Großhansdorf. Immer wieder laden Unbekannte ihren Sperrmüll neben Containern ab. Gemeinde und Abfallwirtschaft testen Einsatz von Videoüberwachung.
Möbel, Elektrogeräte und Verpackungsreste – illegal neben den Abfallsammelstationen abgeladener Müll stellt Kommunen und Entsorgungsunternehmen nicht nur in Stormarn seit Jahren vor Herausforderungen. Appelle an die Verursacher, deren Identität meist ungeklärt bleibt, verhallen wirkungslos. Die Gemeinde Großhansdorf geht nun einen neuen Weg: Dort sollen jetzt Überwachungskameras Müllsünder überführen.
Seit Kurzem werden die Sammelcontainer am Waldreiterweg von zwei Kameras gefilmt. „Es ist ein Modellprojekt, von dem wir glauben, dass es auch für andere Standorte infrage kommen könnte“, sagt Großhansdorfs Bürgermeister Janhinnerk Voß. Bei der Planung und Umsetzung arbeitet die Verwaltung eng mit der für die Leerung der Behälter verantwortlichen Abfallwirtschaft Südholstein (AWSH) zusammen.
Illegale Abfallentsorgung ist laut AWSH zu einem systematischen Problem geworden
Der Standort am Waldreiterweg ist der erste im Bereich der AWSH, zu dem neben Stormarn auch der Nachbarkreis Herzogtum Lauenburg zählt, der mit einer Videoüberwachung ausgestattet ist. Die beiden Kameras werden per Bewegungsmelder aktiviert. Solarpaneele versorgen sie mit Strom. „Wir begrüßen dieses Projekt außerordentlich“, sagt Olaf Stötefalke, Sprecher der Abfallwirtschaft. Illegale Abfallentsorgung sei in den vergangenen Jahren zu einem systematischen Problem geworden.
„Wir werden immer wieder von Kunden gefragt, warum wir nichts gegen die Vermüllung der Anlagen unternehmen“, sagt Stötefalke. Um Maßnahmen wie die Videoüberwachung umzusetzen, sei die AWSH aber auf die Kommunen angewiesen. „Diese sind in der Regel Eigentümer der Flächen, auf denen die Containerdepots stehen“, erklärt der Sprecher.
Videoüberwachung scheiterte bislang an datenschutzrechtlichen Bedenken
In Großhansdorf gibt es bereits seit Jahren Überlegungen, wie das Problem mit der Vermüllung bekämpft werden kann. Vor nicht ganz zwei Jahren hätten die Planungen für das Modellprojekt begonnen, sagt Bürgermeister Voß. Zuvor hatten sich die Container am Waldreiterweg immer mehr zu einem Problemschwerpunkt entwickelt. Die Behälter stehen etwas abgelegen neben einem kleinen Waldstück.
Doch auch an den beiden anderen Standorten in der Gemeinde luden Müllsünder immer wieder ihren Abfall ab. Die Container am Grenzeck hat die Verwaltung deshalb bereits entfernen lassen. „Wir hatten regelmäßig Bürger, die sich im Rathaus über die verdreckten Sammelplätze beschwert haben“, sagt Voß. Die Idee, die Containerstandorte mit Kameras auszustatten, gibt es schon seit vielen Jahren. Bislang scheiterten derartige Überlegungen aber an datenschutzrechtlichen Bedenken.
Containerstandorte werden bis zu dreimal wöchentlich gereinigt
Auch jetzt habe es Diskussionen gegeben, sagen Voß und Stötefalke. „Bisher war es immer so, dass die Datenschützer beanstandet haben, ein solcher Eingriff sei nicht verhältnismäßig“, so der AWSH-Sprecher. Inzwischen habe sich diese Einschätzung offenbar geändert.
„Die Sammelbehälter werden aktuell bereits dreimal wöchentlich geleert“, sagt er. Genauso häufig müsse an einigen Orten ein Reinigungsteam anrücken, um herumliegenden Sperrmüll und Kartonagen zu entfernen. „Die Kosten allein für die Entsorgung liegen inzwischen bei mehr als 400.000 Euro im Jahr und müssen von der Allgemeinheit getragen werden, obwohl nur einige Wenige sie verursachen“, sagt Stötefalke.
Auch Banner mit Appellen konnten Müllsünder nicht abschrecken
Dabei habe die Abfallwirtschaft schon allerhand versucht, um Müllsünder zum Umdenken zu bewegen. Zuletzt hatte die AWSH an den Depots mit Bannern auf das Problem aufmerksam gemacht und an die Vernunft der Bürger appelliert. Das Ergebnis war ernüchternd. „Teilweise wurde der Abfall direkt daneben abgeladen“, erzählt Stötefalke.
Bei der Abfallwirtschaft herrscht Unverständnis darüber, dass Menschen Sperrmüll an den Plätzen abladen. Diesen holen die Müllwerker nach Anmeldung sogar kostenlos von zu Hause ab. Sowohl Sperrmüll (je Haushalt bis zu zwei Kubikmeter monatlich) als auch Elektroschrott kann umsonst auf den Recyclinghöfen abgegeben werden.
In schweren Fällen werden bis zu 100.000 Euro Geldstrafe fällig
Auch hohe Bußgeldbeträge von bis zu 150 Euro hätten offenbar kaum eine abschreckende Wirkung. In besonders schweren Fällen zählt die illegale Abfallentsorgung sogar als Straftat und kostet bis zu 100.000 Euro Strafe. Doch die Täter seien meist schwer zu identifizieren. „Es ist ja nicht nur aus Kostengründen ein Ärgernis, auch die Umwelt wird gefährdet, wenn Gefahrstoffe einfach abgeladen werden“, betont Stötefalke.
Annett Olischer, im Großhansdorfer Umweltamt für das Modellprojekt zuständig, erzählt von intensiven Gesprächen mit den Datenschutzbeauftragten von Gemeinde, Kreis und Land sowie den Politikern in der Gemeindevertretung. Letztlich hätten alle grünes Licht gegeben. Sie betont: „Wer seinen Abfall ordnungsgemäß entsorgt, muss nichts befürchten.“ Denn die Verwaltung habe keinen permanenten Zugriff auf die Bilder.
Bürgermeister zieht ein erstes positives Zwischenfazit
Die Aufnahmen werden verschlüsselt auf den Servern einer Sicherheitsfirma in Lübeck gespeichert und nach sieben Tagen gelöscht. „Kommt es zu einer illegalen Abfallentsorgung, kann ich das Material aus dem betroffenen Zeitraum anfordern“, erklärt Olischer. Die Personen würden ermittelt und einen Bußgeldbescheid vom Ordnungsamt erhalten. Bislang sei es dazu aber nicht gekommen.
„Der Standort ist so sauber wie nie“, sagt Bürgermeister Voß. Auch die Befürchtung, dass Müllsünder an andere Stellen ausweichen könnten, habe sich nicht bewahrheitet. „Wir bekommen viel positives Feedback von Bürgern“, sagt er. Das Projekt ist zunächst auf ein Jahr befristet. Voß rechnet aber damit, dass es verlängert wird. Auch andere Kommunen hätten bereits Interesse angemeldet.