Glinde. Sportverein schätzt Investitionsbedarf für Sanierungen auf 4,8 Millionen Euro. Investor würde einen Umzug zahlen, fordert dafür etwas.

Mit seinen 2600 Mitgliedern, davon rund 65 Prozent Kinder und Jugendliche, zählt der TSV Glinde zu den größeren Sportvereinen im Kreis Stormarn. Die Perspektive könnte glänzend sein: Ein Investor will ihm an einem anderen Standort eine neue Anlage finanzieren. Klingt gut, ist aber nicht einfach. Denn dafür muss die Politik mitspielen. Ob das geschieht, ist offen. Sollte ein Umzug scheitern, steht der Verein vor einer schwierigen Aufgabe. Der Investitionsbedarf in Gebäude und Sportplätze ist so hoch, dass der TSV diesen nicht allein bewältigen kann. Er schätzt ihn auf mindestens 4,8 Millionen Euro.

Eine sogenannte Baustellenliste hat Joachim Lehmann, der hauptamtliche Vorstandsvorsitzende, jetzt an die Fraktionen geschickt. Darauf sind die Mängel detailliert geschildert und einzelne Projekte mit Kosten beziffert. „Das ist eine interne Berechnung aufgrund unserer Erfahrungswerte. Ein externer Experte soll das alles noch belegen“, sagt der 65-Jährige. Am drängendsten ist für ihn das Sportlerheim. „Das Gebäude ist abgängig, wegen der Durchfeuchtung haben wir Schimmelbildung. Aus energetischer Sicht ist die Immobilie eine Todsünde.“ Darüber hinaus seien die Umkleidekabinen viel zu klein. Ein Neubau ist mit drei Millionen Euro veranschlagt. „Allerdings gibt es keinen Bebauungsplan, insofern dürften wir das vorhandene Haus nur umgestalten“, so Lehmann.

Investor strebt Grundstückstausch mit der Stadt an

Bei Fußball-Außenanlagen sind unter anderem die Sanierung des Rasenplatzes für 300.000 und eine Flutlichtanlage für 80.000 Euro genannt. Hinzu kommen 200.000 Euro für den Austausch des Belags beim Kunstrasenplatz. Laut TSV fehlen mindestens 57 Parkplätze auf dem Gelände an der Straße Am Sportplatz: rund 450.000 Euro wären für eine Erweiterung fällig.

Der TSV Glinde wäre bei einem Umzug sorgenfrei ob der neuen Sportanlagen.
Der TSV Glinde wäre bei einem Umzug sorgenfrei ob der neuen Sportanlagen. © HA Grafik | Frank Hasse

Die Bausubstanz der Tennisanlage samt Clubhaus ist Lehmann zufolge „sehr marode“. Eine Grundsanierung der Sandplätze sei in den kommenden fünf Jahren erforderlich. „Die Flutlichtanlage ist auch nicht mehr reparabel“, so der Vereinschef. In der Summe kommt der TSV hier auf 675.000 Euro. „Alle Plätze sind nahezu vollständig ausgelastet, zusätzliche Trainingskapazitäten für Kinder und Jugendliche sind nicht mehr ausreichend. Stünden mehr Plätze, Umkleiden und eine moderne Anlage zur Verfügung, könnten wir sicher kurzfristig 50 bis 100 neue Mitglieder gewinnen“, heißt es in dem Schreiben an die Politik. Alle aufgezeigten Maßnahmen seien für die Zeitraum 2023 bis 2030 und nicht aufschiebbar.

Nach den Schulferien im August plant Lehmann eine Begehung der Sportanlage mit den Parteienvertretern, um die Lage noch einmal zu verdeutlichen. Natürlich will er darauf hinwirken, dass die Politik den Wünschen des Vereins entspricht zwecks Umsiedlung. „Es ist eine angespannte Situation, wir blicken mit Sorgen in die Zukunft“, sagt der Vorstandsvorsitzende. Große Sprünge kann der TSV nicht machen. Er hatte sich vor mehr als 20 Jahren mit einem Hotel samt Tanzsporhalle übernommen, stand kurz vor der Pleite. Die Immobilie wurde verkauft. Der Verein hat aktuell rund eine Million Euro Schulden. Zuletzt wurde ein Darlehen für den neuen Box-Keller aufgenommen.

Auf dem Areal war früher eine Kiesgrube, die auch mit Bauschutt verfüllt wurde

Die Stadt wiederum hat dem TSV schon Kredite gewährt, wird ihm gewiss keine üppigen Zuschüsse zahlen bei einer Komplettsanierung der Anlage. Sie ist Eigentümer des Vereinsgründstücks, der Erbbaurechtsvertrag hat eine Laufzeit bis 2081. Wie berichtet, möchte die Erste Gut Glinde GmbH & Co KG davon vier Hektar haben und bis zu 600 Wohnungen bauen, dafür eigenen Grund mit der Stadt tauschen und dem Sportverein die neue Anlage zahlen. Sie wäre in Sichtweite der jetzigen.

Das größte Problem dabei: Auf dem Areal war früher eine Kiesgrube, die auch mit Bauschutt verfüllt wurde. Es kam zum Entweichen von Methan. Die Entwicklungsgesellschaft hat deswegen ein Bodengutachten vom Sachverständigenbüro Dr. Skowronek anfertigen lassen, einen hohen fünfstelligen Betrag gezahlt. Laut dem Experten liegt kein relevantes Gasbildungspotenzial mehr vor. Für den Bau der Sportanlage schlägt der Sachverständige ein Gassicherungskonzept vor mit einer 3,50 Meter tiefen Sperre – etwa durch vertikale Spund- und Bentonitwände.

Glinde hat ein Zweitgutachten erstellen lassen. Darin wird aber nur die Methodik überprüft. „Diesbezüglich gibt es keine Bedenken. Wir warten, dass sich der Kreis dazu äußert. Das müsste im Juli der Fall sein“, sagt Bürgermeister Rainhard Zug. Die zuständige Behörde mit Sitz in Bad Oldesloe kennt auch das Dokument des Sachverständigenbüros Dr. Skowronek. „Das vorgestellte Konzept sehe ich als eine geeignete Basis an, der vom Grundsatz her zugestimmt werden kann“, heißt es in einer E-Mail des Kreises an den Erstgutachter.

Neuer Flächennutzungsplan soll erst 2027 fertig sein

In der Politik ist man pessimistisch. Petra Grüner, Fraktionsvorsitzende der Grünen, sagt: „Ich glaube nicht, dass der Boden unbelastet ist. Wir fordern ein unabhängiges Gutachten mit Bodenproben. Wenn das nicht erledigt wird, werden wir nicht zustimmen.“ Auch die SPD-Fraktion sehe es kritisch mit Blick auf die Beschaffenheit des Untergrunds, sagt deren Chef Frank Lauterbach. „Wir brauchen Garantien, dass das Gelände sicher ist.“ Sollte das der Fall sein, könne man über alles reden. Bürgermeister Zug verweist auf den neuen Flächennutzungsplan der Stadt, der erst in fünf Jahren fertig sein soll. Solange muss sich seiner Ansicht nach der TSV Glinde gedulden ob einer Entscheidung über den Umzug. In der Rückschau sagt Zug: „Die Stadt hat den Verein nie hängen lassen.“