Barsbüttel. Die Gemeinde hat teure Projekte vor der Brust und hohe Schulden: Wie die Parteien bei der Kommunalwahl am 14. Mai punkten wollen.
Die laufenden Einnahmen sind geringer als die Ausgaben, die Verschuldung verdoppelt sich laut Prognose nahezu auf mehr als 42 Millionen Euro bis 2026. Barsbüttel hat ein Finanzproblem. Dieses in den Griff zu bekommen, haben sich alle Parteien auf die Fahnen geschrieben. Wie das gelingen soll, darüber wird sich eine Arbeitsgruppe nach der Kommunalwahl am 14. Mai Gedanken machen. Die Gemeinde plant in der kommenden Legislaturperiode hohe Investitionen in Bauprojekte. Muss an einigen Stellen abgespeckt werden? Oder fallen Vorhaben, die bereits verschoben worden sind, komplett weg? Alles scheint möglich.
Bei Barsbüttels Parteien stehen die Finanzen im Fokus
„Das größte Ziel ist es, die Verschuldung zu bremsen. Die FDP hat den Mut, auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen“, sagt Siemer Rosenwinkel, einziger Gemeindevertreter der Liberalen. Die Partei hat sich zum Beispiel gegen die Ausweisung neuer Baugebiete ausgesprochen, wenn dieses zu hohen Folgekosten führt oder keine unkomplizierte Verkehrsanbindung möglich ist. Im Parlament ist die FDP derzeit fünfte Kraft. Die Wählergemeinschaft BfB steht an der Spitze. Auf den weiteren Plätzen folgen SPD, CDU und Grüne.
In dieser Dekade wurde heftig gestritten – etwa über das Thema Windkraft. Nach monatelangen Diskussionen setzte die BfB ihre Idee mithilfe von SPD und FDP durch. Inzwischen hat die Gemeinde eine Fläche auf der gegenüberliegenden Seite von Möbel Höffner an der Autobahn 1 als Eignungsgebiet zwecks Prüfung beim Land angemeldet. CDU und Grüne wollten im Vorfeld eine breite Bürgerbeteiligung. Dass Solaranlagen auf Barsbütteler Liegenschaften sowie auf Freiflächen errichtet werden sollen, ist das Ziel sämtlicher Entscheidungsträger.
Standort für neue Feuerwache in Willinghusen könnte verlegt werden
Einigkeit besteht zudem bei der Erweiterung der Erich-Kästner-Gemeinschaftsschule sowie der beiden Grundschulen. „Allein der Ausbau der Gemeinschaftsschule wird mehr als sechs Millionen Euro kosten. Wir wollen das durch den Verkauf gemeindeeigener Immobilien und Baulandflächen mitfinanzieren“, sagt SPD-Fraktionschef Hermann Hanser. Die Sozialdemokraten wollen auch Räume für Bürgertreffen in Willinghusen schaffen. Eigentlich sollte der Ortsteil ein Dorfgemeinschaftshaus neben dem Kunstrasenplatz des Sportvereins bekommen. In Workshops wurde ein Konzept samt Raumgrößen erarbeitet. Heraus kam ein Gebäude mit Satteldach und einer 850-Quadratmeter-Fläche. Die Hoffnung, 2019 mit dem Bau beginnen zu können, zerschlug sich wegen der Schuldenlast. Das Projekt wurde bis 2024 zurückgestellt.
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„So ein Haus können wir uns nicht leisten. Die Konsolidierung unseres Haushalts ist besonders dringlich und vorrangig, um überhaupt finanzielle Spielräume zu haben und Steuererhöhungen für alle zu vermeiden“, sagt BfB-Fraktionschef Rainer Eickenrodt. Gegen ein separates Gebäude spricht sich die CDU aus. Sie will der Allgemeinheit Zimmer im erweiterten Schulgebäude oder in der geplanten Feuerwache zur Verfügung stellen, was sich auch die Grünen gut vorstellen können.
Der rund 150 Mitglieder zählende Bürgerverein wäre mit diesen Varianten einverstanden. Er war bis Ende 2021 in der Ex-Kneipe im Dorfzentrum beheimatet, das Gebäude wurde abgerissen. Jetzt nutzt man stundenweise das Erdgeschoss der Rhabarberkate und hat sich verkleinert. Eine Dauerlösung ist das für den Bürgerverein nicht. Immerhin zahlt Barsbüttel die Miete.
Für das Feuerwehrgerätehaus hat die Gemeinde ein Areal an der Barsbütteler Landstraße Ecke Feldweg ausgewählt. Es bestand die Hoffnung, dass dort auch eine Rettungswache des Kreises entsteht und sich dadurch Synergieeffekte ergeben. Diese wird mit hoher Wahrscheinlichkeit aber auf einem kreiseigenen Grundstück an der K 80 gebaut – zwischen Willinghusen und Stemwarde, wo ebenfalls eine neue Feuerwache versprochen ist. Der Standort: ein Acker westlich des Baugebiets Stübkamp. „Ein gemeinsames Haus für beide Wehren nahe der Kreisstraße wäre die optimale Lösung, wenn die Hilfsfristen einzuhalten sind“, sagt Eickenrodt. „Wenn man zwei Gebäude errichtet, rechne ich mit Kosten von jeweils fünf Millionen Euro.“ Hier sieht die BfB Einsparpotenzial.
Grüne fordern Verabschiedung von Nachhaltigkeitssatzung
Mit der Grünen-Fraktionsvorsitzenden Angela Tsagkalidis ist das nicht zu machen. „Jeder Ortsteil soll einen eigenen Feuerwehrstandort behalten, sonst laufen uns die ehrenamtlichen Kräfte weg.“ CDU und SPD denken genauso. Womöglich wird der Standort für das Gerätehaus in Willinghusen noch einmal verlegt auf die andere Straßenseite am Ortseingang. Das Grundstück befindet sich im Eigentum der Gemeinde und war am Anfang der Diskussionen ohnehin vorgesehen.
Die Grünen haben den Klimaschutz ganz oben auf ihrer Agenda. Sie setzen sich dafür ein, dass Kommunen innerorts selbst über die Einrichtung von Tempo-30-Zonen bestimmen dürfen. „Das ist aber nur ein kleiner Punkt. Wir fordern, dass die gemeinsam erarbeitete Nachhaltigkeitssatzung endlich verabschiedet wird“, so Tsagkalidis. „Außerdem brauchen wir eine andere Form von Mobilität, einen besseren ÖPNV, der uns auch etwas kosten wird, und Carsharing-Angebote in allen Ortsteilen.“
Die Christdemokraten wollen die BfB als stärkste Kraft ablösen, geben sich bürgernah. Zuletzt haben sie eine Beteiligungsplattform im Internet gestartet. Die CDU verkauft sich im Wahlprogramm als Partei, die für nachhaltige Investitionen und solide Finanzen steht. „Wir müssen Dinge, die anstehen, auch umsetzen und gucken, dass wir unsere Gemeinde nicht verkommen lassen“, sagt der Fraktionsvorsitzende Henri Schmidt. Er schlägt eine mittelfristige Finanzplanung über zehn Jahre mit Priorisierung von Projekten vor.
Ein wichtiger Aspekt ist für die Christdemokraten die weitere Gestaltung der Ortsmitte an der Straße Am Akku. „Hier sehen wir viele ungelöste Themen wie Parkplätze, Wochenmarktfläche sowie Erweiterungsmöglichkeiten für das Ärztehaus und den Nahversorger“, so Schmidt. Er will dazu Stimmungen aus der Bevölkerung auffangen.
Baugenossenschaften sollen Wohnungen erstellen
Für die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum setzen Christ- und Sozialdemokraten in ihren Programmen auf Baugenossenschaften. Und sie erwähnen die Gründung einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft. Die CDU spricht hier von einer Kooperation auf Kreisebene, die SPD fasst den Bereich Südstormarn ins Auge. Eine mögliche Fläche für Wohnungsbau liegt südlich des Nahversorgungszentrums. „Aus unserer Sicht gibt es nur die Lösung mit einer Baugenossenschaft“, sagt auch BfB-Politiker Eickenrodt. Unternehmen, die maximalen Profit erzielen wollen, die Mieten dementsprechend ansetzen oder gar Eigentumswohnungen im Sinn haben, sind damit aus dem Rennen.
Die Absegnung des Bebauungsplans am Stiefenhoferplatz scheint nur eine Formalie zu sein. Die Parteien begrüßen das Projekt der Sparkasse Holstein neben dem Rathaus. Das Geldinstitut will von der ebenerdigen Immobilie nur den Keller erhalten. Das neue Gebäude hat drei Geschosse plus Staffelebene. Im Erdgeschoss ist weiterhin die Filiale der Sparkasse. Darüber befinden sich 31 Einheiten für betreutes Wohnen. Kooperationspartner ist die Vorwerker Diakonie.
Im Gegensatz zu den Nachbarn Glinde und Oststeinbek hat Barsbüttel Straßenausbaubeiträge nicht abgeschafft. Dabei wird es bleiben, sollte das Land nicht mehr Geld beisteuern. Es gibt weitere Punkte, mit denen Parteien um Stimmen der Wähler werben. Die SPD möchte die Gemeindebücherei in eine Hauptbibliothek mit Online-Ausleihe und längeren Öffnungszeiten umwandeln, will dafür eine Vollzeitstelle schaffen. CDU und Grüne machen sich dafür stark, dass die Polizeiwache rund um die Uhr besetzt ist. Wobei der Bürger wissen sollte, dass die Gemeinde hier keine Entscheidungsbefugnis hat. „Wir haben kein Programm mit den üblichen vielen Versprechungen erstellt, das dann nach der Wahl wieder in der Ablage landet“, heißt es bei der BfB.
Die Liberalen haben ein wenig ausgeschmücktes Wahlprogramm. Darin ist unter anderem Folgendes zu lesen: „Der Weg zur Sanierung der Finanzen sollte nicht über die Erhöhung von Steuern und Abgaben gehen, sondern über die Vermeidung unnötiger Kosten. Darum soll auch die neue Grundsteuer nicht zu erhöhten Einnahmen der Gemeinde führen, sondern aufkommensneutral sein.“
Ergebnis 2018: BfB 33,4 %, acht Sitze, SPD 26,4 %, sechs Sitze, CDU 24,1 %, fünf Sitze, Grüne 12,3 %, drei Sitze, FDP 3,9 %, ein Sitz.