Bad Oldesloe. Nach 135.000 Impfungen ist Schluss in Stormarns letztem Impfzentrum. Wo es künftig Schutz vor Corona gibt.

Sie waren einst der große Hoffnungsschimmer zwischen Lockdown, FFP2-Masken und Kontaktverboten: Die Impfstoffe. Biontech, Moderna und Co. sollten einen entscheidenden Beitrag zur Bekämpfung der Corona-Pandemie leisten. Aus dem Nichts wurden seinerzeit im gesamten Land Impfzentren errichtet. „Heute wissen wir, dass eine Impfung nicht verlässlich gegen Ansteckung schützt, aber sehr wohl gegen eine schwere Erkrankung“, sagt Arzt Florent Ismani, der seit der Eröffnung im Impfzentrum in der Jugendherberge in Bad Oldesloe beschäftigt ist. Am Donnerstag hat es als letztes in Stormarn für immer geschlossen. Zeit, Bilanz zu ziehen und zu fragen: Wie geht es nun weiter?

Corona: Ohne Impfstoffe wäre die Pandemie wohl viel schlimmer verlaufen

Dass die Bevölkerung zu Beginn der Pandemie bei Inzidenzen von 35 nervös wurde, nun aber auch bei Inzidenzen um die 500 entspannt bleibt, ist seiner Einschätzung nach ein Zeichen dafür, dass die Impfung sehr wohl gegen das Virus, das seit knapp drei Jahren die Welt in Atem hält, geholfen hat. Denn: Weniger schwere Verläufe bedeuten eine geringere Belastung für das Gesundheitssystem. Auch Stormarns Landrat Henning Görtz sieht es ähnlich: „Wir haben die Hospitalisierungsrate im Griff. Das zeigt, dass die Impfungen genau richtig waren. Ohne sie würde es uns vielleicht viel schlechter gehen.“

Für sie ist das Impfzentrum nun Geschichte (v. l.): Anja Imelmann (Sicherheitsdienst), Oliver Lövenforst (stellvertretender Fachbereichsleiter Soziales und Gesundheit), Constanze Rittscher (DRK), Gesundheitsamtsleiterin Ilona Czinczoll, Matthias Becker (DRK), Ramona Stier (DRK), Ricardo Kröplin (DRK), Landrat Henning Görtz und Impfarzt Florent Ismani. 
Für sie ist das Impfzentrum nun Geschichte (v. l.): Anja Imelmann (Sicherheitsdienst), Oliver Lövenforst (stellvertretender Fachbereichsleiter Soziales und Gesundheit), Constanze Rittscher (DRK), Gesundheitsamtsleiterin Ilona Czinczoll, Matthias Becker (DRK), Ramona Stier (DRK), Ricardo Kröplin (DRK), Landrat Henning Görtz und Impfarzt Florent Ismani.  © Juliane Minow

Dennoch: Die Zeiten, in denen die Menschen in Scharen in die Impfzentren strömten, sind vorbei. Viele haben sich bereits ihre drei Dosen abgeholt. Die vierte Impfung wird derzeit nur Menschen ab 60 Jahre, vulnerablen Gruppen sowie medizinischen Beschäftigten empfohlen. Die Nachfrage lässt nach. Gab es im Kreis zwischenzeitlich vier Impfstellen in Reinbek, Glinde, Großhansdorf und Bad Oldesloe, war die Jugendherberge in Bad Oldesloe seit Sommer die letzte verbliebene in Stormarn. Und auch dort ist nach rund 135.000 Impfungen nun Schluss.

Impfstellen mussten binnen kürzester Zeit errichtet werden

„Wir mussten die Impfstelle damals in kürzester Zeit errichten“, sagt Landrat Görtz. „Das war eine große Herausforderung.“ Mit Unterstützung der Bundeswehr, Hilfsorganisationen wie den Johannitern und Mitarbeitern des Kreises wurde das Impfzentrum errichtet, das am 4. Januar 2021 seinen Betrieb aufnahm. Bis zu zehn Ärztinnen und Ärzte und 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) impften zu Hochzeiten bis zu 600 Menschen am Tag. „Insgesamt wurden im Kreis Stormarn 270.000 Impfungen vorgenommen, die Hälfte davon in der Jugendherberge in Bad Oldesloe“, so Görtz.

Entsprechend hoch ist die Impfquote im Kreis. „85 Prozent der Stormarner haben mindestens zwei Impfungen erhalten, 82 Prozent sind geboostert und 69 Prozent viermal geimpft“, sagt Gesundheitsamtsleiterin Ilona Czinczoll. Damit liege Stormarn im Landesvergleich im oberen Drittel, war zwischenzeitlich an dritter Stelle in Schleswig-Holstein. „Mehr geht immer“, sagt Görtz. Zufrieden ist der Landrat mit den Zahlen trotzdem. „Sie zeigen uns, dass wir überdurchschnittlich verantwortungsbewusste Bürgerinnen und Bürger im Kreis haben.“

Das Land Schleswig-Holstein hat entschieden das Impfzentrum zu schließen

Die Entscheidung, das Impfzentrum in Bad Oldesloe als letztes im Kreis Stormarn zu schließen, kam vom Land Schleswig-Holstein, das den Betrieb finanziert. „Uns wurde mitgeteilt, dass es aus wirtschaftlichen Gründen schließen müsse“, so der Landrat. Denn der Betrieb sei kostspielig. „Trotzdem hätte ich mir für unsere Bürgerinnen und Bürger gewünscht, dass ein Standort in Stormarn erhalten bleibt.“

Am Donnerstag schloss das Impfzentrum in der Jugendherberge Bad Oldesloe als letztes in Stormarn seine Türen.
Am Donnerstag schloss das Impfzentrum in der Jugendherberge Bad Oldesloe als letztes in Stormarn seine Türen. © Juliane Minow

Denn: Obgleich nicht mehr Hunderte von Menschen pro Tag geimpft werden wollen, ist laut Impfarzt Florent Ismani eine Nachfrage noch immer da. Seit Frühjahr 2022 sei sie zwar gesunken, weil bis zu diesem Zeitpunkt der Großteil der interessierten Menschen ihre dritte Impfung erhalten hatte. „Aber es kommen nach wie vor bis zu 150 Menschen pro Tag“, so Ismani. Noch am Mittwoch seien nur an einem Nachmittag 80 Menschen geimpft worden. Auch für den letzten Tag erwartete der Impfarzt um die 40 Impfwilligen. Die Mischung sei bunt: „Es kommen Kinder, Erwachsene und Senioren, die ihre erste bis fünfte Impfung bekommen.“ Eine der letzten Stormarnerinnen, die am Donnerstag in der Jugendherberge geimpft wurden, war Joanna Schippmann aus Bad Oldesloe. Für die 40-Jährige war es die vierte Impfung.

Ab sofort sind die Hausärzte für die Impfungen in Stormarn verantwortlich

Es bleibt die Frage: Wie geht es nun weiter? Ab sofort müssen Stormarner Bürgerinnen und Bürger sich von ihren Hausärzten impfen lassen. Wie reibungslos das funktioniert, bleibt abzuwarten. „Es ist zumindest ein Schritt Richtung Normalität“, sagt der Landrat. Aber: „Ich habe von Patienten gehört, dass ihre Hausärzte sie wegen Überlastung nicht impfen“, sagt Florent Ismani. Das kann Gesundheitsamtsleiterin Ilona Czinczoll indes nicht bestätigen: „Impfen ist Aufgabe der Ärzte. Die, zu denen ich Kontakt habe, sind auch bereit dazu.“ Alternativ stehen in Schleswig-Holstein derzeit noch sieben Impfzentren in Schwarzenbek, Neumünster, Flensburg, Husum, Lübeck, Kiel und Prisdorf zur Verfügung.

Obgleich die Unsicherheit noch groß ist, blicken die Verantwortlichen einigermaßen positiv gestimmt in die Zukunft. Ismani: „Wir können nicht in die Glaskugel gucken. Aber ich bin optimistisch, dass wir solche schlimmen Zustände wie in der Vergangenheit nicht wieder erleben.“ Denn, auch darin waren sich die Beteiligten einig: Die vergangenen Pandemiejahre waren alles andere als einfach. Zwischenzeitlich waren die Impfzentren ab Herbst 2021 kurzzeitig geschlossen, wurden nach rund zwei Monaten wiedereröffnet, als die Infektionszahlen explodierten. Noch vor einem Jahr half der Landrat höchstpersönlich freiwillig an Silvester im Gesundheitsamt aus, nachdem sich unzählige Menschen nach Discobesuchen angesteckt hatten. Görtz: „Die Telefonate werde ich mein Leben lang nicht vergessen.“