Nach und nach sammelt das Unternehmen Lime dieser Tage alle E-Scooter in Oststeinbek ein. Es ist kein endgültiger Abschied aus der rund 8900 Einwohner zählenden Gemeinde. Doch dieser Fall könnte eintreten. „Die ziehen ab, weil sie in die Winterpause gehen“, sagt Bürgermeister Jürgen Hettwer. Er habe davon auch erst in der vergangenen Woche erfahren. „Mir wurde aber zugesagt, dass die Roller im Frühjahr 2024 zurückkommen.“ Dann muss es besser laufen als bislang. Sonst droht die Einstellung des Projekts.
100 dieser Geräte konnten sich Menschen in Oststeinbek ausleihen. Lime war im Juni an den Start gegangen. Die Erlaubnis erteilte die Politik durch einen Beschluss. Initiator sind die Christdemokraten gewesen. „Gerade für Menschen, die kein Auto oder Führerschein haben, ist das ein sehr gutes Angebot“, sagt der CDU-Fraktionsvorsitzende Patrick Klose. Seine Partei nannte seinerzeit mehrere Gründe für eine Kooperation mit einem Anbieter. Einer davon: Die Bewohner des Ortsteils Havighorst gelangen so besser zur U-Bahn-Station Mümmelmannsberg. Die Taktung der Busse ist überschaubar. Von montags bis freitags verkehrt die Linie 233 alle 60 Minuten.
Lime will sein Geschäftsgebiet auf Glinde erweitern
Inzwischen hat das Rathaus Nutzungszahlen bei Lime abgefragt. Für Juni gibt die Firma 511 Ausleihen an, im Juli waren es 998. Umgerechnet auf den sogenannten TVD-Wert (Trips vehicle day) sind das 0.31 und 0.37. Nach Angaben des Sharing-Anbieters muss dieser langfristig bei mindestens 0.5 liegen, damit ein Standort wirtschaftlich bleibt. Nachzulesen ist das in einer Informationsvorlage für den Hauptausschuss. Daten für August und September wird sich Oststeinbeks Klimaschutzmanagerin Maria Pinsker in der kommenden Woche besorgen. Sie sagt: „In der ersten Auswertungsphase hatten wir Regenzeit, da waren die Zahlen auch in anderen Städten und Gemeinden geringer als sonst.“ Verwaltungschef Hettwer ist optimistisch, dass im kommenden Jahr mehr Oststeinbeker vom Angebot Gebrauch machen. „Wichtig wäre es, dass auch umliegende Kommunen wie zum Beispiel Glinde in das Konzept integriert werden.“
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Dort will Lime aktiv werden. Das bestätigt Bürgermeister Rainhard Zug. Die Entscheidung obliegt den Parteien. Glindes Verwaltungschef wird im Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz am Donnerstag, 12. Oktober, eine Vorlage einbringen. Er sagt: „Im Gegensatz zu Oststeinbek wollen wir fest definierte Parkplätze für die Scooter haben.“
Beschwerden wegen Parken von Rollern mitten auf Gehweg
Eine Studie des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu) sieht ein hohes Potenzial in den Geräten für die sogenannte letzte Meile und als Autoersatz. Nach Ansicht der Forscher werden E-Roller-Verleihsysteme ein Baustein des künftigen vielfältigen Verkehrsangebots sein. Sie raten Kommunen, die entsprechende Infrastruktur zu schaffen, zum Beispiel qualitativ hochwertige Radwege und Sammelparkplätze. In Oststeinbek hat es einige Beschwerden gegeben, weil die Scooter mitten auf dem Gehweg abgestellt wurden. Laut Gemeindeverwaltung hat Lime immer binnen 24 Stunden gehandelt. Soll heißen: Sie wurden verschoben.
Der Konzern ist nach eigenen Angaben in mehr als 200 Städten in fast 30 Ländern auf fünf Kontinenten aktiv. Das Unternehmen mit Sitz im kalifornischen San Mateo bietet auf seiner Plattform sowohl Elektroräder als auch E-Scooter zum Verleih an. Nach den USA ist Deutschland der zweitgrößte Markt. Gemessen am Umsatz sind die Roller das wichtigere Geschäft. Aus der Chefetage heißt es, man habe im vergangenen Jahr erstmals profitabel gewirtschaftet und zumindest vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen auf Sachanlagen und immaterielle Vermögenswerte schwarze Zahlen geschrieben.
Oststeinbek möchte weitere Mobilitätsanbieter gewinnen. Hettwer ist seit Längerem in Kontakt mit dem Sammeltaxi-Dienst Moia. Im Juni haben er und Pinsker in Hamburg vorgesprochen, erneut Interesse bekundet. „Solange kein flächendeckendes autonomes Fahren möglich ist, lohnt sich ein Engagement für das Unternehmen bei uns nicht“, sagt die Klimaschutzmanagerin über das Ergebnis des Treffs.