Oststeinbek. Die CDU ist empört, weil andere Fraktionen ihre Meinung geändert haben. Wie geht’s weiter im Kampf gegen illegale Abfallentsorgung?

Dienstagmorgen am Müllsammelplatz beim Rathaus in Oststeinbek. Eine ältere Dame, die Altpapier in den Containern der Abfallwirtschaft Südholstein (AWSH) entsorgen will, traut ihren Augen nicht. Sie schüttelt den Kopf. „Das ist ja wohl das Allerletzte“, entfährt es ihr. Die Blicke der Seniorin richten sich dabei auf ein Waschbecken, einen Pappkarton, eine Schaumstoffrolle sowie einen Ziegelstein – illegal entsorgter Müll neben den Behältern. Manchmal sieht es hier noch viel schlimmer aus, wenn sich die Dinge stapeln. Gegen die Verwahrlosung wollte die Politik eigentlich mithilfe von Videoüberwachung vorgehen. Es gab einen Prüfauftrag an die Verwaltung. Nun wurde das Projekt von zwei Fraktionen abgeblasen, was Bürgermeister Jürgen Hettwer in kurzen Worten so kommentiert: „Ich war schon überrascht.“

Ganz andere Töne schlägt Patrick Klose, Fraktionsvorsitzender der CDU, nach den Ereignissen im jüngsten Bauausschuss an: „Ich bin total genervt. Für mich ist das überhaupt nicht nachvollziehbar. Ich habe da ein Glaubwürdigkeitsproblem. Das ist keine verlässliche Zusammenarbeit.“ Seine Kritik richtet sich an SPD und Oststeinbeker Wählergemeinschaft. Mit ihren Stimmen wurde eine Beschlussvorlage der Verwaltung abgelehnt. Inhalt des Dokuments unter anderem: 10.000 Euro für das kommende Jahr, versehen mit einem Sperrvermerk, zwecks Videoüberwachung auf dem Rathausparkplatz zur Verfügung zu stellen.

In Großhansdorf wurde 2022 Videoüberwachung eingeführt

Ein Bild aus diesem Juni: CDU-Fraktionschef Patrick Klose bei den Müllcontainern auf dem Rathausparkplatz. Damals stimmte der Bauausschuss geschlossen für den Antrag seiner Partei.
Ein Bild aus diesem Juni: CDU-Fraktionschef Patrick Klose bei den Müllcontainern auf dem Rathausparkplatz. Damals stimmte der Bauausschuss geschlossen für den Antrag seiner Partei. © Juliane Minow

Kloses Empörung ist durchaus nachvollziehbar. Noch im Juni hatte das Gremium einen Antrag seiner Partei einstimmig angenommen – mit dem Ziel, an dieser zentralen Stelle im Ort Kameras einzurichten im Kampf gegen Müllsünder. Es sollte ein Pilotprojekt sein. Die Christdemokraten wollten es genauso machen wie in Großhansdorf. Dort wird seit Mitte 2022 gefilmt. Die Waldgemeinde hat damit gute Erfahrungen gemacht. Also wurde das Rathaus in die Spur geschickt, die rechtlichen Voraussetzungen zu eruieren. Diesbezüglich nahm man Kontakt mit der Landesbeauftragten für Datenschutz, Marit Hansen, auf. Am 4. Juli stellte Oststeinbek eine Anfrage. Der Gemeinde wurde mitgeteilt, dass beim unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz (ULD) ein Verfahren anhängig ist wegen der Kameras in Großhansdorf. Hansens Empfehlung: Oststeinbek sollte erst mal die Entscheidung abwarten.

Auch gehörte zum CDU-Antrag, sich über Kosten zu erkundigen. Die Verwaltung listet das System eines Anbieters mit hochauflösendem Gerät. Pro Sammelplatz werden 10.000 Euro genannt. Die Kamera kann bei Dunkelheit und Entfernung zum Beispiel Kennzeichen von Autos erfassen. Das ist in einem Maßnahmenkonzept mit der Überschrift „saubere Abfallsammelplätze“ nachzulesen. Es wurde dem Bauausschuss jetzt zur Kenntnisnahme vorgelegt und beihaltet Informationen der AWSH zur Reinigung sowie zum Beschwerdeaufkommen an den vier Containerstandorten in Oststeinbek.

Oststeinbek leitete 27 Verfahren gegen Müllsünder ein

Ferner befürwortet das Rathaus nicht die Auflösung einzelner Sammelstellen. Ein Verschluss der Plätze außerhalb der Einwurfzeiten wird als unverhältnismäßig und nicht zielführend angesehen. Denn das würde den Bau eines Zaunes voraussetzen sowie die Beauftragung eines externen Dienstes, was wiederum zusätzliche Kosten verursacht. Um die Sichtbarkeit und Akzeptanz für die Einwurfzeiten insbesondere der Glascontainer zu erhöhen, hat Oststeinbek bei der AWSH eine Erneuerung der Beschilderung an den Behältern angefragt. Das wird umgesetzt.

Die Verwaltung selbst hat Hinweiszettel an Container geklebt mit Zeiten, in denen die Befüllung erlaubt und verboten ist. Darauf wird darum gebeten, keinen Sperrmüll abzulegen und für diese Dinge den Recyclinghof in Reinbek aufzusuchen. Die Adresse ist vermerkt. „Weiterhin kontrolliert das Ordnungsamt regelmäßig illegale Müllablagerungen oder unsachgemäße Benutzung und leitet oftmals Ordnungswidrigkeitenverfahren ein, sodass es in der letzten Zeit zu weniger Vermüllung gekommen ist“, heißt es im letzten Absatz des Maßnahmenkonzepts. Konkret wurden von 2021 bis heute 27 Verfahren in Gang gebracht und vier davon eingestellt. Meistens mussten die Müllsünder laut Hettwer 50 Euro Strafe zahlen.

SPD fürchtet mehr illegal entsorgten Abfall in der Feldmark

Der Bürgermeister war davon ausgegangen, dass er die Videoüberwachung weiterhin verfolgen soll und sich regelmäßig mit der Datenschutzbeauftragten abspricht. Zeit für dieses Thema muss er vorerst nicht mehr investieren. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Mielcarek sagt über die 180-Grad-Drehung seiner Partei: „Wir haben uns im Vorfeld der Bauausschusssitzung Gedanken darüber gemacht, was passieren könnte, wenn die Kameras da sind. Die Abschreckung am Rathaus führt womöglich dazu, dass Sachen vermehrt in der Feldmark abgelagert werden. Außerdem haben wir keinen finanziellen Spielraum. Diese Erkenntnis ist neu.“ Sein Pendant von der Wählergemeinschaft, Rudi Hametner, rechtfertigt die Meinungsänderung so: „Die Beschlussvorlage reicht uns nicht aus. Es gab keine weiteren Alternativen, wie man die Probleme der Verschmutzung lösen könnte.“

Die Grünen haben sich diesmal enthalten. „Ich möchte abwarten, wie sich die Klärung der datenschutzrechtlichen Fragen entwickelt“, sagt Jan Schwartz. Das Ding sei aber nicht vom Tisch. Er wolle sich zumindest die Möglichkeit offen halten, vorübergehend Kameras einzusetzen. Schwartz betont jedoch, dass die Grünen generell gegen eine dauerhafte Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen sind.

Auf die Unterstützung von Schwartz und dessen Mitstreitern zu einem späteren Zeitpunkt hofft natürlich Christdemokrat Klose. Aufgeben will der nämlich nicht und kündigt an: „Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen.“ Im Oststeinbeker Parlament hat Schwarz-Grün eine Mehrheit.