Oststeinbek. Verein und Verwaltung kooperieren bei Broschüre mit Tipps. Sie wird in allen Unterkünften verteilt und ist in acht Sprachen verfasst.

Noch vor 2045 will Oststeinbek klimaneutral sein. Dazu kann jeder seinen Teil beitragen, etwa den Einkauf zu Fuß oder mit dem Rad erledigen anstatt mit dem Auto – oder nachhaltige Produkte aus recycelten Materialien verwenden. Die Kommune möchte mit diversen Aktionen alle Menschen im Ort mitnehmen. Eine neue Broschüre richtet sich an einen speziellen Personenkreis: Menschen, die aus Kriegs- und Krisenregionen gekommen sind. „Seit Jahren ist der Energieverbrauch in unseren Flüchtlingsunterkünften doppelt so hoch wie in anderen Haushalten. Das wollen wir ändern“, sagt Jacob Rohde (57). Er ist Vorsitzender des 2015 gegründeten Vereins Flüchtlingshilfe Oststeinbek und hatte die Idee für das kleine Heft mit Tipps, wie zum Beispiel Strom gespart werden kann.

Vorerst sind je 30 Exemplare gedruckt in acht Sprachen: Arabisch, Englisch, Persisch, Türkisch, Ukrainisch, Russisch, Polnisch und Deutsch. Rund 1000 Euro hat das gekostet. Die Finanzierung übernimmt die Gemeinde. Rohde arbeitet bei dem Projekt mit Klimaschutzmanagerin Maria Pinsker zusammen. Das Schriftstück hat der Deutsche Caritasverband erstellt. Die Oststeinbeker Verwaltungskraft hat noch ein Blatt mit Kontaktdaten hinzugefügt.

In dem Heft sind Tipps durch Bilder veranschaulicht

Akran Karimi (l.) und Kristina Harutyunyan sind Sprach- und Kulturmittlerinnen bei der Arbeiterwohlfahrt. Sie verteilen die Hefte in den Flüchtlingsunterkünften und besprechen den Inhalt mit den Bewohnern.
Akran Karimi (l.) und Kristina Harutyunyan sind Sprach- und Kulturmittlerinnen bei der Arbeiterwohlfahrt. Sie verteilen die Hefte in den Flüchtlingsunterkünften und besprechen den Inhalt mit den Bewohnern. © René Soukup

„Wir müssen die Menschen aufklären beim Thema Umwelt- und Klimaschutz, das war immer meine Einstellung. Es wurde Zeit, dass wir ihnen etwas Praktisches an die Hand geben in ihrer Sprache. Die Broschüre ist leicht verständlich“, so Rohde. Was ihm bei Besuchen in den Unterkünften immer wieder auffalle, sei der Dauerbetrieb von Fernsehgeräten, selbst wenn sich Bewohner in anderen Räumen aufhielten. Außerdem seien die Heizkörper oft 24 Stunden am Tag bis zum Anschlag aufgedreht.

In dem Heft sind die Energiespartipps durch Bilder veranschaulicht. Zu sehen sind zum Beispiel Waschmaschine, Kühlschrank und Thermostate. In der Rubrik Heizen und Lüften wird darauf hingewiesen, den Heizkörper auf Position drei zu stellen für eine gute Zimmertemperatur von 20 Grad, im Schlafzimmer wird Stufe zwei empfohlen für 17 Grad. Unter der Kategorie Warmwasser heißt es: „Duschen ist besser als Baden. Beim Duschen brauchen Sie weniger warmes Wasser. Das spart Energie und Geld.“ Die Leser werden zudem animiert, die Eco-Programme der Waschmaschine zu nutzen und das Eis an den Wänden des Gefrierfachs regelmäßig zu entfernen, um den Stromverbrauch zu reduzieren. Sie erfahren, dass man Möbel nicht direkt vor die Heizkörper stellen soll. Weitere Ratschläge gibt es zum Kochen, Wäschetrocknen und der Beleuchtung von Zimmern.

Ein Besuch bei der Familie Rahmany: Vater Sharif Ahmad (41), Mutter Khatereh (38) und die drei Kinder kommen aus Afghanistan, leben seit zwei Monaten in Oststeinbek in einer Unterkunft an der Straße Langstücken. Die Wohnung im ersten Stock hat zwei Zimmer. Rohde sagt, die Rahmanys seien vorbildlich beim Energiesparen. Als der Hausherr die Tür öffnet, ist ein Luftzug zu spüren. Das große Wohnzimmerfenster ist geöffnet, das Thermostat an der Heizung komplett runtergedreht. Nirgends brennt Licht an diesem Morgen gegen 9 Uhr. So macht es die Familie immer. Sie achtet schon seit dem Einzug darauf, keine Energie zu verschwenden, sagt der Vater. „Wir wollen beim Sparen helfen.“ Das Heft der Gemeinde hat er bereits studiert und neue Erkenntnisse gewonnen, die er nun umsetzt. So wurde bei der Einstellung der Kühlschranktemperatur nachjustiert.

Oststeinbek hat Stelle des Energiemanagers zu besetzen

Jakob Rohde ist Vorsitzender des Vereins Flüchtlingshilfe Oststeinbek. Die Organisation hat 50 Mitglieder, 35 davon sind aktiv. Ein Angebot ist der interkulturelle Treff mittwochs von 19 bis 21 Uhr in Räumen der Kirche.
Jakob Rohde ist Vorsitzender des Vereins Flüchtlingshilfe Oststeinbek. Die Organisation hat 50 Mitglieder, 35 davon sind aktiv. Ein Angebot ist der interkulturelle Treff mittwochs von 19 bis 21 Uhr in Räumen der Kirche. © René Soukup

Heute sind auch Akran Karimi und Kristina Harutyunyan vorbeigekommen. Sie gehen gleich mit Mutter Khatereh zum Frauenfrühstück. Die beiden Sprach- und Kulturmittlerinnen der Arbeiterwohlfahrt (Awo) kümmern sich in Oststeinbek um Geflüchtete, organisieren etwa Behördengänge und unternehmen mit den Menschen Arztbesuche. Sie verteilen die Broschüre nach und nach in den Wohnungen und Häusern, lassen das Stück aber nicht unkommentiert, sondern gehen Punkt für Punkt mit den Klienten durch.

Einige Exemplare sind auch im Rathaus ausgelegt. Im vergangenen Jahr wurde der alte Teil des Gebäudes energetisch fit gemacht, der Hohlraum im zweischaligen Mauerwerk mit Isoliermaterial gefüllt – bestehend aus nichtbrennbaren Mineralwollefasern. Außerdem ist eine Sole-Wasser-Wärmepumpe angedacht als Ersatz für den Gasheizkessel. Andere Liegenschaften müssen auch angefasst werden, um die Unabhängig von fossilen Brennstoffen voranzutreiben. Man will als Vorbild bei der Bestandsgebäudesanierung für Bürger fungieren.

Bis Herbst wird ein Energiequartierskonzept für den Ortskern erstellt, danach kommt der nächste Abschnitt nördlich der Möllner Landstraße. Das Interesse ist groß. Zu einer Informationsveranstaltung im Februar kamen rund 70 Personen in den Bürgersaal. Bestandteil des Konzepts ist die Bereitstellung von Mustersanierungsplänen für Immobilienbesitzer. Laut Pinsker wurden bereits jetzt 20 kostenlose Energieberatungen vorgenommen. Derzeit hat Oststeinbek die Stelle eines Energiemanagers ausgeschrieben. Aufgabe der Person ist es, sich speziell um die Aufwertung von gemeindeeigenen Gebäuden zu kümmern.