Bad Oldesloe. Das Kunstwerk fällt den Sanierungsarbeiten zum Opfer. Daniel Lietmeyer möchte ein hochwertiges Wohnquartier schaffen.
Es ist noch gar nicht lange her, dass die Berliner Künstlerin Hera die tristen Fassaden der Hölk-Hochhäuser mit einem großflächigen Graffiti verschönert hat. Zahlreiche Kinder und Jugendliche beteiligten sich 2021 an dem Projekt. Zwei Kinder mit Wolfs- und Fuchsmütze zeigt das riesige Kunstwerk an der Hausfassade. Daneben steht: „Richtig Großes schaffen wir nur gemeinsam“. Doch nicht einmal eineinhalb Jahre später muss es schon wieder weichen.
Denn die Lietmeyer-Unternehmensgruppe, die die Hölk-Hochhäuser zum Jahreswechsel von der vorherigen Eigentümerin LEG übernommen hatte, beginnt mit den angekündigten Sanierungsarbeiten. Zu den ersten Maßnahmen gehören die Erneuerung der Fassade und der Rohrleitungen.
Quartiersmanagerin Maria Herrmann bedauert das Aus des Kunstwerks
„Ich finde es schade, dass das Kunstwerk wegkommt“, sagt Maria Herrmann,Quartiermanagerin der Sozialeinrichtung Plan B. „Es ist ja noch recht neu und wurde damals als großes Beteiligungsprojekt geschaffen. Den Menschen hier bedeutet es viel.“ Gleichwohl habe sie Verständnis dafür, dass die Maßnahme notwendig ist und es keine Rettung für das Bild gibt.
In Eigenregie haben sie und weitere Beteiligte das Graffiti fotografiert, damit es zumindest so konserviert ist. Denn: „Nach wie vor stehen die Kinder hier vor dem Bild und sagen stolz: Diesen Stern habe ich gemalt.“ Dass das in Zukunft nicht mehr möglich sein wird, tue ihr am meisten weh. Auch die Bewohnerinnen und Bewohner seien traurig, berichtet die Quartiersmanagerin: „Die Menschen, deren Reaktionen ich mitbekomme, sind größtenteils geschockt.“
Von der energetischen Sanierung sollen die Mieter profitieren
Daniel Lietmeyer, Chef der gleichnamigen Unternehmensgruppe, hat einen anderen Eindruck: „Ich war in den vergangenen Wochen oft vor Ort und habe mit den Bewohnern gesprochen. Keiner hat Bedauern über die Maßnahme geäußert. Im Gegenteil: Sie freuen sich, dass nun etwas passiert.“ Mit den Sanierungsmaßnahmen, so Lietmeyer weiter, halte man das Versprechen, zeitnah auch wirklich etwas zu bewegen. „Es ist gerade mal Februar und wir legen schon los“, sagt er.
Seit dem 1. Januar ist die Unternehmensgruppe Eigentümerin der maroden Häuser, die in der Vergangenheit häufig Negativschlagzeilen wegen Schimmel, kaputter Heizungen und anderen Problemen gemacht hatten. Weder unter der LEG noch unter der vorherigen Eigentümerin, Adler Real Estate, habe sich wirklich etwas am schlechten Zustand der Häuser verändert, hatte Maria Herrmann immer wieder kritisiert.
Das Kunstwerk zu erhalten sei keine Option gewesen
Das möchte Daniel Lietmeyer entschieden anders machen. Er hat umfassende Sanierungspläne vorgelegt. Mehrere Millionen Euro sollen die geplante Fassaden- und Strangsanierung, also die Erneuerung der Rohrleitungen, kosten. Die Sanierung der Fassade habe unter anderem energetische Vorteile. „Das Gebäude wird mithilfe von Steinwolle gedämmt“, so Lietmeyer. Davon würden die Mieterinnen und Mieter direkt profitieren: „Sie sparen Heizkosten und haben am Ende des Monats effektiv mehr Geld im Portemonnaie. Ich denke, dass ihnen das gerade zu diesen Zeiten wichtiger ist als ein Kunstwerk.“
Das Graffiti zu erhalten, sei laut Lietmeyer keine Option gewesen: „Bei der energetischen Sanierung muss die Fassade eines Gebäudes angefasst werden.“ Die derzeitige Außenwand sei marode, die Platten darunter nicht mehr in einem guten Zustand. Aber auch optisch sollen die Gebäude in einem neuen Glanz erstrahlen. Lietmeyer: „Wir wollen sie mit einem neuen Farbkonzept nach vorne bringen. Es wird ganz schick.“ So wolle man ein neues Außenbild erschaffen. „Es ist dann eben kein Graffiti mehr, sondern eine schöne, farbig gestaltete Fassade.“
Noch im Februar sollen die Arbeiten an der Fassade beginnen
Noch im Februar sollen die Arbeiten an der Fassade beginnen. Aktuell werde das Gebäude eingerüstet. Wann genau das Kunstwerk wegkommt und wann die Häuser in einer neuen Erscheinung daherkommen, stehe noch nicht fest. Nur so viel: „Das Gesamtaußenbild verändert sich. Wir schaffen eine moderne, gepflegte, hochwertige und energetisch sanierte Immobilie“, so Lietmeyer. Er hoffe, dass dies auch im Sinne der Bewohner ist.
„Die Fassade ist aber längst nicht alles“, so der Chef der Unternehmensgruppe. „Es passiert noch viel mehr.“ Parallel zur Erneuerung der Fassade wird die Strangsanierung umgesetzt. Unter anderem die Balkone und die Tiefgaragen sollen saniert werden. Die in die Jahre gekommenen Fahrstühle hatte im vergangenen Jahr die LEG erneuert. „Das ist schon mal gut“, so Lietmeyer. „Es ist bereits einiges passiert, auf dem wir aufbauen können.“
Neue Eigentümerin will ein hochwertiges Wohnquartier erschaffen
Insgesamt, so das Ziel der Unternehmensgruppe, wolle man die Häuser deutlich attraktiver gestalten – und damit auch Stigmata abbauen. „Oft wird in den Medien von den Hölk-Hochhäusern als Brennpunkt gesprochen“, so Lietmeyer. Diese Einschätzung teilt er nicht und möchte das Image auch nicht weiter in die Zukunft tragen, sondern im Gegenteil ein „hochwertiges Wohnquartier“ schaffen.
Trotz aller Modernisierungsmaßnahmen ist das Aus des Graffitis für Maria Herrmann ein Wermutstropfen. Unter dem Motto „Farbe zeigen statt Grenzen ziehen“ hatte Künstlerin Hera 2021 mit 14 Kindern und Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund die Fassade mit Farbe besprayt. Die bekannte Street-Art-Künstlerin aus Berlin, die mit bürgerlichem Namen Jasmin Siddiqui heißt, hat schon in Städten wie Los Angeles, Istanbul oder Melbourne ihre Kunst verewigt. Die Ideen für die Motive des Projekts in Bad Oldesloe kamen von den Kindern und Jugendlichen selbst. Das Projekt wurde mit Mitteln aus einem Kulturfonds finanziert. Im Oktober 2021 wurde das Kunstwerk fertiggestellt und mit einem Straßenfest offiziell eingeweiht.
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Quartiermanagerin Maria Herrmann unterstützte das Projekt seinerzeit. Sie wünsche sich, dass das mühevoll erschaffene Bild der Künstlerin und ihrer jungen Helferinnen und Helfer in Zukunft in irgendeiner Weise wieder auf dem Gelände sichtbar gemacht wird, damit es nicht ganz verloren ist. Angesichts der Visionen der neuen Eigentümerin ist das zumindest zweifelhaft. Lietmeyer: „Das Gebäude wird saniert. Und wenn man saniert, verändert sich auch etwas.“