Bad Oldesloe. Die Stadt stellte bei einer Einwohnerversammlung mögliche Standorte vor. Auch Rethwischfeld ist weiterhin im Rennen.
Wo wird die Stadt Bad Oldesloe in Zukunft ihre Flüchtlinge unterbringen? Um diese Frage ging es am Mittwochabend in der Festhalle. Auf Wunsch der Stadtverordnetenversammlung hatte die Stadt zu einer Einwohnerversammlung eingeladen, um Bürgerinnen und Bürger über mögliche Standorte für künftige Flüchtlingsunterkünfte zu informieren.
Denn, das machte Bürgermeister Jörg Lembke zu Beginn der Veranstaltung deutlich: „Dieses Thema wird uns die kommenden Jahrzehnte beschäftigen.“ Immer mehr Geflüchtete kommen in die Kreisstadt, die Kapazitäten sind nahezu ausgeschöpft. „Fakt ist, dass der Platz nicht reichen wird.“ Da man die Geflüchteten menschenwürdig und nicht in Turnhallen oder Zelten unterbringen wolle, bestehe dringend Handlungsbedarf.
Vorschlag einer großen Unterkunft war in Bad Oldesloe auf Widerstand gestoßen
Wie berichtet, hatte die Stadtverwaltung Anfang des Jahres vorgeschlagen, eine große Gemeinschaftsunterkunft zu errichten. Favorisiert wurde damals ein städtisches Grundstück in Rethwischfeld. Doch der Vorschlag stieß auf Widerstand. Die Stadtverordneten beauftragten die Verwaltung stattdessen, Standorte für mehrere kleine Unterkünfte zu suchen und diese den Einwohnern vor einem politischen Beschluss vorzustellen.
Genau das passierte nun am Mittwochabend. Thomas Sobczak, Leiter des Fachbereichs Bürgerservice und für die Unterbringung von Geflüchteten zuständig, warf zunächst einen Blick auf die aktuelle Situation. „Aktuell versorgt die Stadt 278 Geflüchtete mit Wohnraum“, so Sobczak. Im Februar noch waren es 260 gewesen. Die Geflüchteten kommen größtenteils aus der Ukraine (75), Syrien (61) und Afghanistan (58). Die übrigen 84 kommen aus 14 weiteren Herkunftsländern.
Fast alle aktuellen Standorte sind an ihrer Kapazitätsgrenze
Aktuell sind 108 Flüchtlinge in der Gemeinschaftsunterkunft an der Kastanienallee untergebracht, 44 in der Gemeinschaftsunterkunft am Sandkamp, 30 in der Schule am Kurpark sowie 96 in rund 20 angemieteten Objekten mit etwa 40 Wohneinheiten. Fast alle Standorte seien hinsichtlich ihrer Aufnahmekapazität am Limit. Auch die Möglichkeiten, Wohnungen auf dem freien Wohnungsmarkt unterzubringen, schwinden.
„Wir beobachten, dass viele Geflüchtete mehrere Jahre in unseren Unterkünften bleiben“, so Sobczak. Die Gründe könnten vielfältig sein, etwa, weil die Geflüchteten keine Arbeit finden. 30 der untergebrachten Flüchtlinge seien demnach seit 2015 in einer Unterkunft der Stadt untergebracht, 19 seit 2016, viele seit den Folgejahren.
Städte sind gesetzlich zur Aufnahme von Geflüchteten verpflichtet
Für den Wohnraum müssen die Geflüchteten aufkommen, bekommen dafür finanzielle Hilfen. Die Stadt mache mit der Vermietung also keine Verluste. „Für uns ist das ein Nullsummenspiel“, so Sobczak. Gemäß Landesaufnahmegesetz sind Städte und Gemeinden gesetzlich zur Unterbringung von Geflüchteten verpflichtet.
Wo dies in der Kreisstadt künftig der Fall sein könnte, darüber informierte Bauamtsleiterin Ute Obel. Sie stellte sechs potenzielle Standorte vor, fünf Grundstücke davon in städtischem Besitz, eines könnte kurzfristig erworben werden. „Das ist nur eine erste Auswahl, es steht noch nichts fest“, machte Obel deutlich. Die Vorgaben lauten: An mindestens vier Standorten sollen insgesamt 130 Menschen untergebracht werden können, also pro Standort etwa 30 bis 40 Personen.
Ziegeleiweg in Rethwischfeld ist noch immer möglicher Standort
Ein möglicher Standort könnte noch immer jenes Grundstück am Ziegeleiweg in Rethwischfeld sein, auf dem die Stadt einst die große Gemeinschaftsunterkunft errichten wollte. Auf der 3946 Quadratmeter großen Fläche könnte laut Obel ein zweigeschossiger Bau entstehen, der in 16 Wohnungen Platz für 40 bis 50 Menschen bietet. Ebenfalls im Außenbereich der Stadt befindet sich ein Grundstück in Poggensee. „Dieses wurde uns zum Erwerb angeboten“, so Obel. Auf der 5249 großen Fläche könne laut Überlegungen der Stadt eine Unterkunft ebenfalls für 40 bis 50 Menschen entstehen.
Weitere Grundstücke, die Bad Oldesloe für Gemeinschaftsunterkünfte anvisiert, befinden sich an der Hamburger Straße, bei den Hausnummern 20 und 32 der Lübecker Straße sowie am Wendum. Alle vier Standorte lägen zentraler als Poggensee und Rethwischfeld. An der Hamburger Straße müsste zunächst ein Gebäude abgerissen werden. Am Standort am Wendum befindet sich derzeit ein Parkplatz.
Diskussion in der Festhalle lief ruhig und konstruktiv ab
Und was sagen die Oldesloer Bürgerinnen und Bürger zu den Überlegungen der Stadt? Das war bei der Einwohnerversammlung gar nicht mal so viel. Nur etwa eine Handvoll Wortmeldungen gab es. Die Diskussion lief ruhig und konstruktiv ab. Fragen wurden etwa zu den Kosten und der Betreuung gestellt. „Die Kosten für die Errichtung muss die Stadt übernehmen“, so Sobczak. Fördermöglichkeiten gebe es Stand jetzt keine. Ein Ansprechpartner der Johanniter, die aktuell bereits Standorte betreuen, signalisierte die Bereitschaft, auch für künftige Unterkünfte zur Verfügung zu stehen.
Immer wieder, als es in der Vergangenheit um die Unterbringung von Geflüchteten ging, fiel das Stichwort Jugendherberge. Das in die Jahre gekommene Gebäude wird nicht mehr als Herberge genutzt, war zuletzt Impfzentrum und Arbeitsplatz für Mitarbeiter des Gesundheitsamts. Mittlerweile ist das Impfzentrum geschlossen und das Gesundheitsamt ausgezogen. Das Gebäude steht leer. Langfristig will die Stadt das Gebäude abreißen und an dem attraktiven Standort – an der Trave und unweit von Stadtzentrum und Freizeitangeboten wie dem Travebad – wieder eine Jugendherberge errichten.
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„Ich möchte die Jugendherberge als Notpuffer betrachten“, sagte Lembke bei der Einwohnerversammlung. Denn bevor neue Unterkünfte gebaut und bezugsfertig seien, werde noch etwas Zeit vergehen. Insofern würde der Bürgermeister in der Herberge Geflüchtete unterbringen – aber nur unter der Bedingung, dass ein politischer Beschluss zum Bau neuer Unterkünfte vorliegt und sichergestellt ist, dass es sich nur um eine Übergangslösung handle. „Die Jugendherberge als einzige im Kreis liegt uns am Herzen“, so Lembke. „Wir wollen sie durch einen Neubau unbedingt erhalten.“ Dies solle nicht durch eine Nutzung von Geflüchteten im derzeitigen Bau verhindert werden.