Barsbüttel. Grundstückseigentümer und Gewerbetreibende müssen mehr zahlen. Warum CDU und Grüne dem Haushaltsentwurf doch zustimmten.

Der GAU ist abgewendet. Nach zwei Fraktionsvorsitzendenrunden bei Bürgermeister Thomas Schreitmüller wurde der Haushalt für 2023 in der jüngsten Sitzung der Barsbütteler Gemeindevertretung nun doch beschlossen. Ohne Etat hätte die Kommune nur noch ihre Pflichtaufgaben erfüllen können wie zum Beispiel die Bezahlung von Kitapersonal. Das Investieren in neue Bauprojekte wäre jedoch unmöglich gewesen. CDU und Grüne, die sich im Finanzausschuss enthielten, stimmten jetzt mit der SPD – unter anderem auch für die die Erhöhung der Hebesätze der Grundsteuer A und B von bisher 380 und der Gewerbesteuer von 390 auf jeweils 400 Prozentpunkte. Sie haben das auch gemacht, weil hinter den Kulissen ein Abkommen geschlossen wurde.

Das Parteien-Duo fürchtete, dass die Wählergemeinschaft Bürger für Barsbüttel (BfB) mit diesem Thema in den Wahlkampf zieht. Sie hat den Haushaltsentwurf genauso wie FDP abgelehnt. Am 14. Mai bestimmen die Bürger in Schleswig-Holsteins Städten und Gemeinden ihre Parlamente. Steuererhöhungen sind insbesondere in diesen Zeiten, in denen Energie und Lebensmittel extrem teuer geworden sind, der Bevölkerung schlecht zu verkaufen. Laut Verwaltung zahlt ein Grundeigentümer 250 Euro pro Jahr. Die zusätzliche Belastung beträgt demnach 12,50 Euro.

Die BfB hätte also mit dem Finger auf andere zeigen können, dadurch womöglich Sympathien gewonnen. Im kleinen Kreis beim Bürgermeister hat die Wählergemeinschaft zugesagt, Steuern als Thema in den nächsten Wochen auszublenden. Fraktionschef Rainer Eickenrodt sagt: „Wir machen damit keinen Wahlkampf, haben darüber gesprochen.“

Arbeitsgruppe soll Weg aus der Misere finden

Explizit gegen Steuererhöhungen ausgesprochen hat sich die stärkte Kraft übrigens nicht, vielmehr verdrängt sie das Thema, begründet ihr Votum mit dem strukturellen Defizit im Verwaltungshaushalt. Der weist laut Finanzplanung von 2023 bis 2026 ein Minus in Höhe von mehr als sieben Millionen Euro auf. Wesentliche Treiber sind Personalkostensteigerungen, höhere Energiepreise sowie die zusätzliche Anmietung und Bewirtschaftung von Flüchtlingsunterkünften. Allein für diesen Posten sind rund 1,6 Millionen Euro veranschlagt. Schlimm sieht es auch bei den Krediten aus. Sie steigen von derzeit rund 22 Millionen Euro auf knapp 43 Millionen im Jahr 2026 – wenn alle angedachten Projekte umgesetzt werden.

CDU und Grüne wollten den Haushalt eigentlich nur mit der BfB bewilligen, hatten eine Sondersitzung der Gemeindevertretung drei Tage vor der ohnehin angesetzten über Bürgervorsteher Peter Eckwerth einberufen lassen, um doch noch einen gemeinsamen Nenner zu finden. Zudem wirkte Schreitmüller bei zwei Treffs auf die Fraktionsspitzen ein, bat um Zustimmung. Die Idee mit Steuererhöhungen stammt aus dem Rathaus. „Wir haben mehrfach die Hand ausgestreckt. Es waren auch konstruktive Gespräche. Letztendlich haben wir eine finanzielle Verantwortung gegenüber der Gemeinde und kommen dem Wunsch des Bürgermeisters nach“, sagt der CDU-Fraktionsvorsitzende Henri Schmidt. Grünen-Chefin Angela Tsagkalidis: „Ich bin froh, dass wir nach schwierigen Diskussionen eine Entscheidung getroffen haben. Drei Fraktionen haben Verantwortung übernommen.“

Nach dem Finanzausschuss hatte es Anschuldigungen und Anfeindungen quer durch die Bank gegeben. Auch die SPD teilte aus, kritisierte CDU und Grüne. Inzwischen haben sich die Gemüter beruhigt. „Wir haben uns darauf verständigt, einen gemeinsamen Weg zu finden nach der Wahl. Es geht nicht mehr um Kleinigkeiten“, sagt Hermann Hanser, Fraktionschef der Sozialdemokraten. Alle Fraktionen haben vereinbart, dass in einer kleinen Arbeitsgruppe bis spätestens November dieses Jahres Lösungswege gefunden werden sollen, um die finanzielle Situation Barsbüttels zu verbessern. In einer gemeinsamen Erklärung steht dazu Folgendes: „Es ist dabei absehbar, dass das nicht ohne schmerzhafte Entscheidungen möglich sein wird.“ Was das bedeuten könnte, darauf gehen die Verfasser nicht weiter ein.

Gemeinde plant Neubau von zwei Feuerwachen

Auf Anfrage dieser Redaktion sagt Hanser: „Natürlich müssen wir darüber reden, ob wir Erweiterungsprojekte bei den Grundschulen und Feuerwehrbauten schieben. Und man muss sich die Frage stellen, wie viel Geld wir noch für die Kitaverpflegung zahlen können.“ Alles müsse auf den Prüfstand vor dem Hintergrund einer gewissen Nachhaltigkeit. Ähnlich klingt Christdemokrat Schmidt: „Man muss sich dann über freiwillige Leistungen unterhalten.“ Eickenrodt sagt, die Arbeitsgruppe sei für ihn der entscheidende Punkt bei den Gesprächen gewesen. „Wir wollen da intensiv mitarbeiten, ziehen uns nicht aus der Verantwortung.“

Barsbüttel hat hohe Investitionen zu tätigen vor allem für die Feuerwehr. In den Ortsteilen Stemwarde und Willinghusen sind neue Wachen geplant, die Grundstücke bereits ausgesucht. In diesem Jahr soll die Gestaltung der Gebäude bestimmt werden. Bereits in der Vergangenheit hat die finanziell angespannte Lage Politiker zum Umdenken bewogen bei einem Bauprojekt. Die Planungen für ein Dorfgemeinschaftshaus in Willinghusen waren weit fortgeschritten, in Workshops wurde ein Gebäude mit Satteldach und einer 850-Quadratmeter-Fläche entwickelt. Haushaltsmittel standen zur Verfügung, von einem Baubeginn im Frühjahr 2019 war die Rede. Dann stellte man die Sache bis 2024 zurück. Inzwischen gibt es die Idee, Räume für die Allgemeinheit in der neuen Wache zu integrieren, um Geld zu sparen.