Barsbüttel. Seniorenbeirat will Wiese mit Bäumen am Friedhof erhalten. Die Politik ist uneins. Wer den Bau von Trauercafé und Halle befürwortet.

Auch am Donnerstagmorgen ist Margrit Jacob mit ihrem Mischlingshund Tjark auf einer Wiese mit Bäumen am Barsbütteler Friedhof unterwegs. Das macht sie täglich. Der Bereich ist als Ausgleichsfläche in einem Landschaftsschutzgebiet deklariert. Die Rentnerin sorgt sich, dass das Gassigehen hier demnächst nicht mehr möglich ist. „Als ich erfahren habe, was passieren könnte, ist mir die Kinnlade runtergefallen“, sagt sie. Der Unternehmer Hendrik Maier plant ein Bestattungszentrum mit Halle und Trauercafé, wurde bei seinem Bestreben von der Politik mehrheitlich unterstützt. Auf einer Linie mit Jacob ist der Seniorenbeirat. Er protestiert gegen das Vorhaben in diesem Standort und erwägt, ein spezielles Instrument zu nutzen, um den Bau zu verhindern.

„Es geht uns um den Naturerhalt. Biologische Vielfalt, Pflanzen, Tiere, Wasser, Luft und Klima werden erheblich beeinträchtigt. Das Schutzgut Mensch verliert ein intaktes Naherholungsgebiet“, sagt Christine König, Vorsitzende des Gremiums. Die 74-Jährige hat vor Kurzem eine zweite Stellungnahme an die Gemeinde verfasst, ihre Bedenken auf zwei DI-A4-Seiten geschildert.

Unternehmer benötigt rund 3000 Quadratmeter Fläche

Bedingung für den Bau ist die Entwidmung des gemeindeeigenen Areals als Ausgleichs- und zugleich Festschreibung als Sonderfläche für friedhofsnahe Dienstleistungen. Darüber kann Barsbüttel nicht allein entscheiden. „Es bedarf der Zustimmung von Kreis und Land“, sagt Bauamtsleiter Andreas Tiedemann und fügt hinzu: „Ein Gutachter hat zudem ein halbes Dutzend Alternativstandorte in unmittelbarer Nähe untersucht.“ Diese hat der Fachmann als weniger geeignet eingestuft.

Maier ist nach eigenen Aussagen seit rund zwei Jahren mit konkreten Planungen beschäftigt. Der 41-Jährige war bis Januar 2020 Bürgervorsteher in Oststeinbek, lebt mit seiner Familie inzwischen in Barsbüttel. Er weiß, wie Kommunalpolitik funktioniert. Der Bestattermeister führt eine Firma mit Büros in Glinde, Oststeinbek und Hamburg-Bergedorf. Er sagt: „Ich habe alle Anforderungen der Gemeinde erfüllt. Manche Sachen waren sehr sportlich. Ein Großteil der Baumgruppen sowie der Knick bleiben bestehen, die Fläche wird innerhalb Barsbüttels ausgeglichen. Außerdem werden die Trampelpfade für Hundehalter nicht berührt.“ So ein Leuchtturmprojekt gebe es in der Region nicht. „Ich habe mit der Naturschutzbehörde kommuniziert, um Stolpersteine aus dem Weg zu räumen.“

Der Geschäftsmann benötigt rund 3000 Quadratmeter. Das Konzept beinhaltet unter anderem Parkplätze mit Rasensteinen und zwei Gebäude. Der große Komplex mit 800 Quadratmeter Grundfläche hat ein Pultdach samt Solaranlage. Darin sind Trauerhalle, Räume für Verstorbene und Särge sowie Beratungszimmer untergebracht. Das Café mit Gründach soll maximal 200 Quadratmeter groß sein und ausschließlich Gäste bedienen, die von Angehörigen oder Freunden Abschied nehmen. Maier würde dieses in Eigenregie betreiben, dafür einen Bekannten mit Gastronomieerfahrung einbinden. Das Investitionsvolumen beziffert er nicht genau, spricht von mehreren Millionen Euro. Mit dem Bestattungszentrum wäre er Gewerbesteuerzahler in Barsbüttel: Zusätzliche Einnahmen kann die hoch verschuldete Kommune gut gebrauchen.

Der Seniorenbeirat droht mit einem Bürgerbegehren

Den Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan segnete die Gemeindevertretung bereits im vergangenen Jahr ab mit Gegenstimmen von Wählergemeinschaft BfB und FDP. Die Verwaltung wurde mit dem Entwurf eines städtebaulichen Vertrags beauftragt. Es sah gut aus für Maier. Dem Vernehmen nach sollte er weniger als 80 Euro pro Quadratmeter zahlen. Bislang ist der Kontrakt aber nicht signiert. Viel schlimmer noch für den Unternehmer: Derzeit hat sein Projekt am Friedhof keine Mehrheit. Jetzt stellt sich auch die SPD quer. Der Fraktionsvorsitzende Hermann Hanser: „Das passt da nicht hin, zumal wir vorhaben, auf der anderen Seite Wohnungen zu bauen. Letztlich tut es mir leid, dass wir der Verwaltung Arbeit aufgebürdet haben mit der Vertragssache.“

Die Wählergemeinschaft sei für das Bestattungszentrum an einem anderen Ort, betont Peter Eckwerth. Der BfB-Politiker schlägt eine Fläche an der Straße zum Ehrenhain vor, die einem Landwirt gehört. Für CDU-Fraktionschef Henri Schmidt ist die Wiese am Friedhof hingegen ideal: „Wir finden, dass das Bestattungszentrum dort ein Mehrwert für Barsbüttel ist. Das zeigen mir Gespräche mit vielen Bürgern.“ Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Angela Tsagkalidis sieht das genauso: „In der Abwägung spricht die Nähe des Grundstücks zum Friedhof für diesen Standort. Herr Maier ist auch auf den Wunsch für ein Café eingegangen und hat noch einmal umgeplant. Außerdem baut er ökologisch nachhaltig und energieeffizient.“

Der Unternehmer hat noch Chancen auf Umsetzung des Projekts. Am 14. Mai ist Kommunalwahl. Danach könnten sich die Machtverhältnisse ändern. Sollte die Sache wieder Fahrt aufnehmen, droht der Seniorenbeirat damit, ein Bürgerbegehren zu initiieren.