Glinde. Joachim Lehmann bleibt dem Sportverein noch eine Weile treu. Das war so nicht geplant, erscheint dem 66-Jährigen aber alternativlos.

Am kommenden Sonntag bricht Joachim Lehmann nach Surendorf an der Ostsee auf. Er ist einer von sieben Betreuern, die sich auf der zweiwöchigen Ferienfreizeit des TSV Glinde im Surfcamp um 21 Jugendliche kümmern und dabei die Federführung hat. Es wird das letzte Mal sein, dass der 66-Jährige an so einer Reise teilnimmt. Dem Sportverein bleibt er allerdings erhalten als Vorsitzender, was nicht geplant war.

Stattdessen wollte sich Lehmann eigentlich Richtung Mallorca verabschieden und in Paguera Schwimmkurse anbieten. „Das ist aber nicht aus der Welt, sondern vorerst geschoben“, sagt der Senior. Bis 2026 ist er gewählt. Sein Verbleib könnte mit Blick auf die Erneuerung von Sportstätten von wichtiger Bedeutung sein.

TSV Glinde: Vorsitzender verschiebt Mallorca-Plan – aus Verantwortungsbewusstsein

Lehmann übt beim TSV noch eine Doppelfunktion aus. Er ist seit 2009 auch Geschäftsführer. Am 16. August tritt Carsten Henning (40) seine Nachfolge an. Der Diplom-Sportmanager kommt vom Bramfelder SV. Der Neue wird noch bis Ende September von Lehmann eingearbeitet, dann muss er sich allein beweisen. Ein Aufgabenfeld: die strategische Ausrichtung des rund 2700 Mitglieder zählenden Vereins. Es war übrigens nicht leicht, einen Geschäftsführer zu finden. Die Suche dauerte Monate.

Für den Posten des Vorsitzenden fand sich trotz mehrerer Aufrufe kein Interessent. „Ich habe Verantwortungsbewusstsein, hier zu viel bewegt und in die Wege geleitet. Außerdem hänge ich mit dem Herzen am TSV“, sagt Lehmann und nennt damit Gründe, warum er das Amt nicht nur kommissarisch fortführt.

Joachim Lehmann leitet Schwimmkurse für übergewichtige Kinder

Mit ihm wollte auch die 2. Vorsitzende Petra Kolanczyk-Mellenthin aufhören, macht nun aber weiter. Mit dem Banker Martin Röwekamp hat man laut Lehmann einen optimalen Schatzmeister gefunden, auch Vorstandsmitglied Manfred Schmidt sei Finanzexperte. Ex-Schatzmeister Peter Thomsen arbeite weiter im Hintergrund mit. Diese Personalien haben ihren Teil dazu beigetragen, dass Lehmann weiter beim TSV Glinde mitmischt.

In seinem Büro hat er die persönlichen Dinge noch nicht in Kartons verstaut. Die zahlreichen Aktenordner im Regal bleiben dort. Darauf muss Henning Zugriff haben, der demnächst hier seinen Platz hat. In der Funktion als Vorsitzender wird Lehmann größtenteils von daheim arbeiten. Er lebt mit seiner Frau Kerstin in einem Haus in Großensee. „Mehr als fünf Stunden pro Woche will ich als Ehrenamtler nicht machen, allerdings ist das schwer einzuschätzen“, sagt Lehmann. Für ihn sei es ein Umbruch, der schwierig werde. Er müsse nun vermehrt delegieren, bei Ehrungen und anderen Veranstaltungen präsent sein. Schwimmkurse für übergewichtige Kinder im kleinen Becken auf dem Areal der Grundschule Tannenweg wird er weiterhin geben.

Drei Tennisplätze wurden für 55.000 Euro saniert

„Natürlich werde ich auch die politischen Gremien besuchen“, sagt Lehmann. Parteienvertreter haben dem Sportverein Unterstützung zugesagt, um ihn fit für die Zukunft zu machen. Es wird viel zu besprechen und Überzeugungsarbeit nötig sein. Denn der Sanierungsstau der Anlagen ist groß. Der TSV schätzt den Investitionsbedarf bis 2030 auf rund fünf Millionen Euro. Valide Zahlen liefert in Kürze ein Gutachter. Das Problem: Für das Areal, dessen Eigentümer die Stadt ist, existiert kein Bebauungsplan. Gebäude dürfen nicht erweitert oder neu erstellt, sondern nur saniert werden. Politiker möchten das ändern. „Ein gültiger B-Plan beinhaltet die Schaffung von 70 zusätzlichen Parkplätzen“, berichtet Lehmann.

Er wird darum kämpfen, möglichst viele Zuschüsse von der Stadt zu bekommen für die Modernisierung. Denn der TSV hat nicht viel Geld. Er hatte sich vor mehr als 20 Jahren mit einem Hotel samt Tanzsporthalle übernommen, stand kurz vor der Pleite. Es ist von Vorteil für Lehmann und insbesondere den TSV, dass der Vorstandschef die Entscheidungsträger schon lange kennt und weiß, wie mit den Politikern umzugehen ist. Das Nötigste wird natürlich auch jetzt erledigt. So wurde der Kunstrasenplatz in diesem Jahr mit neuem Flutlicht für 30.000 Euro ausgestattet. Die Grundsanierung von drei Tennis-Sandplätzen kostete 55.000 Euro.

Politik schließt Wohnungsbau auf Vereinsgelände aus

Der 1-A-Variante des TSV in Sachen Sportstätten hatten die Parteien im Vorfeld der Kommunalwahl eine Absage erteilt. Ein Investor wollte einen Grundstückstausch mit der Stadt vollziehen und auf dem Vereinsgelände Wohnungen bauen. Dem TSV hätte er für diesen Fall eine Anlage weiter nördlich finanziert. So war das Versprechen. Jetzt gilt es für Lehmann und seine Mitstreiter, das Beste aus dem Vereinsareal zu machen. Er sagt: „Wenn ein Bebauungsplan aufgestellt ist, müssen wir eine Prioritätenliste über einen Zeitraum von fünf Jahren machen.“ Ob er daran mitwirken wird, ist fraglich. 2026 macht der Vorsitzende auf jeden Fall Schluss. Dass Lehmann diese Funktion überhaupt noch ausfüllt, ist mit seiner Frau abgesprochen. „Sie stärkt mir den Rücken.“

Womöglich übergibt er das Amt auch schon früher. Fußballabteilungsleiter Frank Gabbert sei nur noch ein Jahr berufstätig. „Er könnte sich vorstellen, die Position zu übernehmen“, sagt Lehmann. Als Zusage will er das aber nicht verstanden wissen. Seinem Nachfolger als Geschäftsführer bietet er jedenfalls Hilfe auch über den September hinaus an. „Ich gucke zwischendurch mal rein, wenn meine Expertise benötigt wird.“ In der zweiten Märzhälfte im kommenden Jahr geht das allerdings nicht. Dann weilt Lehmann auf Mallorca. Auf dem Programm steht ein Schwimm-Trainingslager über zwei Wochen mit behinderten Menschen.