Bad Oldesloe. Eigentümerin LEG kümmere sich nicht um die Schäden, kritisieren die Bewohner. Was die Vermieterin zu den Vorwürfen sagt.
Minus acht Grad zeigt das Thermometer an diesem kalten Wintermorgen an. Doch wo andere Menschen gegen die Kälte zu Hause die Heizung aufdrehen oder heiß duschen gehen können, da bleibt vielen Bewohnern der Hölk-Hochhäuser in Bad Oldesloe keine andere Möglichkeit als: aushalten und frieren. Nach Abendblatt-Informationen funktioniert in vielen Wohnungen der maroden Häuser die Heizung nicht. Nach einem Wasserrohrbruch in der vergangenen Woche hatten zwölf Haushalte eine Woche lang kein warmes Wasser.
Heizung ausgefallen: Hochhausbewohner fühlen sich im Stich gelassen
Quartiersmanagerin Maria Herrmann von der Sozialeinrichtung Plan B hat an diesem Vormittag einen aufgeregten Bewohner am Telefon. Er spricht schnell, wirkt verzweifelt. Das Wasser sei eiskalt, er halte das nicht aus, niemand helfe ihm. Er ist einer von vielen, die sich von der Noch-Eigentümerin, dem Düsseldorfer Immobilienunternehmen LEG, im Stich gelassen fühlen. Solche Telefonate sind für Maria Herrmann, die als Sprachrohr zwischen Bewohnern und LEG vermittelt, Alltag. „Ich würde gern endlich die Weihnachtsgeschenke an die Kinder verteilen, aber ich komme nicht dazu, weil es so viele andere Probleme gibt“, sagt sie.
Mittlerweile laufe das Warmwasser zwar wieder, wie LEG-Sprecher Mischa Lenz einen Tag später mitteilt. „Grund für die Verzögerung der Reparatur war, dass uns die Mietparteien der Wohnungen, die wir für die Reparatur betreten mussten, leider längere Zeit den Zugang verweigert hatten, bis wir nun eine einvernehmliche Einigung und Zutritt erreichen konnten“, so der Sprecher.
Quartiersmanagerin Maria Herrmann: Das System LEG ist gescheitert
Genau das bezweifelt Maria Herrmann und kritisiert die LEG scharf: „Es ist wieder das übliche Spiel. Wenn es um Reparaturen geht, wird zum Beispiel behauptet, dass Handwerker da waren, aber dass niemand die Wohnung aufgemacht hat. Es kommt aber einfach keiner.“ Ihr Fazit nach einem Jahr mit der LEG als Eigentümerin fällt eindeutig aus: „Das System LEG ist gescheitert“, so Herrmann. Sie vermisse transparente Kommunikation und sei massiv enttäuscht davon, wie mit den Bewohnerinnen und Bewohnern umgegangen werde.
Schade sei auch, dass die Zusammenarbeit mit dem Objektbetreuer von LEG vor Ort zwar gut klappe und dieser bestrebt sei, wirklich zu helfen. „Er tut alles, was irgendwie geht, um Probleme zu beheben.“ Doch die Führungsebene der LEG ziehe da nicht mit ihm an einem Strang. „Er verspricht Leuten Hilfe und beauftragt Arbeiten, die dann doch nicht erledigt werden. Dann bekommt er fälschlicherweise den Frust ab“, so Herrmann.
Mieter haben das Recht, die Miete zu kürzen, doch viele Fälle sind kompliziert
Grundsätzlich haben Mieter bei Mängeln in der Wohnung wie einer kaputten Heizung zwar die Möglichkeit, rechtlich gegen den Vermieter vorzugehen und etwa die Miete zu kürzen. Doch das gehe an der Lebensrealität der Menschen in den Hölk-Hochhäusern oft vorbei, sagt Herrmann. Viele sprechen kaum Deutsch, wissen nicht um ihre Rechte oder haben Angst, Ärger zu machen und mit ihrer Miete im Rückstand zu sein. Sie wollen um keinen Preis aus ihrer Wohnung geworfen werfen, haben Angst, nichts anderes zu finden. Manchen droht Obdachlosigkeit.
„Die LEG hat aus nicht nachvollziehbaren Gründen kürzlich vermehrt Mahnungen und fristlose Kündigungen ausgesprochen, was ich sehr unverschämt finde“, sagt Maria Herrmann. Wie viele Mahnungen und Kündigungen in den vergangenen drei Monaten verhängt wurden, wollte die LEG auf Nachfrage unserer Redaktion nicht mitteilen. Nur so viel: „Wenn wir eine Mahnung oder gar Kündigung aussprechen, dann gewiss niemals willkürlich und selbstverständlich immer im Rahmen der gesetzlich vorgegebenen Regularien. Das bedeutet unter anderem, dass diesen Vorgängen immer ein Säumnis der betroffenen Mieter zugrunde liegt oder, im Falle einer Kündigung, mitunter sogar grobes Fehlverhalten“, so LEG-Sprecher Lenz.
Viele Bewohnerinnen und Bewohner warten seit langer Zeit vergebens auf Hilfe
Was auch dazu führt, dass die Mieten bei Mängeln oft nicht gekürzt werden: „Oft übernimmt das Amt die Miete und mindert die einfach nicht, auch wenn wir Druck machen“, so Herrmann. Die nicht behobenen Schäden blieben für die LEG so oft ohne Konsequenzen. Und: „Bei dem eigentlichen Problem hilft es nicht“, sagt Herrmann. „Selbst wenn die Miete gekürzt wird, ist die Wohnung immer noch kalt.“ 20 besonders schwere Fälle seien aktuell dem Verein Mieter helfen Mietern gemeldet. Herrmann: „In keinem einzigen Fall hat die LEG direkt etwas unternommen.“
Das machen die Anfragen, die Herrmann tagtäglich erreichen, deutlich. Viele warten seit langer Zeit vergebens auf Hilfe. So auch eine Frau, die der Quartiersmanagerin folgende E-Mail schrieb: „Hallo Maria, kannst du LEG einen Brief schreiben? Ich brauche eine elektrische Heizung für das Kind. Das Haus ist kalt. Ich kann das Kind nicht baden.“
Sarwar Bakhtiari lebt seit zwei Jahren mit einer kaputten Heizung
Kalt ist die Heizung auch bei Sarwar Bakhtiari. „Diese Fall beschäftigt uns seit zwei Jahren“, sagt Herrmann. Seit seinem Einzug wohnte er in einer Wohnung mit kaputter Heizung. „Jetzt konnte er endlich umziehen. Doch auch in seiner neuen Wohnung funktioniert die Heizung nicht.“ Wer die Wohnung von Bakthiari betritt, der spürt sofort: Hier zu leben ist aktuell eine Zumutung. Es ist kalt. Auch mit Jacke friert man. „In allen Räumen ist die Heizung kalt“, so Bakhtiari. „Die LEG weiß von dem Problem und unternimmt nichts“, sagt er.
Den Vorwurf, sich nicht um angezeigte Mängel zu kümmern, weist die LEG auf Nachfrage unserer Redaktion zurück: „Selbstverständlich bedauern wir den Heizungsausfall im Sinne unserer betroffenen Mieter und möchten uns auch an dieser Stelle ausdrücklich dafür entschuldigen“, so LEG-Sprecher Mischa Lenz. Im Falle des Wasserrohrbruchs sei man sofort tätig geworden, nachdem der Schaden gemeldet worden sei. Gespräche mit den Mietern vor Ort machen deutlich: Sie sind anderer Meinung.
Zum 1. Januar übernimmt die Lietmeyer-Gruppe aus Hildesheim die Immobilien
„Es ist eine merkwürdige Stimmung“, sagt Herrmann. Der Frust auf die LEG wächst.“ Die Bewohner seien auch desillusioniert und fürchten, dass sich durch den anstehenden Eigentümerwechsel wieder nichts ändern werde. Denn der steht unmittelbar bevor. Ursprünglich sollte der Wechsel zum 1. Dezember erfolgen. Wie LEG-Sprecher Mischa Lenz mitteilte, ist dieser nun für den 1. Januar geplant. Die Lietmeyer-Gruppe aus Hildesheim übernimmt die Immobilien.
„Ich bin bei dem Wechsel etwas optimistischer, weil die neue Eigentümerin die Häuser im Gegensatz zur LEG nicht als Beifang gekauft hat“, sagt Herrmann. LEG hatte die Hölk-Hochhäuser im Zuge eines größeren Immobiliendeals übernommen. „Der neue Eigentümer hat sich im Vorfeld vorgestellt und angekündigt, mit uns zusammenarbeiten zu wollen. Das empfinde ich als gutes Zeichen. Ich nehme dem Unternehmen ab, dass es wirklich sanieren möchte. Wie es dann in der Realität aussieht, müssen wir abwarten“, so die Quartiersmanagerin.
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So oder so: Bis sich wirklich etwas tut, müssen die Menschen in den Hölk-Hochhäusern wohl noch eine Weil durchhalten. Immerhin: „Gerade in diesen schwierigen Zeiten ist es erstaunlich, wie sehr die Mieter füreinander da sind und sich untereinander kurzschließen“, sagt die Quartiersmanagerin. Die Menschen seien füreinander da und öffneten ihre Türen, um ihre Nachbarn heiß duschen zu lassen. Herrmann: „Der Nachbarschaftszusammenhalt ist toll.“